Otto Carstens (CDU), Justizstaatssekretär in Schleswig-Holsteins, sitzt in der Sitzung des Innen- und Rechtsausschuss der schleswig-holsteinischen Landesregierung.

Otto Carstens (CDU), Justizstaatssekretär in Schleswig-Holstein, musste sich vor dem Innen- und Rechtsausschuss verantworten. Foto: picture alliance/dpa | Axel Heimken

Umstrittener Kieler Staatssekretär: Richterverband fordert Rücktritt

Der Druck auf Justizstaatssekretär Carstens wächst. Der einflussreiche Schleswig-Holsteinische Richterverband sieht die Justiz von der Personalie erheblich belastet und fordert den Regierungschef zum Handeln auf. Die Kritik ist vehement.

Der Schleswig-Holsteinische Richterverband ist klar auf Distanz zu Justizstaatssekretär Otto Carstens gegangen. „Unsere Justiz kann es sich nicht leisten, durch andauernde Personaldebatten gelähmt zu werden“, erklärte am Freitag der Berufsverband, dem mehr als 750 Richter und Staatsanwälte angehören. „Wir fordern daher den Ministerpräsidenten auf, die gegenwärtige Unsicherheit zu beenden und klarzustellen, wer an der Seite der Ministerin das Justizressort führen soll.“ Die andauernde Debatte um die Person des Staatssekretärs stelle eine erhebliche Belastung für die Justiz dar.

Carstens (CDU) steht nach einer Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags am Mittwoch weiter massiv unter Druck. Dort hatte er sich von umstrittenen früheren Aussagen zum Strafvollzug distanziert. Zugleich lehnte er einen Austritt aus einer schlagenden Studentenverbindung ab, die gemeinsam an Fechtveranstaltungen mit der Hamburger Burschenschaft Germania teilnimmt, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft und deshalb beobachtet wird. Die kleinere Neue Richtervereinigung hatte nach Carstens‘ Auftritt dessen Eignung für das Amt erneut bezweifelt und einen Rücktritt gefordert.

Umstrittene Aussagen und Mitglied in Burschenschaft: Otto Carstens (CDU) unter Druck

„Für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz ist es unabdingbar, dass die richterliche Unabhängigkeit durch die Exekutive gewahrt wird“, erklärte am Freitag die Vorsitzende des Richterverbandes, Christine Schmehl. „Leichtfertige oder missverständliche Äußerungen können an dieser Stelle erheblichen Schaden anrichten. Entsteht zudem der Eindruck, es fehle an der nötigen Ernsthaftigkeit, führt dies auch in der Kollegenschaft weithin zu Irritationen.“

Entscheidungsträger der Exekutive dürften besonders im Bereich der Justiz keinerlei Zweifel an ihrer persönlichen Verfassungstreue entstehen lassen. „Es ist darüber hinaus auch erforderlich, erkennbare verfassungsfeindliche Strukturen und Bestrebungen klar einzuordnen und ihnen gegebenenfalls mit der notwendigen Entschlossenheit aktiv entgegentreten zu wollen.“ Carstens sei es bislang nicht gelungen, „die in diesem Zusammenhang aufgetretenen Bedenken und das daraus entstandene Gesamtbild nachhaltig zu korrigieren“.

Auch FDP und SPD fordern Ablösung

Carstens hatte sich im Ausschuss ausdrücklich von der Burschenschaft Germania distanziert. Er habe sein Corps Irminsul aufgefordert, jeden Kontakt zu unterlassen, das Fechten inklusive. Dem Rechtsextremismus müsse überall begegnet werden.

„Justizstaatssekretär Otto Carstens hat sich im Innen- und Rechtsausschuss umfassend geäußert“, sagte Regierungssprecher Peter Höver am Freitag. „Insbesondere hat er sich mehrfach und deutlich von rechtsextremem oder rechtsradikalem Gedankengut distanziert; ebenso von einer bestimmten Hamburger Burschenschaft.“

Nach Plagiatsvorwürfen: Staatssekretär erneut in der Kritik

Die SPD hatte das Thema auf die Tagesordnung gebracht, nachdem die Mitgliedschaft von Carstens in zwei schlagenden Studentenverbindungen bekanntgeworden war und dieser umstrittene Äußerungen zum Strafvollzug gemacht hatte. Er hatte auf seiner Webseite geschrieben: „Opferschutz vor Täterschutz. Mehr Polizei vor Ort. Eine Justiz, die den Strafrahmen des Gesetzes ausreizt. Ein Strafvollzug, der keinen „Urlaub“ darstellt. Hierfür sind die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen!“. Mittlerweile sind die Einträge gelöscht.

Die Formulierungen seien zugespitzt gewesen, sagte Carstens im Ausschuss. Es wäre auch besser gewesen, sie sofort aus dem Netz zu nehmen, als er Staatssekretär wurde, sagte er. Im übrigen sehe er keine Verbindung zwischen seiner Mitgliedschaft in den Verbindungen, seinen früheren politischen Äußerungen und seiner heutigen Tätigkeit. Als Staatssekretär sei er kein Politiker, sondern politischer Beamter.

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Die SPD im Landtag hatte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) aufgefordert, Carstens abzulösen. Auch die FDP zog die Eignung von Carstens für sein Amt in Zweifel. Die Universität Innsbruck prüft außerdem Plagiatsvorwürfe gegen Carstens im Zusammenhang mit dessen Dissertation. (mp/dpa)

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