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Der Serienmörder Niels Högel, hier im April 2019
  • Der Patientenmörder Niels Högel, hier im April 2019
  • Foto: picture alliance/dpa/Hauke-Christian Dittrich

Ex-Pfleger Niels Högel schildert Morde – und gibt zu: „Ich habe gelogen“

Schon seit Tagen steht der verurteilte Serienmörder Niels Högel im Fokus eines Prozesses, in dem ganz andere angeklagt sind. Die Schilderungen seiner Taten sind schwer zu ertragen, aber für die Verhandlung zwingend notwendig. Högel ist als Zeuge geladen.

Im Prozess gegen frühere Klinik-Vorgesetzte des Patientenmörders Niels Högel rücken die einzelnen Tötungsdelikte ins Zentrum des Verfahrens. Richter, Staatsanwältin und die 18 Verteidiger der sieben Angeklagten befragten den 45-jährigen Högel auch am Mittwoch stundenlang als Zeugen. Es ging vor allem um die Erinnerungen und Glaubwürdigkeit des Ex-Pflegers.

Serienmörder Niels Högel wird im Prozess als Zeuge befragt

Angeklagt sind drei Ärzte, drei leitende Pflegerinnen und Pfleger und ein Ex-Geschäftsführer der Kliniken Oldenburg und Delmenhorst. Sie sind der Beihilfe zum Totschlag beziehungsweise des versuchten Totschlags durch Unterlassen angeklagt. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hätten sie Mordtaten Högels mit an „Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ verhindern können. Sie seien aber trotz mehrerer Hinweise nicht eingeschritten.

Konkret geht es um acht Fälle, darunter sechs Morde, die erneut bewiesen werden müssen. Es gilt die Unschuldsvermutung für die Angeklagten, auch deshalb wird der 2019 wegen 85 Morden verurteilte Högel derart lange und intensiv befragt.


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Högel ermordete zwischen 2000 und 2005 wehrlose Patienten in den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst, indem er sie mit Medikamenten zu Tode spritzte. Jahrelang leugnete er kategorisch, auch in Oldenburg getötet zu haben. „Ehrlicherweise war das eine Lüge“, sagte er am Mittwoch im Rückblick.

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„Ich habe heute zum ersten Mal aus dem Mund von Högel gehört: ‚Ich habe gelogen‘“, sagte der Psychiater, emeritierte Professor und Buchautor, Karl H. Beine, der als Beobachter den Prozess in Oldenburg verfolgt. Es sei bei Högel aber schwer festzustellen, ob und wo es „Inseln der Wahrheit“ gebe in dem großen Wust an Halbwahrheiten, Unwahrheiten und Lügen. „Aber auch Menschen, die sich als hochgradig unglaubwürdig erwiesen haben, sagen nicht immer die Unwahrheit.“

Högel äußert sich als Zeuge zu seinen Morden und vergangenen Verhören

Am Mittwoch, dem insgesamt fünften Verhandlungstag seit Prozesseröffung am 17. Februar, wurde Högel auch zu einem inzwischen über zwei Jahrzehnte zurückliegenden Mordfall im Jahr 2001 im Klinikum Oldenburg befragt, für den er bereits verurteilt wurde. Er soll diesem Patienten am Tag der Einlieferung ohne Indikation ein Medikament gespritzt haben.

Eine der Verteidigerinnen konfrontierte ihn überraschend damit, dass er laut Aktenlage am Tag der Einlieferung des Patienten gar nicht im Dienst gewesen sei, sondern erst Stunden später angefangen habe. „Dazu kann ich nichts sagen“, antwortete der Zeuge zunächst. Später wies er darauf hin, dass er zu der Zeit auch Doppelschichten übernommen habe, dies aber möglicherweise nicht dokumentiert worden sei.

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Högel wurde auch mit seiner polizeilichen Vernehmung aus dem Jahr 2017 konfrontiert, an die er sich teilweise oder mitunter gar nicht mehr erinnern konnte. Bei den Fragen spielte auch eine Rolle, ob er sich bei seiner damaligen Erinnerung auf Aufzeichnungen oder ihm zur Verfügung gestellte Krankenakten stützte oder sich von sich heraus an Taten und Umstände erinnerte.

Bis Ende November sind für den Prozess insgesamt 42 Verhandlungstage angesetzt. Er soll am 24. März mit dem dann sechsten Prozesstag und der weiteren Vernehmung Högels fortgesetzt werden. Gegen einen achten Angeklagten, einen Pflegeleiter aus Delmenhorst, wurde das Verfahren aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt. (dpa/mp)

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