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  • Foto: picture alliance/dpa

„Stealthing“: Anwältin entsetzt: Mann zieht beim Sex heimlich Kondom ab – Freispruch!

Kiel –

In Kiel wurde am Dienstag beim Amtsgericht der erste Fall von „Stealthing“ verhandelt. Beim einvernehmlichen Geschlechtsverkehr entfernte ein Mann heimlich sein Kondom, vor Gericht ist er geständig. Trotzdem wird er freigesprochen. Die Anwältin des Opfers nennt das „ein ganz fatales Signal“.

Wie die „Kieler Nachrichten“ berichteten, hatte die Staatsanwaltschaft neun Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie 2000 Euro Geldstrafe wegen eines sexuellen Übergriffs gefordert. Und auch die Rechtsanwältin des Opfers und Nebenklägerin, Kerstin Bartsch, forderte 2000 Euro Schmerzensgeld für ihre Mandantin.

Amtsgericht Kiel: Freispruch nach „Stealthing“-Prozess

Am 5. März 2018 hatte das damals nicht fest liierte Paar den letzten Geschlechtsverkehr in der Kieler Wohnung des Mannes. Währenddessen entfernte der Mann heimlich das Kondom. Die Frau verließ nach dem Vorfall sofort seine Wohnung. Beim Versuch, bei der Polizei Anzeige zu erstatten, fühlte sie sich zunächst nicht ernst genommen. Erst ein Rückruf der Beamten bei der Staatsanwaltschaft habe ihr Gehör verschafft.

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Der Amtsrichter wollte laut den „Kieler Nachrichten“ den Fall eigentlich überhaupt nicht verhandeln. Erst nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft beim Kieler Landgericht habe er die Anklage zugelassen.

Bis zuletzt habe er die Auffassung vertreten, dass das Verhalten des Geständigen zwar „ein erheblicher Vertrauensbruch, jedoch objektiv nicht strafbar“ sei. In der Begründung für den Freispruch heißt es: „Das Gesetz kennt keinen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr, der strafbar ist.“

Mann ist vor Gericht geständig: Er wird freigesprochen

Der 39-jährige Mann hat vor Gericht sein Verhalten als „triebgesteuert“ verurteilt und entschuldigte sich mehrfach bei der Frau. Rechtsanwältin Bartsch warf ihm im Plädoyer Demütigung und Instrumentalisierung der Frau vor und zählte neben einer Schwangerschaft mehrere Geschlechtskrankheiten auf. Sie nennt den Freispruch „ein ganz fatales Signal“.

Bartsch habe laut den „Kieler Nachrichten“ bereits einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden „wegen seiner inneren Haltung“ gestellt, nachdem dieser die Zeugenvernehmung ihrer Mandantin als bedeutungslos abgelehnt hatte. Dieser wurde von einem Kollegen des Amtsrichters als unbegründet abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft kündigte bereits Revision beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht an.

„Stealthing“-Prozess in Kiel: Worum geht es?

Dass Männer gegen den Willen ihrer Partnerin beim Sex das Kondom entfernen, nennt man „Stealthing“. „Stealth“ heißt auf Deutsch in etwa „List“ oder „Heimlichtuerei“. Es gibt sogar Foren, in denen Männer damit angeben, das geschafft zu haben und geben Tipps an Nachahmer.

Im Juni fiel zum ersten Mal eine obergerichtliche Entscheidung in Deutschland: In Berlin wertete das Kammergericht das heimliche Abziehen des Kondoms während des Geschlechtsverkehrs als sexuellen Übergriff.

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