• Nach der zwischenzeitlichen Flucht ist die 96-jährige Angeklagte gefasst worden. Nun muss sie in U-Haft.
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Nach Flucht: Ehemalige KZ-Sekretärin (96) muss in U-Haft!

Am Donnerstag sollte vor dem Landgericht Itzehoe der Prozess gegen eine ehemalige Sekretärin im deutschen Konzentrationslager Stutthof (bei Danzig) beginnen. Doch das Gerichtsverfahren verzögert sich nun auf Oktober – die 96-Jährige flüchtete zunächst vor dem Termin. Am Nachmittag führte die Polizei die Frau doch noch dem Gericht vor. Jetzt sitzt sie „bis auf Weiteres“ in U-Haft.

Als der Prozess gegen Irmgard F. gegen 10 Uhr beginnen sollte, blieb ihr Platz leer. Mehr als 50 Journalisten und Zuschauer, zwölf Vertreter der 30 Nebenkläger, der Verteidiger und weitere Prozessbeteiligte waren vor Ort. Nur die Angeklagte erschien nicht vor dem Landgericht Itzehoe – das anschließend einen Haftbefehl gegen sie erließ. Stundenlang blieb Irmgard F. flüchtig. Gegen 14 Uhr meldete die Polizei, dass die 96-Jährige gefasst wurde.

96-jährige ehemalige KZ-Sekretärin nach Flucht in U-Haft

Irmgard F. habe ihr Heim in Quickborn (Kreis Pinneberg) am Morgen in unbekannte Richtung verlassen, sagte eine Gerichtssprecherin. „Sie hat ein Taxi genommen.“ Fahrziel sei eine U-Bahn-Station in Norderstedt am Hamburger Stadtrand gewesen.

Wo die Frau gefasst wurde, sagte die Sprecherin nicht. Nach Informationen der „Bild“ war sie am Mittag zu Fuß auf der Langenhorner Chaussee in Hamburg unterwegs. Die Gerichtssprecherin bestätigte, dass die 96-Jährige wenige Tage vor dem geplanten Prozessbeginn in einem Brief an das Gericht erklärt hatte, dass sie nicht kommen wolle.

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Daraufhin habe der Vorsitzende Richter ihr mitgeteilt, welche Maßnahmen die Strafkammer ergreifen werde, sollte sie tatsächlich nicht kommen. Allein aufgrund der Ankündigung hätte das Gericht keinen Haftbefehl gegen die 96-Jährige verhängen können, erklärte Milhoffer. Das sei rechtlich nicht zulässig.

Nach dem Aufgreifen hat das Landgericht Itzehoe Untersuchungshaft für die 96-Jährige angeordnet. „Das Gericht hat der Angeklagten den Haftbefehl verkündet. Sie wird nun in die Untersuchungshaftanstalt verbracht“, teilte Gerichtssprecherin Frederike Milhoffer am Donnerstag mit. Die Haft sei „bis auf Weiteres“ angeordnet worden.

Prozess gegen KZ-Sekretärin umfasst 26 Verhandlungstage

Der Prozess konnte nach der Flucht der Angeklagten nicht wie geplant beginnen. „Gegen eine ausgebliebene Angeklagte findet die Hauptverhandlung bekanntlich nicht statt“, sagte der Vorsitzende Richter Dominik Groß. Stattdessen wurde die Verhandlung auf den 19. Oktober vertagt.

Die Kammer gehe davon aus, dass an jedem Prozesstag mindestens anderthalb bis zwei Stunden verhandelt werden könne, erklärte die Sprecherin. Die Angeklagte sollte zu jedem Termin in Begleitung eines Arztes von ihrem Wohnsitz abgeholt werden. Das Gericht hat 26 weitere Verhandlungstermine angesetzt. Sofern sie in Haft bleibt, müsste sie aus dem Untersuchungsgefängnis in den Verhandlungssaal gebracht werden.

Irmgard F. wird Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen vorgeworfen. Sie soll „zwischen Juni 1943 und April 1945 den Verantwortlichen des Lagers bei der systematischen Tötung von dort Inhaftierten Hilfe geleistet“ haben, hieß es in einer Mitteilung des Gerichts.

Auschwitz-Komitee wirft 96-Jähriger „Verachtung“ vor

Das Internationale Auschwitz-Komitee zeigte sich über die Flucht der Angeklagten empört. „Darin zeigt sich eine unglaubliche Verachtung des Rechtsstaats und auch der Überlebenden“, sagte Vize-Exekutivpräsident Christoph Heubner. Das Komitee vertritt KZ-Überlebende und deren Angehörige.

In das Lager von Stutthof waren unmittelbar nach Beginn des Zweiten Weltkriegs polnische Zivilisten interniert worden. Ab 1942 folgten Transporte aus den übrigen von Deutschland besetzten Gebieten, im Juni 1944 wurde Stutthof Teil der sogenannten „Endlösung“.

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Die SS brachte nach Angaben der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem vor allem jüdische Frauen aus den Arbeitslagern im Baltikum und aus Auschwitz nach Stutthof. Die Haftbedingungen seien beinahe so schlimm wie in einem Vernichtungslager gewesen. Die Gefangenen starben an Krankheiten und Misshandlungen, aber auch durch Erschießen, Erhängen, Vergasen und tödliche Phenolspritzen ins Herz. (dpa/fbo/idv)

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