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Eine Postkarte zu Hagenbecks Schaustellung „Indien“ von 1906.
  • Eine Postkarte zu Hagenbecks Schaustellung „Indien“ von 1906.
  • Foto: Crieur-public

Weltmeister kritisiert Völkerschauen: Das sagt Hagenbeck zu den Vorwürfen

Menschen, wie Tiere ausgestellt und präsentiert: Völkerschauen, wie sie auch Carl Hagenbeck, Gründer des gleichnamigen Tierparks in Hamburg, im vergangenen Jahrhundert durchgeführt hat, stehen heute in der Kritik. Nun erhebt auch ein Ex-Fußballprofi schwere Vorwürfe gegen den Tierpark. Doch was sagt eigentlich Hagenbeck dazu?

Christian Karambeu, Weltmeister mit Frankreich, Champions-League-Sieger mit Real Madrid, heute Sportdirektor bei Olympiakos Piräus, ist ein Kanak-Nachfahre. Die Kanak sind ein Volk aus Neukaledonien, eine ehemalige französische Kolonie im Südpazifik. Wie er dem NDR berichtet, kam sein Urgroßvater Willy Karambeu 1931 mit rund 100 weiteren Kanak aus der Heimat nach Paris. Sie sollten ihre Heimat auf der Kolonialausstellung repräsentieren. Stattdessen wurden sie in einen Zoo gebracht und dort als angebliche Kannibalen zur Schau gestellt. „Sie mussten wilde Schreie ausstoßen, die Zähne fletschen. Alle Besucher sollten Angst haben“, erzählt Karambeu.

Hamburg: Kritik an Völkerschauen – das sagt Hagenbeck

Später geht es für seinen Urgroßvater nach Hamburg. Er und die anderen werden einfach weitergereicht, um dann in Hagenbecks Tierpark als „die letzten Kannibalen der Südsee“ präsentiert zu werden: Selbst bei Regen sollen sie barfuß und nahezu unbekleidet viele Stunden am Tag tanzen. „Wir möchten hier nicht länger bleiben“, schreiben sie in Briefen an den französischen Kolonialminister. Kurz darauf wird die Sache publik, und die Kanak können wieder in ihre Heimat zurück. Karambeu zum NDR: „Das hat meinen Urgroßvater nie losgelassen. Er fühlte sich wie ein Sklave.“

Im vergangenen Jahr hatte es mehrere Proteste vor dem Tierpark gegeben. Privat.
Im vergangenen Jahr hatte es mehrere Proteste vor dem Tierpark gegeben.
Im vergangenen Jahr hatte es mehrere Proteste vor dem Tierpark gegeben.

Auf MOPO-Nachfrage verweist der Tierpark darauf, dass man sich „seit längerer Zeit und umfassend mit seiner historischen Vergangenheit“ beschäftige, auch im Austausch mit Museen. Eine Sprecherin: „Da dieser fortlaufende Prozess aber noch nicht abgeschlossen ist, bitten wir um Verständnis, dass wir uns derzeit noch nicht zu diesem Thema abschließend äußern möchten.“ Kein Fortschritt also seit dem vergangenen Jahr, in dem die MOPO mehrmals nachhakte, nachdem es Petitionen und Aktionen gab, die forderten, die Statue Carl Hagenbecks zu entfernen. Erst hieß es seitens der Geschäftsführung sogar nur: „Der Tierpark ist stolz auf seinen Gründer und das bleibt auch so.“ Später revidierte man dies, beschwichtigte und versprach Aufklärung – die bis heute aber ausblieb.

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„Wir haben viel zu lange vor unserer kolonialen Vergangenheit die Augen verschlossen“, sagt Enno Isermann, er ist Sprecher der Hamburger Kulturbehörde. Seit 2014 arbeite man daher diese in einem „sehr umfangreichen Prozess“ auf. Hierzu gebe es bereits ein gemeinsam erarbeitetes Papier für ein dekolonisierendes Erinnerungskonzept, das in einen Senatsbeschluss münden soll. „Dieser Prozess wird derzeit vom Museumsreferat gesteuert“, so Isermann. 


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Teil dieses Prozesses sei auch, dass sich „möglichst alle Einrichtungen“, die in ihrer Geschichte koloniale Bezüge haben, sich diesem Teil ihrer Geschichte stellen und diesen aktiv aufarbeiten. So habe es auch Gespräche mit Hagenbeck gegeben. Isermann: „Unser Eindruck war, dass sich der Tierpark nun seiner Geschichte stellen will. Wir haben ihn ausdrücklich dazu ermutigt und werden dies auch erneut tun. Es ist dringend notwendig, dass wir uns als Gesellschaft unserer kolonialen Vergangenheit bewusst werden, dass wir uns dieser stellen und diese auch mit den Nachkommen der Opfer aktiv aufarbeiten.“

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