Julian Assange: Auslieferung an die USA droht
Seit zwei Jahren sitzt Julian Assange im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Dort sollte er vorerst bleiben – doch nach einer gerichtlichen Niederlage droht dem Wikileaks-Gründer nun die Auslieferung in die USA. Journalisten sind empört, sprechen von einem „Armutszeugnis der britischen Justiz“.
Ein Berufungsgericht in London hat das Auslieferungsverbot für Assange an die USA aufgehoben. Das teilte ein Richter am Londoner High Court gestern mit. Assange muss nun befürchten, doch noch an die Vereinigten Staaten ausgeliefert zu werden.
Beendet ist das juristische Tauziehen damit aber nicht. „Wir werden kämpfen“, versprach Stella Moris, die Verlobte von Assange, nach dem Urteil. Sie kündigte in einer emotionalen Stellungnahme vor dem Gerichtsgebäude an, das Urteil anfechten zu wollen. Dutzende Anhänger des Wikileaks-Gründers, die sich vor dem Gebäude versammelt hatten, sind enttäuscht. „Schande, Schande“, riefen sie.
US-Justiz: Assange soll Informanten in Gefahr gebracht haben
Die US-Justiz will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Dem gebürtigen Australier drohen dort bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft. Vorgeworfen wird ihm, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Er habe damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht.

In einem früheren Urteil war die Auslieferung des 50-Jährigen unter Berücksichtigung seines psychischen und gesundheitlichen Zustands und die zu erwartenden Haftbedingungen in den USA untersagt worden. Die USA legten Berufung ein – und bekamen Recht. Nun geht die Entscheidung darüber, was mit Assange geschieht, an die höchste Instanz: zum britischen Supreme Court.
UN-Berichterstatter: „Armutszeugnis für die britische Justiz“
Angehörige beschreiben seinen Gesundheitszustand seit Monaten als schlecht und besorgniserregend. Bei vergangenen Anhörungen nahm Assange teilweise per Videoschalte teil, fühlte sich zeitweise aber auch nicht in der Lage, das Geschehen zu verfolgen.
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Nils Melzer, unabhängiger UN-Berichterstatter für Folter, hat nach eigenen Angaben Kontakt zum engen Umfeld des Wikileaks-Gründers. Assange sei in Isolation, die auf so lange Zeit fast jeden breche. Er sei mit Medikamenten stabilisiert, aber in sehr labilem Gesundheitszustand.
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Das Londoner Urteil kritisierte er ebenso wie mehrere Journalistenorganisationen scharf. „Dies ist ein Armutszeugnis für die britische Justiz“, sagte er am Freitag der dpa. Melzer ist überzeugt davon, dass das Urteil politisch motiviert ist. „Man will ein Exempel an ihm statuieren“. Es solle andere abschrecken, jemals wie Assange geheime Regierungsdokumente zu veröffentlichen. (mhö/dpa)
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