Gericht
  • Der Angeklagte (M) unterhält sich im Sitzungssaal im Landgericht Kiel mit seinem Anwalt (Archivbild).
  • Foto: picture alliance/dpa | Marcus Brandt

Frau entführt, in verlassenen Hangar gesperrt und vergewaltigt – lange Haftstrafe

Zwölf Jahre und sechs Monate Haft: Mit diesem Urteil endet der Prozess gegen einen 27-Jährigen um die Geiselnahme einer Frau in Kiel. Die Liste der weiteren Straftaten des Angeklagten ist lang.

Wegen Geiselnahme in einem besonders schweren Fall, mehreren Vergewaltigungen, Freiheitsberaubung und Körperverletzung hat das Landgericht Kiel einen 27-Jährigen zu zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zugleich ordnete die Kammer am Nachmittag Sicherungsverwahrung für den in Kiel lebenden Deutschen an.

Schilderung der Taten und Urteilsbegründung dauern fast zwei Stunden

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im September 2023 eine damals 29-Jährige in einem Hangar auf dem ehemaligen Gelände des Marinefliegergeschwaders 5 in Kiel festgehalten hat. Die Frau war von Spezialkräften der Polizei befreit worden.


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Doch die Liste der Straftaten, denen sich der Mann nach Auffassung des Gerichtes schuldig gemacht hat, ging über die Entführung hinaus. Und so dauerte auch die Schilderung der Taten und die Urteilsbegründung vor dem Landgericht Kiel fast zwei Stunden.

Nachdem der Prozess zunächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt worden war, ließ das Gericht am letzten Tag Zuhörerinnen und Zuhörer zu. Es gebe ein erhöhtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, sagte der Vorsitzende Richter Stephan Worpenberg.

Er schilderte die Straftaten, die der Angeklagte an zwei Frauen begangen hat. 2017 hatte er eine Beziehung mit einer Frau, die er durch ständige Kontrolle und Verbote bedrängte, sie mehrfach schlug und in einem Fall vergewaltigte.

Chatverläufe als Fundgrube bei der Aufarbeitung

Weitaus schwerer wogen noch die Taten, denen sich der Angeklagte gegenüber einer weiteren Frau im Jahr 2023 schuldig machte. Per Whatsapp machte er dieser immer wieder Vorwürfe, überwachte sie, forderte, sie solle alle Kontakte zu anderen Männern abbrechen und nicht mehr in Clubs gehen. Und er kündigte aggressive Reaktionen in Fällen von Fehlverhalten an. Aus diesen Chats las der Richter immer wieder vor. Sie seien eine Fundgrube bei der Aufarbeitung der Fälle, sagte er.

Den Worten aus den Chats ließ der Angeklagte Taten folgen, schlug die Frau und peitschte sie mit einem Gürtel aus, sperrte sie in der Wohnung ein. Als sie in Hamburg zu einer Tanzveranstaltung ging, passte er sie auf dem Rückweg ab, schlug mit einem Cricketschläger auf sie ein und brachte sie dann mit schweren Brüchen und Prellungen in die Notaufnahme eines Krankenhauses. 

Geiselnahme auf dem MFG5-Gelände

Am 10. September 2023 nahm er die Frau schließlich nachts mit vorgehaltenem Messer vor ihrer Wohnung in Rendsburg als Geisel, zwang sie in ein Taxi und fuhr mit ihr zum Gelände des früheren Marinefliegergeschwaders 5 (MFG5), das er aus seiner Zeit bei einer Security-Firma kannte. Laut Urteilsbegründung des Richters ging er mit ihr zu Hangar 94, hatte Kabelbinder dabei und fesselte die Frau damit in einem Raum an eine Heizung. Dort vergewaltigte er sie demnach insgesamt zehn Mal, darunter zweimal besonders schwer, als er sie mit dem Messer bedrohte.

Als er am 12. September das Gebäude verließ, um Essen zu holen, gelang es der Frau, sich zu befreien und in einem Container zu verstecken. Mit ihrem Handy setzte sie einen Notruf ab, Spezialkräfte der Polizei spürten sie auf und nahmen den Täter fest. Seit dem 13. September 2023 sitzt er in Untersuchungshaft.

Vor Gericht hatte der Angeklagte ein Geständnis abgelegt, das er am 27. September, als das Urteil schon gesprochen werden sollte, zunächst widerrief. Vor kurzem hatte er diesen Widerruf dann zurückgenommen.

Sachverständiger spricht von „herabgesetzter Impulskontrolle“

Ein Sachverständiger im Prozess hatte beim Angeklagten psychopathische Züge entdeckt und eine „narzisstische Person mit herabgesetzter Impulskontrolle“ diagnostiziert, der es an Einfühlungsvermögen fehle. Der Angeklagte sei schnell kränkbar und hoch manipulativ. 

Vor allem psychisch instabile Frauen seien durch ihn erheblich gefährdet, sagte der Richter. Der Angeklagte habe einen Hang dazu, solche Frauen zu unterdrücken und zu verfolgen. Wegen dieser erheblichen Gefahr habe man die Sicherungsverwahrung angeordnet. „Wir hoffen, dass Sie den Weg in eine Therapie finden“, sagte der Richter zum Schluss zum Angeklagten.

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Innerhalb einer Woche kann der Angeklagte jetzt Revision gegen das Urteil einlegen. „Das ist ein relativ hohes Strafmaß, das hatte sich aber angedeutet“, sagte der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Philip Storjohann. Sicherungsverwahrung werde gegen nicht Vorbestrafte nur sehr selten verhängt. Sein Mandant solle das Urteil jetzt sacken lassen und dann überlegen, ob er Revision einlegen will.

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