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Zahlreiche Schiffe sind an der Suche nach den vermissten Besatzungsmitgliedern des gesunkenen Frachters beteiligt.
  • Zahlreiche Schiffe sind an der Suche nach den vermissten Besatzungsmitgliedern des gesunkenen Frachters beteiligt.
  • Foto: picture alliance/dpa/Die Seenotretter – DGzRS | Die Seenotretter – DGzRS

Vermisste Seeleute: Suche vor Helgoland geht auch in der Nacht weiter

Mindestens ein Seemann ist bei der Kollision zweier Frachtschiffe vor Helgoland gestorben – vier weitere werden noch vermisst. Diverse Schiffe helfen bei der Suche, auch Taucher waren im Einsatz. Die Hoffnung, die Vermissten noch lebend retten zu können, sinkt.

Die Kollision von zwei Frachtern auf der Nordsee vor Helgoland hat eine dramatische Suchaktion ausgelöst und mindestens einen Seemann das Leben gekostet. Rettungskräfte konnten zwei Seeleute aus der zwölf Grad kalten Nordsee retten, nachdem einer der Frachter am Dienstagmorgen infolge des Zusammenstoßes gesunken war, wie das Havariekommando in Cuxhaven mitteilte.

Bei kräftigem Wind, Wellen mit bis zu drei Metern Höhe und schlechter Sicht suchten Einsatzkräfte mit mehreren Schiffen nach den Schiffbrüchigen. „Wir tun derzeit alles Menschenmögliche, um weitere Menschenleben zu retten“, sagte Robby Renner, Leiter des Havariekommandos. Eine Suchaktion mit Tauchern am Nachmittag blieb aber erfolglos.

Deswegen soll die Suche auch nachts weitergehen. „Geplant ist, die Suche bis nach Mitternacht fortzusetzen“, teilte das Havariekommando in Cuxhaven am Dienstagabend mit. „Die Wassertemperaturen, die derzeit um 12 Grad Celsius liegen, geben den Rettungskräften bis zu diesem Zeitpunkt die Chance, noch auf Überlebende zu treffen.“

Frachterkollision vor Helgoland: „Verity“ sinkt

Bei völliger Dunkelheit stießen gegen 5.00 Uhr am Dienstagmorgen das Massengutschiff „Polesie“ und das Küstenmotorschiff „Verity“ in der Deutschen Bucht zusammen. Fotos vom Unglücksort zeigten, wie Lichtkegel von Suchscheinwerfer des Kreuzfahrtschiffes „Iona“, das zufällig in der Nähe unterwegs war, kurz nach der Havarie am frühen Morgen die dunkle Wasseroberfläche an der Unglücksstelle absuchten.

Ein Scheinwerfer der Kreuzfahrtschiffs „Iona“ sucht die Nordsee nach den vermissten Seeleuten der gesunkenen „Verity“. picture alliance/dpa/P&O/PA Media | Handout
Ein Scheinwerfer der Kreuzfahrtschiffs „Iona“ sucht die Nordsee nach den vermissten Seeleuten der gesunkenen „Verity“.
Ein Scheinwerfer der Kreuzfahrtschiffs „Iona“ sucht die Nordsee nach den vermissten Seeleuten der gesunkenen „Verity“.

Gegen 5.20 Uhr sei das Signal der „Verity“ verloren gegangen, sagte Michael Ippich von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). „Man musste davon ausgehen, dass zu diesem Zeitpunkt das Schiff gesunken ist.“ Gut eine Stunde später sei der erste Seenotrettungskreuzer von Helgoland am Unglücksort gewesen. Kurz darauf wurden erste Wrackteile gefunden.

Ein Seemann stirbt – vier werden noch vermisst

Zwei Seeleute wurden aus dem Wasser gerettet und kamen in Kliniken. Vier Seeleute der insgesamt siebenköpfigen Besatzung der „Verity“ wurden vermisst – für ein Besatzungsmitglied kam jede Hilfe zu spät.

Der Unfall ereignete sich rund 22 Kilometer südwestlich der Hochseeinsel Helgoland und 31 Kilometer nordöstlich der ostfriesischen Insel Langeoog. Wie es dazu kam, ist noch unklar.

Die unter der Flagge Großbritanniens fahrende 91 Meter lange „Verity“ hatte laut dem Havariekommando sogenannte Stahl-Coils geladen, also Rollen aus großen Blechen. Das Schiff der britisch-niederländischen Reederei Faversham Ships war auf dem Weg von Bremen nach Immingham, einem Hafen an der englischen Nordseeküste. Es hatte auch rund 1300 Kubikmeter Dieseltreibstoff an Bord. Deswegen rückte auch ein Mehrzweckschiff zu der Unfallstelle aus, um möglichen ausgelaufenen Treibstoff vom Wasser aufnehmen zu können.

Taucher suchen nach Vermissten – kein Lebenszeichen

Der andere Frachter, die mit 190 Metern Länge größere „Polesie“, war unter der Flagge der Bahamas auf dem Weg von Hamburg nach La Coruña in Spanien unterwegs. 22 Seeleute waren an Bord des Frachters, der zu der polnischen Reederei Polsteam Group gehört. Diese Seeleute befinden sich laut den Rettungskräften unverletzt auf ihrem Schiff.

Von den vier vermissten Seeleuten der „Verity“ gibt es hingegen weiter kein Lebenszeichen. Ein Tauchgang zu dem Wrack des infolge der Kollision gesunkenen Frachters am Dienstagnachmittag in rund 30 Metern Tiefe sei erfolglos geblieben, teilte das Havariekommando in Cuxhaven mit. „Die Taucher konnten keine Erkenntnisse gewinnen“, teilte die Behörde mit. Eine einsetzende starke Strömung machte weitere Versuche zunächst unmöglich, hieß es.

Bedingungen erschweren weitere Rettungsaktionen

Das Havariekommando hatte es in Betracht gezogen, dass die Vermissten in dem Wrack des gesunkenen Frachters „Verity“ eingeschlossen sein könnten. Deshalb sollten Taucher das Schiff untersuchen. Für die Aktion stand laut der Behörde nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung, nämlich das sogenannte Stauwasser zwischen Ebbe und Flut, wenn die Strömung schwächer ist.

Die Bedingungen an der Unglücksstelle sind laut dem Havariekommando weiterhin schwierig. Die Sichttiefe am Wrack betrage ein bis zwei Meter. „Die schwierigen Bedingungen lassen derzeit keine Prognose darüber zu, ob ein weiterer Versuch möglich ist“, teilte die Behörde in Cuxhaven weiter mit.

Mit jeder Stunde sinkt die Chance, Überlebende zu retten

Solange es eine Chance gibt, Überlebende zu finden, wollen die Rettungskräfte die Suche nicht einstellen. Wind, Wellen und Kälte erschwerten aber die Rettungsarbeiten. „Für die Einheiten vor Ort ist es sicherlich komplex, weil die Bedingungen herausfordernd sind“, sagte DGzRS-Sprecher Christian Stipeldey. Himmel und See hätten bei der herbstlichen Witterung nahezu die gleiche Farbe. Es sei dann schwierig, Vermisste auf See zu erkennen.

Niemand wisse aber, wie die vermissten Seeleute ausgerüstet seien, sagte der Sprecher. Immer wieder würden Menschen auch nach längerer Zeit lebend in kaltem Wasser gefunden. Laut den Seenotrettern könnten Menschen bei Wassertemperaturen um zwölf Grad nach Erfahrungswerten bis zu 20 Stunden überleben – es hänge aber auch von der Kondition und der Bekleidung, etwa einer Rettungsweste, der Verunglückten ab.

Wrack der „Verity“ liegt intakt am Grund der Nordsee

Sechs Seenotrettungskreuzer der DGzRS suchten am Unglücksort nach den Vermissten. Auch der Notschlepper „Nordic“ und weitere Schiffe von Behörden waren im Einsatz. Die Deutsche Marine beteiligte sich mit einem SAR-Rettungshubschrauber. Auch das Kreuzfahrtschiff „Iona“ der Reederei P&O Cruises, sei gebeten worden, am Unglücksort zu bleiben. Schiffbrüchige könnten an Bord medizinisch versorgt werden, hieß es.

Der Frachter „Verity“ ist in der Nordsee mit einem anderen Frachter kollidiert und gesunken. (Archivbild) dpa/Dietmar Hasenpusch Photo-Productions
Der Frachter „Verity“ ist am Dienstagmorgen in der Nordsee mit einem anderen Frachter kollidiert. (Archivbild)
Der Frachter „Verity“ ist am Dienstagmorgen in der Nordsee mit einem anderen Frachter kollidiert. (Archivbild)

Bilder des Erkundungsschiffs „Atair“ vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zeigten, dass das Wrack nicht auseinandergebrochen sei. Renner kündigte an, das verbleibende Tageslicht für die Suche zu nutzen. Alle Arbeiten, die bei Dunkelheit geschehen könnten, sollten nach Anbruch der Dunkelheit fortgesetzt werden.

Frachtschiffe kollidieren in einem der meistbefahrenen Seegebiete weltweit

Der Zusammenstoß der beiden Frachter ereignete sich in einem der meistbefahrenen Seegebiete weltweit – denn in der Deutschen Bucht verlaufen zwei international eingerichtete Schifffahrtsstraßen in Ost-West-Richtung, wie eine Sprecherin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) sagte.

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Dabei handelt es sich um das Verkehrstrennungsgebiet (VTG) Terschelling-German Bight (Deutsche Bucht) vor den Ostfriesischen Inseln sowie das weiter nördlich liegende Verkehrstrennungsgebiet German Bight Western Approach (Deutsche Bucht West-Ansteuerung). Querend zu den beiden Verkehrstrennungsgebieten verläuft der Schiffsverkehr zu den deutschen Flussrevieren Ems, Jade/Weser und Elbe sowie auch zu den Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee.

Das Havariekommando in Cuxhaven, das die Gesamteinsatzleitung übernahm, ließ das Seegebiet von einem Sensorflugzeug überfliegen, um nähere Erkenntnisse zu bekommen. Es ist die Behörde, die in Deutschland für die maritime Notfallvorsorge und das Unfallmanagement auf Nord- und Ostsee zuständig ist.

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