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Freiwillige Teams des Roten Kreuzes von Papua-Neuguinea klären über Corona auf.
  • Freiwillige Teams des Roten Kreuzes von Papua-Neuguinea klären über Corona auf.
  • Foto: dpa/Rotes Kreuz Papua-Neuguinea

Hohe Fallzahlen, kaum Impfung: Corona-Krise im Inselparadies

Während viele Länder Grenzen öffnen und Regeln lockern, droht in Papua-Neuguinea die absolute Corona-Katastrophe. Kliniken sind am Limit, Leichenhallen überfüllt. Geimpft sind im Tropenstaat nur ganz wenige. Nicht, weil Vakzine fehlen – die Gründe sind viel komplexer.

„Überall liegen Patienten. Die Situation ist schrecklich.“ Gary Nou, der Leiter des Corona-Notfallteams findet im australischen Sender ABC drastische Worte. Alle Kliniken in Papua-Neuguinea sind wegen explodierender Infektionszahlen völlig überlastet. Viele Erkrankte haben nicht einmal ein Bett, andere werden direkt abgewiesen. Das Gesundheitspersonal sei erschöpft und oft selbst mit dem Virus infiziert, so Nou.

Papua-Neuguinea: Nur 1,2 Prozent der Einwohner geimpft

Gerade einmal 1,2 Prozent der neun Millionen Einwohner sind vollständig geimpft. Zum Vergleich: Ande­re Südsee-Staaten wie Palau und die Cookinseln gelten als weltweite Spitzenreiter: Dort sind laut Rotem Kreuz schon bis zu 99 Prozent der Menschen zweifach geimpft.

Anders in Papua-Neuguinea. Aber warum? Laut Katie Greenwood von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) sind die Gründe vielschichtig. Einer davon: „Das geringe öffentliche Vertrauen in Politiker und Institutionen mindert die Wirkung offizieller Kampagnen“, schreibt die australische Denkfabrik Lowy Institute.


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Auch die Geografie ist ein Problem: „Wir müssen dringend die Einführung von Impfungen in allen Gebieten beschleunigen“ sagt der IFRC-Experte John Fleming. Der Inselstaat ist ein wildes Land, geprägt von undurchdringlichen Regenwäldern, Gebirgsmassiven und entlegenen Dörfern. Oft fehlen Straßen, und wo es sie gibt, mangelt es an Geld – etwa um zum Impfen in die Hauptstadt Port Moresby zu fahren. „Für viele von uns ist es schwer, in die Stadt zu kommen, weil sich so mancher das Busticket nicht leisten kann“, sagt Nellie Sere aus dem Örtchen Gaire zu ABC. Mit Vakzinen in Kühlboxen abgelegene Dschungelregionen zu erreichen, ist umgekehrt aber ein logistisches Problem. Zudem soll es schon Attacken auf mobile Impfteams gegeben haben.

Corona auf Pazifik-Insel: Gesundheitssystem schon vorher

Das Gesundheitssystem war schon vor der Pandemie extrem fragil. Wegen der schlechten Arbeitsbedingungen herrscht Personalmangel, und die, die doch im Gesundheitswesen arbeiten wollen, sind oft schlecht ausgebildet. Die Menschen hätten deshalb „eine Reihe von Bewältigungsstrategien“ entwickelt – und sich bei Krankheiten häufig der traditionellen Medizin zugewandt, erläutert Greenwood. Deshalb seien viele heute so skeptisch gegenüber der Impfkampagne.

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Hinzu kämen Falschinformationen, die über soziale Medien verbreitet würden, gibt auch die Regierung zu. Speziell nachdem eine Corona-Welle im März und April zunächst scheinbar besiegt worden war. Aber dann schlich sich Delta ins Land – vermutlich aus Indonesien, mit dem sich Papua-Neuguinea eine Grenze teilt. „Wir dachten, dass so etwas in unserem Land niemals passieren würde“, sagte Gesundheitsminister Jelta Wong. „Wir sind unser eigener schlimmster Feind. Wir wurden selbstgefällig, und wir begannen den Leuten auf Facebook zuzuhören.“

Corona-Lage auf Papua-Neuguinea: Australien bietet Hilfe an

Die genauen Fallzahlen sind unbekannt, die Dunkelziffer wohl hoch. Und immer häufiger kommt jede Hilfe zu spät: Viele Patienten sterben, bevor sie die Kliniken erreichen. Erst vor wenigen Tagen schlug das Port Moresby General Hospital Alarm, weil sich in der Leichenhalle mehr als 300 Tote stapelten, obwohl die Räumlichkeiten nur für maximal 60 Tote angelegt sind. Es wurde ein Massenbegräbnis von 200 Leichen angeordnet, um die Lage zu entschärfen.

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Australien kündigte nun an, dem Nachbarn weiteres medizinisches Personal zu schicken. Der Schlüssel sei aber letztlich, die Ängste der Menschen zu verstehen. Sie nicht zu verurteilen, sondern ihnen mit Verständnis zu begegnen, ist Greenwood überzeugt. „Wir hängen da alle zusammen drin. Den Sturm können wir nur gemeinsam bezwingen.“ (Rebekah Lyell/mp)

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