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Ein Mann surft auf seinem PC auf einer Dating Plattform.
  • Auf der Online-Plattform „michverlieben” werden Flirt-Partner angeboten – doch deren Profile sind rein fiktiv. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance/dpa/Peter Steffen

Betrug in 33.000 Fällen? Mann zockt Liebessuchende offenbar im Alleingang ab

Mit 221.183 gemeldeten Straftaten ist die Kriminalstatistik in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr rasant gestiegen. Besonders beachtlich: 33.000 Betrugsfälle gehen auf eine einzige Person zurück. Ein 26-jähriger Mann soll Liebessuchenden über eine Flirt-Plattform im Internet das Geld aus der Tasche gezogen haben. Ob er dafür strafrechtlich verurteilt werden kann, ist noch offen.

Tausende Nutzer haben auf der Website „michverlieben.com“ nach Nähe gesucht und – dafür sogenannte „Flirtcoins” gekauft. Gegen diese Währung können auf der Plattform Unterhaltungen geführt werden, dem Anschein nach mit alleinstehenden Frauen. Nach Informationen der „Bild”-Zeitung hat der Betreiber der Website damit gut 17,7 Millionen Euro Einnahmen erzielt. Doch bei den Chat-Partnerinnen, zu denen über die Website Kontakt aufgenommen werden kann, handelt es sich um Fake-Profile.

Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Online-Flirts

Die Verbraucherzentrale hat deshalb geklagt – und im Mai 2022 von einer Zivilkammer des Landgerichts in Flensburg Recht bekommen. Die Werbung der Flirt-Plattform sei missverständlich, weil sie bei Nutzern den Eindruck erwecke, dass sich aus den Unterhaltungen echte Partnerschaften entwickeln könnten. Das Unternehmen „michverlieben” mit Sitz in der Gemeinde Leck musste daraufhin Slogans auf seiner Startseite umformulieren.

Nun könnten dem Betreiber der Website auch strafrechtliche Konsequenzen drohen: Für banden- und gewerbsmäßigen Betrug gibt es bis zu 10 Jahre Haft. Nach Angaben der „Bild”-Zeitung hat die Staatsanwaltschaft in Flensburg zwar Anklage gegen den 26-Jährigen erhoben – doch es ist unklar, ob das Landgericht diese auch zulassen wird. Denn für den Tatbestand des Betruges müsste der Irrtum der Website-Nutzer durch eine Täuschung des Angeklagten verursacht worden sein. Und an dieser Täuschung könnte es fehlen: In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Website, die online einsehbar sind, steht klar und deutlich, was auf der Plattform angeboten wird: Reine Unterhaltung.

Aufklärung im Kleingedruckten: Sind die Fake-Profile strafbar?

Laut den AGB stellt die Website professionelle Chat-Partner für unterhaltsame Flirts zur Verfügung, wobei alle persönlichen Daten und Äußerungen frei erfunden werden. Demnach könnte ein weibliches Profil auch von einem männlichen Angestellten und jedes männliche Profil von einer weiblichen Angestellten betrieben werden. „Sie arbeiten für uns und stehen nicht für Treffen außerhalb der Plattform zur Verfügung“, heißt es ausdrücklich. Und weiter: „Auch wenn Sie entgeltliche Dienste nutzen, werden bei michverlieben gerade keine Kontakte zu wirklich existierenden Personen vermittelt.“

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Jeder Nutzer der Website muss in diese AGB einwilligen, bevor er eine Unterhaltung mit einer Chat-Partnerin beginnen kann. Eine Täuschung und demnach eine Verurteilung wegen Betruges könnte damit ausgeschlossen sein: Wer das Kleingedruckte gelesen hat, wusste, worauf er sich einlässt. So sieht es auch Friedrich Fülscher, der Anwalt des Website-Betreibers. Gegenüber der „Bild-Zeitung” sagte er: „Der Angeschuldigte saß in Untersuchungshaft und muss sich vermutlich einem solchen Verfahren aussetzen, weil die Flensburger Justiz nicht in der Lage ist, strafbares Verhalten von straflosem zu unterscheiden und dies dem BGH überlassen möchte. Das Verfahren ist ein Testballon.“

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