Corona bald vorbei? Warum man Dänemark nicht mit Deutschland vergleichen kann
Die Nachricht sorgte jüngst für Wirbel: Die dänische Top-Epidemiologin Tyra Grove Krause sprach in einem Interview vom Ende der Pandemie. In etwa zwei Monaten hätten die Däninnen und Dänen alles überstanden und ihr „normales Leben zurück“, so Krauses These. Ein Grund zur Hoffnung auch für Deutschland? Ist Dänemark womöglich unser Omikron-Labor?
Heute vor einem Jahr hätte uns dieser Wert vermutlich schockiert: In Dänemark liegt die Sieben-Tage-Inzidenz derzeit bei gut 2334 – Omikron sei Dank. Doch mittlerweile gibt es Impfstoffe – und daher bedeutet eine hohe Inzidenz nicht automatisch eine Corona-Katastrophe. Das zeigt eben auch das Beispiel Dänemark. Dort ist die Lage in den Kliniken derzeit zwar angespannt, aber nicht hoffnungslos. Ein Grund: Die Hospitalisierungsrate und die Anzahl der Covid-Erkrankten auf Intensivstationen sind trotz hoher Inzidenz vergleichsweise gering – was die Annahme bestätigt, dass Omikron-Infektionen oft weniger schwerwiegend verlaufen als Ansteckungen mit anderen Corona-Mutationen, vor allem bei Geimpften.
Gleichwohl warnt die WHO davor, Omikron zu verharmlosen. „Genau wie bei früheren Varianten bringt Omikron Menschen ins Krankenhaus und tötet Menschen“, teilte WHO-Chef Dr. Tedros Ghebreyesus am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mit. Tatsächlich sei „der Tsunami der Fälle so groß und schnell, dass er die Gesundheitssysteme auf der ganzen Welt überwältigt.“
- Deutsch (Deutschland)
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Die Nachricht sorgte jüngst für Wirbel: Die dänische Top-Epidemiologin Tyra Grove Krause sprach in einem Interview vom Ende der Pandemie. In etwa zwei Monaten hätten die Däninnen und Dänen alles überstanden und ihr „normales Leben zurück“, so Krauses These. Ein Grund zur Hoffnung auch für Deutschland? Ist Dänemark womöglich unser Omikron-Labor?
Heute vor einem Jahr hätte uns dieser Wert vermutlich schockiert: In Dänemark liegt die Sieben-Tage-Inzidenz derzeit bei gut 2334 – Omikron sei Dank. Doch mittlerweile gibt es Impfstoffe – und daher bedeutet eine hohe Inzidenz nicht automatisch eine Corona-Katastrophe. Das zeigt eben auch das Beispiel Dänemark. Dort ist die Lage in den Kliniken derzeit zwar angespannt, aber nicht hoffnungslos. Ein Grund: Die Hospitalisierungsrate und die Anzahl der Covid-Erkrankten auf Intensivstationen sind trotz hoher Inzidenz vergleichsweise gering – was die Annahme bestätigt, dass Omikron-Infektionen oft weniger schwerwiegend verlaufen als Ansteckungen mit anderen Corona-Mutationen, vor allem bei Geimpften.
Gleichwohl warnt die WHO davor, Omikron zu verharmlosen. „Genau wie bei früheren Varianten bringt Omikron Menschen ins Krankenhaus und tötet Menschen“, teilte WHO-Chef Dr. Tedros Ghebreyesus am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mit. Tatsächlich sei „der Tsunami der Fälle so groß und schnell, dass er die Gesundheitssysteme auf der ganzen Welt überwältigt.“
In Dänemark gelten wegen Omikron wieder härtere Beschränkungen
Schon kurz vor Weihnachten war Omikron die dominierende Variante in Dänemark. Die Mutation konnte sich dort rasch ausbreiten, weil es bis Mitte Dezember bei unseren nördlichen Nachbarn kaum Einschränkungen gab. Seit gut drei Wochen gelten nun allerdings wieder strengere Regeln: Kulturstätten, Diskos und Nachtclubs sind geschlossen, für Restaurants, Bars, Cafés gilt eine Sperrstunde und Alkohol darf zwischen 22 und 5 Uhr weder ausgeschenkt noch verkauft werden. In Bus, Bahn, Fitnessstudios, öffentlichen Einrichtungen und Supermärkten gilt für die rund 5,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zudem Maskenpflicht.
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Im Gegensatz zu Dänemark steht in Deutschland der Omikron-Höhepunkt erst noch bevor – Schätzungen zufolge könnte es Mitte Januar soweit sein, dass die Mutation hierzulande die dominierende Variante ist. Ist Dänemark also die Blaupause für uns?
Die Impfquote macht den Unterschied
Vermutlich eher nicht, denn es gibt deutliche Unterschiede zwischen den beiden Ländern. Beispiel Impfungen: In Dänemark gelten jetzt schon knapp 80 Prozent der Menschen als „vollständig geimpft“ – in ganz Deutschland sind es dagegen nur knapp 72 Prozent. Schon eher vergleichen könnte man die dänischen Zahlen mit der Hamburger Impfquote, die derzeit gut 77 Prozent der Bevölkerung als „vollständig geimpft“ angibt.
Problematisch ist allerdings: Der Anteil der Menschen, die bereits geboostert sind, ist hierzulande viel geringer. Während in Dänemark schon mehr als 51 Prozent der Menschen den Auffrischungspiks bekommen hat, sind es in ganz Deutschland nur gut 41 Prozent und in Hamburg sogar nur 36 Prozent (lesen Sie hier, warum das so ist).
Corona-Expert:innen sind sich jedoch einig, dass nur der Booster-Shot zuverlässig vor schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen schützt. Doppelt Geimpfte stecken sich statistisch gesehen deutlich häufiger mit Omikron an und landen in der Folge auch eher im Krankenhaus als Geboosterte. Das bestätigte auch Charité-Virologe Christian Drosten jüngst im NDR-Podcast: „Die doppelte Impfung wird für die Verbreitungskontrolle wahrscheinlich weniger beitragen bei Omikron. Da sind wir ziemlich ungeschützt“, so der Corona-Experte. „Die Dreifach-Impfung macht den Unterschied.“
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Noch schwerwiegender verläuft Omikron bei Ungeimpften, wie auch Palle Valentiner-Branth vom dänischen Gesundheitsdienst SSI jüngst erklärte: „Es ist klar, dass es die Ungeimpften sind, die durch die Corona-Infektion so krank werden, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen. Ungeimpfte Erwachsene gibt es in Dänemark insgesamt nicht so viele, aber sie füllen einen relativ großen Teil der Aufnahmezahlen.“
Aufgrund der deutlich höheren Zahl Ungeimpfter und Ungeboosterter trifft Omikron hierzulande auf eine weniger „geschützte“ Bevölkerung als in Dänemark. Das bedeutet: Für niedrige Hospitalisierungs- und Sterberaten wie sie etwa Kopenhagen registriert, stimmen hierzulande die Voraussetzungen nicht.
In Deutschland gibt es schon jetzt mehr als dreimal so viele Covid-Intensivpatienten als in Dänemark
Hinzu kommt: Im Vergleich zu Dänemark ist die Anzahl der Patient:innen, die jetzt schon mit Covid auf Intensivstationen liegen, hierzulande relativ hoch. Auf eine Millionen Menschen kamen in Dänemark laut der Uni Oxford, die das Portal „Our World in Data“ betreibt, am 4. Januar gut 13 Covid-Intensivpatient:innen. Neuere Daten gibt es bislang nicht. Zum selben Zeitpunkt lag der Wert in Deutschland bei fast 44. Und, wie bereits erwähnt, der Höhepunkt der Omikron-Welle steht uns erst noch bevor. Die Krankenhäuser könnten dadurch deutlich stärker unter Druck geraten als es in Dänemark der Fall ist.
Die Ausgangslage in Dänemark ist eine andere als in Deutschland
Eine weitere Unsicherheit besteht in der unterschiedlichen Ausgangslage der beiden Länder was Restriktionen anbelangt. In Dänemark sind viele Orte des öffentlichen Lebens und somit potenzielle Übertragungsgelegenheiten wie Diskotheken und Kulturstätten derzeit geschlossen. Erstere sind in Deutschland ebenfalls dicht, Zweitere allerdings nicht. Auch müssen dänische Restaurants derzeit früher als zum Beispiel in Hamburg ihren Alkoholausschank beenden.
Dagegen gelten in Dänemark keine Kontaktbeschränkungen – weder für Geimpfte noch für Ungeimpfte. In Deutschland dagegen schon – in Hamburg etwa dürfen sich Ungeimpfte derzeit nur mit Personen des eigenen und maximal eines weiteren Hausstands treffen. Zudem setzt Deutschland und insbesondere Hamburg in weiten Teilen des öffentlichen Lebens auf 2G Plus, in Dänemark reicht dagegen meist 3G.
Unklar ist daher, ob sich Omikron genauso schnell, schneller oder sogar langsamer hierzulande durch die Bevölkerung frisst als bei unseren nördlichen Nachbarn – und wie sich das auf die Inzidenz und die Situation in den Kliniken auswirken kann.
Dänemark also als Omikron-Labor für Deutschland? Das scheint eher unrealistisch.