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Besucher stehen vor einer brennenden Strohpuppe im traditionellen Biikefeuer in Simonsberg bei Husum (Schleswig-Holstein)
  • Traditionell werden mit dem Biikefeuer auch Strohpuppen verbrannt. (Archivbild)
  • Foto: Carsten Rehder/dpa

Besonderer Brauch im Norden: Die Legende der berühmten Biikefeuer

In Nordfriesland sind die Biikefeuer jedes Jahr ein wichtiges Event für Einheimische und Touristen – sie gelten sogar als UNESCO-Kulturerbe. Um die Tradition ranken sich viele Geschichten. Etwa die, dass sie entzündet wurden, um Walfänger zu verabschieden, heidnische Götter zu ehren oder einfach den Winter zu vertreiben. Was steckt wirklich dahinter?

Am 21. Februar lodern auf den Inseln und auf dem nordfriesischen Festland wieder zahlreiche Biikefeuer. Auf Sylt sind es neun und auf Amrum in jedem der fünf Inseldörfer eines, wie die Tourismusagentur Schleswig-Holstein mitteilte. Auch auf dem Festland, etwa in St. Peter-Ording, Husum, am Stollberg bei Bredstedt, Tönning und Drelsdorf brennen Biiken. Und allein auf Föhr werden 13 Feuer entzündet. Hier wird zudem traditionell die Strohpuppe „Piader” verbrannt. 

Biikebrennen: Feuerstellen auf Inseln und Festland

Die Volkskundlerin und Sprachwissenschaftlerin Antje Arfsten kommt aus einem kleinen Dorf auf Föhr. Wenn sie sich an das Biikebrennen ihrer Kindheit erinnert, gerät sie ins Schwärmen. Auf Föhr sei die Biike ein Fest für und von Kindern und Jugendlichen gewesen. „Eigentlich waren die Kinder die Brauchtumsträger”, sagte die Mitarbeiterin des Nordfriisk Instituuts.

Die Erwachsenen hätten sich im Hintergrund gehalten. Mit Hilfe von Jugendlichen hätten die Jüngeren Brennmaterial eingesammelt und auch auf die aufgeschichteten Haufen aufgepasst – damit die Kinder aus den Nachbarorten die Biiken nicht vorzeitig entzündeten, erinnerte sich Arfsten. In der Schule sei es ein Riesenthema gewesen: Wer hat schon angefangen zu sammeln? Wer hat den größten Haufen? Auch die „Piader” hat die Föhrer Jugend damals selbst gebastelt.

An Biike hätten die Kinder auch Sachen gedurft, die sonst nicht erlaubt waren, Rauchen zum Beispiel, erzählte Arfsten. Dies sei auch schon so gewesen, als ihre Eltern – Jahrgang 1939 und 1938 – noch jung gewesen seien. „Das war für mich ein großes Abenteuer. Das war alles total spannend.” 

Traditionell werden in der Nacht zum 22. Februar in Friesland Biikefeuer veranstaltet. (Archivbild) Carsten Rehder/dpa
Besucher stehen am Strand von St. Peter-Ording (Schleswig-Holstein) vor dem Biikefeuer.
Traditionell werden in der Nacht zum 22. Februar in Friesland Biikefeuer veranstaltet. (Archivbild)

Das Biikebrennen gehört ebenso wie die Osterfeuer zu den Frühlingsfeuern, wie sie in ganz Deutschland an vielen Orten und verschiedenen Terminen abgebrannt werden, sagt der Direktor des Nordfriisk Instituuts, Christoph Schmidt. Es sei ein klassisches Winteraustreibungsfeuer, ein Fastnachtsfeuer. 

Biikefeuer gibt es allerdings nur in Nordfriesland. „Es ist ein nordfriesischer Brauch”, sagte Schmidt. „So etwas wie einen interfriesischen Brauch gibt es, soweit ich weiß, gar nicht.” Dies liege auch daran, dass die Aufteilung zwischen den Friesenlanden schon sehr lange her sei.

Moderne Tradition: Biikefeuer sind UNESCO-Kulturerbe

Im Laufe der Jahrhunderte erfuhren die Biiken – das friesische Wort bedeutet so viel wie Bake oder Feuermahl – zahlreiche Wandlungen. Eine Zeit lang war diese Tradition vielerorts in Nordfriesland sogar fast verschwunden, wie Schmidt sagte – bis sie im 19. Jahrhundert eine Renaissance erfuhr. 

In dieser Zeit wurde auch der 21. Februar als einheitliches Datum für das Biikebrennen festgelegt. „Hier ist der Ursprung der modernen Biiketradition zu sehen”, heißt es dazu auf den Internetseiten der deutschen Unesco-Kommission. 2014 wurde das Biikebrennen in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Friesische Legenden: Woher kommt die feurige Tradition?

Aus dem 19. Jahrhundert stammen auch viele der Legenden, die sich um die Biike ranken. Viele sind Fantasieprodukte; erfunden beispielsweise von dem bekannten Sylter Chronisten und Autor Christian Peter Hansen. Dieser habe wirklich viel gesammelt, durchaus mit einem gewissen wissenschaftlichen Anspruch, sagte Schmidt. „Aber auch mit diesem etwas pathetischen Blick.” 

Die Vorstellung, mit dem Feuer werde der Gott Wotan verehrt, gehört ebenso in das Reich der Mythen wie diejenige, dass mit den Feuern die auslaufenden Walfänger verabschiedet wurden. Am Vorabend des Petritags hätten sich auf Sylt zwar Seeleute, Reeder und Kapitäne versammelt, um ihre Abfahrten zu besprechen und Heuerverträge für die neue Fangsaison abzuschließen. Das heiße aber nicht, dass am 22. die Schiffe alle ausgefahren seien, sagte Schmidt. 

Traditionell wird beim Biikebrennen der Winter verabschiedet. (Archivbild) Carsten Rehder/dpa
Besucher prosten sich beim traditionellen Biikefeuer in Simonsberg bei Husum (Schleswig-Holstein) zu.
Traditionell wird beim Biikebrennen der Winter verabschiedet. (Archivbild)

Bis Anfang der 1970er-Jahre waren die Biiken vor allem auf den Inseln verbreitet. Das änderte sich mit dem wiedererwachenden nordfriesischen Bewusstsein. Eine Gruppe junger Friesen entzündete 1972 auf dem Stollberg bei Bredstedt ein großes Biikefeuer. Dies habe dann relativ schnell Nachahmer gefunden „und spätestens seit 1972 ist das wirklich ein Kennzeichen von Nordfriesland. Es ist eine moderne Tradition”, sagte Schmidt. Eine Tradition, diemittlerweile nicht mehr nur bei Einheimischen, sondern auch bei vielen Touristen beliebt ist.

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Schleswig-Holsteins Landtagspräsidentin Kristina Herbst würdigte wenige Tage vor dem traditionellen Biikebrennen die aus ihrer Sicht typischen friesischen Werte. Zur friesischen „DNA” gehörten Offenheit, Gemeinsinn, Zusammenhalt, Optimismus und der feste Glaube an die Zukunft, teilte Herbst am Samstag anlässlich des Biike Empfangs auf der Nordseeinsel Sylt mit. „Halten Sie daran fest!” (dpa/mp)

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