Aike Gethmann und Jürgen Grüll

Aike Gethmann (l.) und Jürgen Grüll, Abteilungsleiter 2 der Polizeidirektion Oldenburg, im Gerichtssaal vom Verwaltungsgericht Oldenburg. Foto: Sina Schuldt/dpa

„Verdrehen Wahrheiten und verbreiten Lügen”: Ex-Polizeipräsident verliert gegen AfD

Ein Polizeipräsident wirft der AfD Manipulation vor – doch darf die Polizei eine Partei so offen kritisieren? Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat dazu eine Entscheidung getroffen.

Der ehemalige Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme ist mit Äußerungen über die AfD nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Oldenburg zu weit gegangen. Zwar habe er grundsätzlich das Recht gehabt, sich öffentlich zur inneren Sicherheit als auch zu Angriffen auf die Demokratie zu äußern, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Keiser bei der Urteilsverkündung. Allerdings seien ihm dabei Grenzen gesetzt gewesen. Diese habe er nicht immer eingehalten.

Kühme hatte in einem Interview mit der „Nordwest-Zeitung” im August 2023 gesagt, die AfD verdrehe Wahrheiten und verbreite Lügen, um Unsicherheiten und Ängste in der Bevölkerung zu schüren. Weiter hatte er gesagt: „Die AfD manipuliert das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen.” Geklagt hatte der AfD-Landesverband Niedersachsen. Er sah in Kühmes Worten eine Verletzung des Neutralitätsgebots der Polizei. 

Kühme sagte nach dem Urteil: „Ich stehe zu meinen Äußerungen.” Der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Stephan Bothe zeigte sich „sehr zufrieden” mit dem Urteil. „Wir fordern einen neutralen Staat und eine neutrale Polizei.” Der Anwalt der AfD, Christian Conrad, unterstrich, es sei gesetzlich geregelt, wer sich zu Parteien äußern dürfe. Das sei „in der Regel der Verfassungsschutz” und nicht die Polizei.

Jetziger Polizeipräsident verteidigt seinen Vorgänger

Andreas Sagehorn, aktueller Präsident der Polizeidirektion Oldenburg, sagte, die Begründung des Gerichts könne er „nicht in jedem Punkt nachvollziehen”. Es sei „geradezu die Pflicht der Polizei darauf hinzuweisen, wenn wir eine Gefahr für unsere demokratischen Grundwerte und auch für die Innere Sicherheit in diesem Land sehen”. Dies habe sein Vorgänger getan – „in vielleicht ungewöhnlicher Deutlichkeit”. In der Sache seien die Äußerungen aber „wichtig und richtig”. Kühme wurde im März 2024 nach mehr als 46 Dienstjahren in den Ruhestand verabschiedet.

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Der Vorsitzende Richter Keiser sagte, innerhalb eines Monats müssten die beanstandeten Aussagen von Kühme öffentlich zurückgenommen werden. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Sagehorn teilte mit, die Polizeidirektion behalte sich vor, Berufung zu beantragen. Zunächst werde die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet. Die nächste Instanz wäre das Oberverwaltungsgericht Lüneburg. (dpa)

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