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2013: Helfer gehen durch eine überflutete Straße in Lauenburg.
  • 2013: Helfer gehen durch eine überflutete Straße in Lauenburg.
  • Foto: dpa

„Planungen dauern zu lange!“: Bewohner an der Elbe in Sorge

Evakuierungen mitten in der Nacht, tagelang kein Strom, und die Elbe im Keller: Die Jahrhundertflut 2013 hat die Schifferstadt Lauenburg hart getroffen. Heute, zehn Jahre später, warten die Anwohner noch immer auf den versprochenen Hochwasserschutz.

Das Hochwasser kam mit Ansage – doch mit der Wucht hatte kaum jemand gerechnet. Rund eine Woche lang schwappte im Sommer 2013 das trübe Wasser der Elbe durch die schmalen Straßen der Unterstadt in Lauenburg, bedrohte Häuser und Inventar der Bewohner. „Bis zu 1000 Einsatzkräfte arbeiteten damals nahezu Tag und Nacht, um die Deiche und die Altstadt zu schützen“, sagt der Pressesprecher des Kreises Herzogtum Lauenburg, Tobias Frohnert. Doch auch heute, zehn Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser, warten die Lauenburger noch immer auf den damals versprochenen Hochwasserschutz.

2013: „Wir saufen ab! Hochwasserschutz aber Dalli“, steht auf einem Schild in einem Wohnhaus in der überfluteten Unterstadt von Lauenburg. dpa
2013: „Wir saufen ab! Hochwasserschutz aber Dalli“, steht auf einem Schild in einem Wohnhaus in der überfluteten Unterstadt von Lauenburg.
2013: „Wir saufen ab! Hochwasserschutz aber Dalli“, steht auf einem Schild in einem Wohnhaus in der überfluteten Unterstadt von Lauenburg.

„Die Planungen dauern viel zu lange, weil zu viele Institutionen beteiligt sind“, sagt Hajo Krasemann von der Betroffenengemeinschaft Lauenburg. Außerdem sei die Finanzierung noch unklar. „Die Gesamtmaßnahme soll zwischen 30 und 40 Millionen Euro kosten, zehn Prozent davon muss die Kommune aufbringen.“ Doch wer diese Summe aufbringen müsse – die unmittelbaren Anlieger der Elbe oder alle Lauenburger – sei noch völlig unklar.

Hochwasserschutz in Lauenburg: „Die Gesamtmaßnahme soll zwischen 30 und 40 Millionen Euro kosten“

Ende Mai und Anfang Juni 2013 hatte es im Quellgebiet der Elbe stark geregnet. Dadurch stiegen die Pegel von Elbe, Saale, Mulde, Weißer und Schwarzer Elster. An vielen Stellen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen brachen die Deiche, eine Hochwasserwelle rollte flussabwärts. „Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Hochwasser in Schleswig-Holstein ankommen würde“, sagt Thorben Brackmann (CDU), neu gewählter Bürgermeister von Lauenburg, heute. Als das Hochwasser Anfang Juni Lauenburg erreichte, übertraf es alle Prognosen der Wetterexperten. Die gingen inzwischen von einem Höchstwert von fast zehn Metern aus. Im März 1888 hatte der höchste jemals gemessene Wasserstand bei Lauenburg 7,54 Meter betragen.

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Angesichts dieser Vorhersagen ordnete der Kreis Herzogtum Lauenburg am 5. Juni an, 150 Häuser nahe der Elbe zu räumen. „Rund 300 Menschen mussten mitten in der Nacht ihre Häuser und Wohnungen verlassen“, erinnert sich Thomas Grimm, damals Pressesprecher der Lauenburger Feuerwehr. Die Altstadt wurde für Fußgänger gesperrt, für die evakuierten Anwohner wurde ein Notquartier in einer Schule eingerichtet. In der Altstadt stieg das Hochwasser bis auf 9,59 Meter. „Auf der parallel zum Flussufer verlaufenden Elbstraße konnte man mit dem Boot fahren“, erinnert sich Bürgermeister Brackmann. Er ist zwar erst seit einigen Monaten Verwaltungschef von Lauenburg. „Aber ich bin Lauenburger und war während der Flut ehrenamtlich für die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft im Einsatz“, sagt er.

Die lange Planungsdauer für den Hochwasserschutz begründet der Bürgermeister unter anderem mit einer Änderung der Zuständigkeiten im Dezember 2017. Damals beschloss das Land, die Projektsteuerung aus Kostengründen in Eigenregie zu übernehmen. „Was den Hochwasserschutz so schwer macht, sind die komplexen Projektstrukturen und die sich immer wieder ändernden gesetzlichen Vorgaben“, sagt Brackmann. Und Krasemann bemängelt, dass die Finanzierung noch immer nicht geklärt sei. „Vor allem ist unklar, wie der Eigenanteil, den die Kommune für die Schutzmaßnahmen aufbringen muss, finanziert werden soll“, sagt er. „Soll er nur auf die direkten Anlieger der Elbe umgelegt werden oder auf alle Lauenburger?“

Am 20. Juni wird mit dem ersten Bauabschnitt an der Palmschleuse begonnen

Tatsächlich kommt jetzt Bewegung in die Sache. „Am 20. Juni beginnen wir mit dem ersten Bauabschnitt an der Palmschleuse westlich der Altstadt“, sagt Christian Asboe, der Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Ordnung der Stadt Lauenburg. Die neue Schutzwand sei für Hochwasser bis elf Meter über normal Null ausgelegt. Die unter Denkmalschutz stehende Altstadt dagegen bleibt zunächst ungeschützt. „Frühestens 2024 werden wir dort mit dem Bau einer Hochwasserschutzwand beginnen können“, sagt Asboe.

Die Schäden, die das Hochwasser 2013 angerichtet hat, sind immens. Allein für Lauenburg und die angrenzenden Gemeinden wurden die Schäden auf knapp 27,28 Millionen Euro beziffert, dem Kreis Herzogtum Lauenburg entstanden nach Angaben eines Sprechers Kosten von knapp 1,3 Millionen Euro. Doch im Vergleich mit anderen Bundesländern kam Schleswig-Holstein noch relativ glimpflich davon. Im Norden Sachsens mussten mehrere Ortschaften evakuiert werden, weil ein See überlief, im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mussten mehr als 11.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden.

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In Sachsen-Anhalt musste unter anderem der Zugverkehr auf mehreren Strecken eingestellt werden, weil Gleise überspült oder Brückenpfeiler durch die Wassermassen beschädigt worden waren. Das Hochwasser und seine Folgen bewegten die Lauenburger noch immer, berichtet Brackmann. „Besonders die Anwohner der Elbstraße sorgen sich um ihr Hab und Gut, denn das nächste Hochwasser kommt bestimmt“, sagt er. „Doch von den dortigen Gastronomen hat meines Wissens noch keiner aufgegeben.“ (dpa)

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