Machte sich keine Illusionen über die UDSSR: Helmut Schmidt (r.) 1980 mit Obersowjet Leonid Breschnew in Moskau. Foto: imago images/photothek

Helmut Schmidt hätte diesen Genossen nur verächtlich Kippenrauch ins Gesicht geblasen

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Totgesagte leben länger: Ex-SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der Mann, der die Bundeswehr fast im Alleingang in einen wehrlosen Papiertiger verwandelt hat, ist zurück. Mit einer Schar älterer SPD-Herren (Stegner, Eichel usw.) hat er ein „Manifest“ geschrieben, das sich liest, als würden die Verfasser in einem Paralleluniversum leben.

Da wird „militärische Alarmrhetorik und riesige Aufrüstung“ in Europa beklagt und gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen oder die Erhöhung des Wehretats gewettert. Man wolle wieder „ins Gespräch mit Russland kommen“, vergisst aber zu erwähnen, dass Putin alle diplomatischen Angebote und Kompromissvorschläge zuletzt abgelehnt hat. Und natürlich wird in Wagenknecht-AfD-Manier behauptet, die Aufrüstung der EU würde die Lage „destabilisieren“ – als hätten wir ein Land überfallen und nicht Russland.

Helmut Schmidt wusste, dass man nur aus einer Position der Stärke verhandeln kann

Da möchte man die Herren kurz an ihre großen Vorbilder Willy Brandt und Egon Bahr erinnern. Als diese ihre Entspannungspolitik mit Moskau initiierten, lag der Wehretat deutlich über drei Prozent – und blieb es bis 1986. Niemand machte sich damals ernsthaft Illusionen darüber, dass man nur aus einer Position der Stärke verhandeln und so auch den Frieden sichern kann.

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Gleiches gilt für Brandts Nachfolger Helmut Schmidt, der den Nato-Doppelbeschluss gegen massive Widerstände durchsetzte – und damit das Fundament für echte Abrüstungsverhandlungen legte. „Wir rüsten auf, aber wir wollen zugleich über Abrüstung sprechen“, sagte Schmidt. Realitätsblinden Genossen wie Mützenich und Stegner hätte er vermutlich nur verächtlich seinen Kippenrauch ins Gesicht geblasen.

Gegen Putin helfen keine warmen Worte

Nun könnte man sagen: Wer keine Macht mehr hat, schreibt Manifeste, lasst sie doch. Doch dafür ist die Sache zu ernst. Und die Haltung, man müsse nur mehr auf Moskau zugehen, dann werde schon alles gut, in der SPD zu verbreitet. Mützenich, Stegner und Co. nähren mit ihrem Papier die Sehnsucht in der SPD, wieder „Friedenspartei“ zu sein. Dabei verkennen sie, dass sich die Zeiten radikal verändert haben.

Russland ist keine Status-quo-Macht wie die Sowjetunion – sondern ein auf Expansion fixiertes, durch und durch militarisiertes Land, dass seine gesamte Wirtschaft auf Kriegsgüterproduktion umgestellt hat und Europa nicht nur verbal und mit Raketen bedroht, sondern tagtäglich mit hybriden Mitteln angreift.

Gegen solch einen Nachbarn helfen keine warmen Worte. Die neue Partei- und Fraktionsführung um Lars Klingbeil hat das zum Glück erkannt.

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