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Aufnahme der Kreuzkirche ín Lübeck.
  • Auch sie soll verkauft werden: Die Kreuzkirche in Lübeck.
  • Foto: picture alliance/dpa/Markus Scholz

Kirche zu verkaufen: Baujahr 1969, solider Bau, angenehme Lage

Möchten Sie eine Kirche kaufen? Was wie ein schlechter Scherz klingt, ist wahr – und für die Mitglieder der Gemeinde St. Jürgen in Lübeck ein schwerer Schlag: Zwei ihrer geliebten Kirchengebäude sollen veräußert werden. Der Schritt sei unvermeidbar, meint der Gemeinderat. Mitgliederschwund und sinkende Einnahmen machen den Kirchengemeinden in ganz Deutschland zu schaffen. Doch es gibt auch ermutigende Gegenbeispiele.

Seit rund zwei Jahren wird in der Kirchengemeinde St. Jürgen in Lübeck über die Aufgabe von zwei Kirchen diskutiert. Jetzt steht die Entscheidung: Zwei der fünf Kirchengebäude der Gemeinde sollen verkauft werden. Die Entwicklung der Mitgliederzahlen und die schrumpfenden Kirchensteuereinnahmen machten diesen Schritt unumgänglich, sagte der Vorsitzende des Kirchengemeinderates, Pastor Heiko von Kiedrowski.

Lübeck: Zwei von fünf Kirchen werden verkauft

Betroffen von den aktuellen Plänen sind die Kreuzkirche und die St.-Augustinus-Kirche. Der Grundstein für die Kreuzkirche wurde 1969 gelegt, der Bau der Augustinus-Kirche begann Anfang der 1970er Jahre. Kaufinteressenten für beide Gebäudeensembles gibt es den Angaben nach bislang noch nicht.

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Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg von Kirchen trennt. Im Jahr 2007 wurde die St.-Michael-Kirche im Lübecker Vorort Siems verkauft. In ihr betreibt heute ein privater Eigentümer eine Kerzenmanufaktur. Auch die St. Lazarus-Kirche wurde profaniert, also entweiht, und wird heute von einem Orgelbauer als Werkstatt genutzt. Die Melanchthon-Kirche in der Nähe des Hauptbahnhofs wurde dagegen abgerissen.

„Vor allem wegen des Zustroms an Flüchtlingen aus Pommern und Ostpreußen nach Lübeck wurden in den 1960-er und 1970-er Jahren im Kirchenkreis viele neue Kirchen gebaut“, sagte die Pröpstin des Kirchenkreises, Petra Kallies. „1970 gehörten zur St. Jürgen-Gemeinde noch mehr als 27.000 Menschen, heute sind es noch 12.000. Da sind fünf Kirchen einfach zu viel“, sagte sie.

Propst: „Kirchen haben eine besondere Rolle“

Nicht nur der Kirchenkreis Lübeck hat sich in den vergangenen Jahren von Gotteshäusern trennen müssen. So wurden im Kirchenkreis Ostholstein nach Angaben von dessen Sprecher Marco Heinen seit 2012 vier Kirchen und Kapellen aufgegeben. „Heute dient unter anderem die Friedenskirche in Neudorf bei Eutin als Kirchenkreisarchiv, eine ehemalige Kapelle in Riepsdorf wird heute von einem örtlichen Handwerksbetrieb als Lager und Sozialraum für seine Belegschaft genutzt“, sagte Heinen.

Der Kirchenkreis Mecklenburg dagegen geht einen anderen Weg. „Unsere rund 660 Feld- und Backsteinkirchen sind nicht nur Orte des kirchengemeindlichen Lebens und des Gottesdienstes, sondern auch touristische Anziehungspunkte und kommunikative Orte in den Städten und Dörfern“, sagte der mecklenburgische Propst Dirk Sauermann. Die Aufgabe von Kirchen sei daher die Ausnahme. Stattdessen bemühe sich der Kirchenkreis um alternative Nutzungskonzepte.

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„Kirchen im ländlichen Raum sind oft der einzige Ort für Kommunikation und Kultur und haben so eine zweite besondere Rolle“, sagte Sauermann. „Und so gibt es neben dem Gottesdienst zahllose offene Angebote in Kirchen wie Konzerte, Ausstellungen und Kinoabende. Zunehmend gibt es auch eine gemeinsame Nutzung kirchlicher Räume mit der Kommune.“

Viele Gemeindemitglieder reagieren zurückhaltend auf die geplante Aufgabe

Zu viele Kirchen bei sinkenden Mitgliederzahlen, dazu hohe Energie- und Sanierungskosten – vor diesem Problem steht auch die katholische Kirche. „Seit 2012 sind im Erzbistum Hamburg 13 Kirchen profaniert worden“, sagte der Sprecher des Erzbistums, Manfred Nielen. „Sie sind zum Teil verkauft und abgerissen worden. Zum Teil werden sie anders genutzt.“ So sei eine katholische Kirche in Neumünster zur Kita umgebaut worden, die weiterhin von der katholischen Kirche betrieben werde.

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In Lübeck reagieren viele Gemeindemitglieder zurückhaltend auf die geplante Aufgabe der Kreuzkirche und der St.-Augustinus-Kirche. Viele sähen darin einen Verlust ihres Sozialraums, sagte von Kiedrowski. „Aber bei einer Kirchenmitgliedschaft von nur noch 50 Prozent können wir es uns einfach nicht mehr leisten, Räume als soziale Treffpunkte zur Verfügung zu stellen.“ (mp/dpa)

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