Imperialismus pur: In Trumps neuer Welt gibt es keine Regeln mehr
Was sich seit dem Jahreswechsel in den USA abspielt, wirkt fast surreal. Der kommende US-Präsident Donald Trump macht mehr als deutlich, dass die Regeln, die bisher in der internationalen Politik gegolten haben, in den kommenden vier Jahren nicht viel wert sein werden. Das könnte in kurzer Zeit zur globalen Anarchie führen. Deutschland ist darauf mental bisher nicht annähernd vorbereitet.
So etwas wie Partnerschaft unter Staaten war gestern. Ab jetzt gilt nur noch das Recht des Stärkeren, sonst nichts. Diese Botschaft hat Trump kurz vor seinem zweiten Amtsantritt in die Welt gesendet. Das beinhaltet nach Ansicht des selbstberauschten kommenden US-Präsidenten auch das Recht, weltweit Grenzen zu verschieben. Beispielsweise die zu Kanada, das sich Trump direkt einverleiben will. Oder die Dänemarks, von dem Trump verlangt, Grönland an die USA zu verkaufen. Im Fall Grönlands ebensowie wie im Fall Panamas (wegen des wichtigen Kanals zwischen Nord- und Südamerika) schließt Trump auch militärische Gewalt nicht aus. Das muss man erst einmal sacken lassen.
Will Trump nur gute Deals herausholen?
Natürlich ist Trump auch ein Prahlhans, der keineswegs immer alles in die Tat umgesetzt hat, was er so vor sich hin redet. Und so verweisen viele darauf, dass Trump (neben Schlagzeilen) vor allem darauf abzielt, bessere „Deals“ für die USA herauszuholen: beispielsweise niedrigere Gebühren für US-Schiffe im Panama-Kanal oder exklusive Schürfrechte im ressourcenreichen und dahin schmelzenden Grönland. Das ist sicher nicht ganz falsch.
Allerdings zeigt sich in Trumps Äußerungen, wohin die Reise international gehen soll: Er will die Welt mit einem US-Imperialismus bisher unbekannten Ausmaßes überziehen. Nicht zuletzt, um der eigenen Wählerbasis zu zeigen, dass er Amerika wie versprochen zu neuer Größe führen kann. Sein Haupt-Instrument dabei: Angst.
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Dänemark und Panama sollen mit der Angst vor einer Militär-Intervention weich geklopft werden, bis sie Zugeständnisse machen. Russland soll Angst davor haben, dass Trump die Ukraine massiv aufrüstet. Und Europa soll um seine eigene Sicherheit fürchten, die sie (selbstverschuldet) ohne die USA gegenüber Russland momentan nicht wirklich gewährleisten kann.
Vom Stil her nährt sich Trump Putin langsam an
Mit seinen Drohungen scheint sich Trump nicht wirklich mehr wesentlich von dem Politik-Stil eines Wladimir Putin zu unterscheiden. Auch der hat sich schon seit längerem darauf verlegt, (mit Atombomben) zu drohen und Nachbarstaaten mit militärischen Mitteln unter der Knute zu halten oder sie dorthin zu zwingen.
Das Problem dabei: Wenn nun auch die USA – statt wie bisher sehr erfolgreich seine Bündnisse zu pflegen – mit derlei plumpen Mitteln versuchen, sich Geltung zu verschaffen – was sollte Länder wie China, Indien oder eben Russland davon abhalten, ebenso zu agieren? Wir steuern also womöglich auf eine Welt zu, in der bisherigen internationalen Regeln nichts mehr gelten, in der alles gesagt und getan werden kann. Es wäre eine Welt der internationalen Anarchie, in der das Chaos auf absehbare Zeit das neue Normal ist. Jeder hat seinen Platz entsprechend seiner eigenen Stärke einzunehmen. Und das wird notfalls eben mit Gewalt geklärt.
Unterwerfung oder Widerstand? Wie entscheiden wir uns?
Wie begegnet man derlei Imperialismus des noch immer mächtigsten Landes der Welt? Mit Unterwerfung oder mit Widerstand? In Deutschland wird sich diese Frage auch bei den Bundestagswahlen entscheiden. Ingesamt scheint die deutsche Politik noch der Vorstellung anzuhängen, dass internationale Organisationen wie die UN oder der Internationale Gerichtshof relevante Organisationen sind. Sie werden aber noch mehr als bisher in der Bedeutungslosigkeit versinken. Das schlimmste und gleichzeitig wahrscheinlichste Szenario für Europa ist, dass Nato und EU in einen Trump-nahen und Trump-kritischen Teil zerfallen. Beides würde das Ende dieser Organisationen bedeuten. Und beides würde den europäischen Kontinent sehr viel unsicherer machen.
Ein Hoffnungsschimmer der bleibt, ist die Tatsache dass auch Trump weltpolitische „Naturgesetze“ nicht komplett aushebeln kann: Wirtschaftlich sind heute alle Länder so stark miteinander verwoben wie nie zuvor. Und auch bei der Erderwärmung sitzen wir noch immer alle im selben Boot.