Zwei junge Männer vor Filmplakat

Maik Lüdemann (l.) und Maximilian Ahrens, Regisseure des Films „Kein Land für niemand“. Foto: Anne Kohstall hfr

Zwei Hamburger Filmemacher und die Dramen an Europas Außengrenzen

kommentar icon
arrow down

Grenzen dichtmachen, Abschiebungen steigern – das sind die Forderungen, die die öffentliche Asyldebatte bestimmen, längst nicht mehr nur unter AfD-Anhängern. Die Hamburger Filmemacher Maik Lüdemann (30) und Maximilian Ahrens (29) wollen mit ihrem Dokumentarfilm „Kein Land für niemand“ einen Gegenpol zum Zeitgeist setzen.

Der Kapitän hat gerade einen Notruf erhalten: Irgendwo da draußen treibt ein Boot mit Menschen durch die Nacht, Flüchtlinge, die sich auf den lebensgefährlichen Weg von Afrika nach Europa gemacht habe. Der Kapitän trägt die Koordinaten in die Seekarte ein, kurz darauf werden erschöpfte Menschen an Bord genommen.

Eingangsszene des Films: Auf der Brücke der Sea Eye 4 sind gerade die Koordinaten eines Flüchtlingsbootes in Seenot eingetroffen Nashorn Filmhaus
Männer beugen sich über eine Karte
Eingangsszene des Films: Auf der Brücke der Sea Eye 4 sind gerade die Koordinaten eines Flüchtlingsbootes in Seenot eingetroffen

Als die Lebenden das überfüllte Boot verlassen haben, werden die Leichen sichtbar – es sind eindrucksvolle Bilder, mit denen die Dokumentation startet. Solche Rettungsaktionen werden in Zukunft immer schwieriger: Die Bundesregierung hat die Förderung der zivilen Seenotrettung vor wenigen Tagen eingestellt, weil besonders die CDU darin eine Förderung der irregulären Migration nach Europa sieht.

Drei Jahre Dreharbeiten

Drei Jahre dauerten die Dreharbeiten der beiden Hamburger Regisseure auf dem Mittelmeer und in Flüchtlingslagern, im EU-Parlament und in einer AfD-Hochburg in Sachsen – und das Ergebnis ist absichtlich nicht neutral und ausgewogen, sondern ein parteiisches Plädoyer gegen das, was Maik Lüdemann und Maximilian Ahrens „Die Abschottung eines Einwanderungslandes“ nennen.

Maik Lüdemann (30, l.) und Max Ahrens (29) haben drei Jahre für die Dokumentation „Kein Land für niemand“ gedreht. Anne Kohstall hfr
Zwei junge Männer bei Dreharbeiten
Maik Lüdemann (30, l.) und Max Ahrens (29) haben drei Jahre für die Dokumentation „Kein Land für niemand“ gedreht.

Wie nehmen die beiden die Kaltschnäuzigkeit wahr, mit der die Debatte um die Rettung ertrinkender Menschen teilweise geführt wird? All der Hass? „Es ist was ins Rutschen gekommen“, sagt Max Ahrens: „In der demokratischen Mitte werden inzwischen Menschenrechte infrage gestellt.“  Die Ängste etwa nach einem Messerangriff auf einem Volksfest seien verständlich, ergänzt Maik Lüdemann: „Aber es kann nicht sein, dass die Abschottung Europas als einzige Lösung präsentiert wird.“

„Anstrengendstes Projekt unseres Lebens“

Gefestigte AfD-Wähler wird der Film sicher nicht zum Umdenken bringen, Sympathisanten der Seenotretter erfahren nichts Neues. An wen also richten sich die beiden Filmemacher? „An die vielen Menschen, die noch offen sind für andere Positionen als die, die gerade die Öffentlichkeit beherrschen“, sagt Maik Lüdemann.

Landung in Lampedusa: Eine gerettete Mutter mit ihrem Kind verlässt die Sea Eye 4 Nashorn Filmhaus
Frau mit Baby verlässt Rettungsschiff
Landung in Lampedusa: Eine gerettete Mutter mit ihrem Kind verlässt die Sea Eye 4

Sea-Eye, Sea-Watch, United4Rescue, German Doctors, Pro Asyl und das Mennonitische Hilfswerk haben den Film finanziert, der „das anstrengendste Projekt“ ihres Lebens war, wie Maik Lüdemann und Maximilian Ahrens bei der Hamburger Premiere in der Astor Film Lounge erklären. 2014 haben sie sich im Filmstudium kennengelernt, wurden Freunde und WG-Genossen, drehten Kurzfilme und Social Media Spots für soziale Organisationen.

Das könnte Sie auch interessieren: Tobi Schlegl als Seenotretter: „Ohne unsere Hilfe wäre der Junge gestorben“

Der Anspruch an ihren ersten Kinofilm: riesig. Ein „Panorama“ soll das Debüt sein, der Blick reicht von den aus Flugzeugen dokumentierten Menschenrechtsverletzungen durch die libysche Küstenwache, über die Migrationsdebatten im EU-Parlament bis zum Kampf eines einzelnen Linken-Politikers in Sachsen. Es gibt keine Erklärungen aus dem Off, aber immer wieder Interviews mit Abgeordneten und Wissenschaftlern, die die Haltung der Regisseure teilen.

Der politische Wind allerdings weht aus einer ganz anderen Richtung: Die zwei Millionen Euro, mit denen die Bundesregierung die zivile Seenotrettung bislang gefördert hat, wurden gerade aus dem Haushalt gestrichen.

Termine: 29. Juni, 13 Uhr  Astor Lounge, 1. Juli, 17.45 Uhr Astor Lounge,  8. Juli, 20 Uhr Dokumentarfilmsalon im B-Movie, Brigittenstr. 5 und  31. Juli, 21.45 Uhr, Schanzenkino Open Air

Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp
test