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Der Prozess zum Dreifach-Mord in Dänischenhagen bei Kiel beginnt möglicherweise im November.
  • Der Prozess zum Dreifach-Mord in Dänischenhagen bei Kiel beginnt möglicherweise im November.
  • Foto: picture alliance/dpa | Axel Heimken

Dreifach-Mord bei Kiel: Warum schoss der Zahnarzt?

Es ist eine Tat, die Kiel und einen idyllischen Vorort stundenlang in Atem hält. Dann stellt sich ein Zahnarzt der Polizei und gesteht, seine Frau und zwei Männer erschossen zu haben. Nun muss ein Gericht Motiv und wahrscheinliches Tatszenario klären. 

Nachbarn hören am Vormittag des 19. Mai Schusssalven. Kurz darauf findet die Polizei in einem Doppelreihenhaus in dem idyllischen Vorort Dänischenhagen bei Kiel zwei blutüberströmte Leichen – eine 43 Jahre alte Mutter von vier Kindern und einen zehn Jahre älteren Mann. Am Tatort auch jede Menge Patronenhülsen. Der Täter ist flüchtig. 

Dreifach-Mord bei Kiel – bald möglicher Prozessauftakt für Zahnarzt

Die mit Hubschraubern und einem Großaufgebot ausrückenden Beamten fahnden auch im Kieler Brauereiviertel und legen den Stadtteil zeitweise lahm. Das Fluchtfahrzeug des Täters soll dort gesehen worden sein. Am Abend Entwarnung: Ein Zahnarzt aus Westensee bei Kiel stellt sich im Hamburger Landeskriminalamt der Polizei. 

Dabei räumt der 47-Jährige nach Angaben der Staatsanwaltschaft Todesschüsse auf drei Menschen ein, darunter seine Ehefrau. Eine der mutmaßlichen Tatwaffen hat er demnach noch bei sich. Die Pistole wird sichergestellt. Danach finden Polizeibeamte auf Hinweis des Mannes in Kiel eine dritte Leiche. Auch der 52-Jährige wurde mit mehreren Schüssen getötet.

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Seither bemühen sich die Ermittler Ablauf, Motive und Hintergründe der Todesschüsse zu klären, denn der Zahnarzt schweigt. Zum Warum und dem genauen Tathergang macht er keine Angaben. Auch seine Verteidigerin, die Lübecker Rechtsanwältin Lena Alpay-Esch, will sich auf Anfrage „derzeit nicht äußern“. Möglicherweise ab November muss sich ihr Mandant für die Aufsehen erregenden Verbrechen vor dem Kieler Landgericht verantworten. Die Vorwürfe: zweifacher heimtückischer Mord und Totschlag.

Nach den tödlichen Schüssen von Dänischenhagen und Kiel suchte die Polizei im Nord-Ostseekanal nach Waffenteilen. Axel Heimken/ dpa
Taucher der Polizei steigen in den Nord-Ostseekanal ein.
Nach den tödlichen Schüssen von Dänischenhagen und Kiel suchte die Polizei im Nord-Ostseekanal nach Waffenteilen.

Dreifach-Mord bei Kiel: Tausende Seiten Akten erwartet

Noch aber trägt die Kieler Staatsanwaltschaft die Vielzahl der Ermittlungsergebnisse aus Obduktionen, Tatort-Spurenanalyse und Zeugenaussagen zusammen und bereitet die Anklage vor. Sie könnte vielleicht noch im Oktober zum Schwurgericht erhoben werden. Zum genauen Zeitpunkt hält sich der Leiter der Abteilung für Kapitalverbrechen, Oberstaatsanwalt Achim Hackethal, bedeckt. Er bestätigt nur, dass er „den Abschlussbericht der Mordkommission und tausende Seiten Akten“ erwarte. Auch Gerichtssprecher Markus Richter will sich zum Zeitpunkt des möglichen Prozessbeginns nicht festlegen – zumal die Anklage noch nicht vorliege.  

Vieles an dem Fall liegt noch im Dunkeln. Die 43 Jahre alte Ehefrau des Zahnarztes und der 53-jährige Mann an ihrer Seite, ein bekannter Kieler Kite-Surfer, sollen mit Schüssen aus einer vollautomatischen Maschinenpistole vom Typ Uzi erschossen worden sein. Die Herkunft der Waffe ist unklar.

Beide Opfer waren nach Angaben der Ermittler zum Tatzeitpunkt gegen 10 Uhr vormittags völlig arg- und wehrlos. Am Tattag nennt die Polizei „Eifersucht und eine Beziehungstat“ als mögliches Motiv. 


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Die 43-Jährige habe sich laut Staatsanwaltschaft wegen der Gewaltausbrüche und brutalen Misshandlungen ihres Mannes von ihm getrennt und eine gerichtliche Gewaltschutzanordnung erwirkt. Am Tatmorgen befindet sie sich in der Doppelhaushälfte ihres zehn Jahre älteren Bekannten. Ob die beiden ein Paar oder nur gut befreundet waren, dazu macht die Staatsanwaltschaft „keine Angaben“. 

Auch zum Verhältnis des mutmaßlichen Täters zum dritten Toten, der eine Frau und drei erwachsene Kinder hinterlässt, äußert sich die Staatsanwaltschaft nicht. Der Rechtsanwalt der Angehörigen des Toten, Jan Kürschner, verweist darauf, dass der 52 Jahre alte Elektriker aus Westensee und der Zahnarzt, der in Westensee Haus und Praxis hatte, gut bekannt gewesen seien. 

Rechtsanwalt zu Dreifach-Mord von Kiel: „Sicherungsverwahrung prüfen“

Doch habe der Elektriker für die Ehefrau des Zahnarztes zu deren Schutz vor ihrem Mann Kameras installiert, sagt Kürschner. Er stuft die tödlichen Schüsse auf die Ehefrau als „klassischen Femizid“ ein. Die beiden anderen Taten bezeichnet er als „nicht nachvollziehbar“. Dies sei womöglich „ein Grund, Sicherungsverwahrung zu prüfen“, sagt er.  

Zum Zahnarzt selbst, einem passionierten Jäger und Waffensammler, der laut Staatsanwaltschaft seine Waffen nach den gewalttätigen Übergriffen auf seine Frau abgeben musste, gibt es etliche Spekulationen in Medien. Auch zu dem 48 Jahre alten Mann, dem der Zahnarzt nach eigenen Angaben vor seiner Fahrt zum Landeskriminalamt in Hamburg die Uzi auf das Grundstück legte, gibt es diverse Vermutungen. 

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Dieser mutmaßliche Helfer des 47-jährigen Deutschen – ein 48-jähriger Millionärssohn – soll die Uzi nach eigenen Angaben den Ermittlern gegenüber in mehrere Teile zerlegt und unter anderem in der Kieler Förde und im Nord-Ostsee-Kanal versenkt haben. Die meisten Teile wurden von Polizeitauchern gefunden. 

Zu den Medienspekulationen schweigt die Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung. Oberstaatsanwalt Hackethal sagt lediglich: „Wir ermitteln in alle Richtungen.“

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