Sommelier Christian Scholz ist Experte beim Thema Luxus-Weine.
  • Sommelier Christian Scholz ist Experte beim Thema Luxus-Weine.
  • Foto: picture alliance/dpa/Daniel Bockwoldt

Weine für Zigtausend Euro: So schützt ein Hamburger Luxus-Hotel Gäste vor Fälschungen

Der Hammer muss nicht herhalten, um eine Flasche französischen Spitzenweins nach dem Genuss zu vernichten. Aber im Kampf gegen Fälschungen sind Finesse und Handarbeit gefragt – auch in einem Hamburger Luxushotel.

Wenn er im 110 Jahre alten Weinkeller des Hotels „Vier Jahreszeiten“ die Stahltür zum Raritätenlager aufschließt, ist Christian Scholz in seinem Element. Der 38-Jährige ist Chef-Sommelier des Fünf-Sterne-Traditionshauses an der Hamburger Alster und in dieser Funktion eine Art Schatzhüter. Vor allem in den Augen von Weinliebhabern, die sich auch von bis zu fünfstelligen Summen für eine Flasche nicht abschrecken lassen.

Hamburg: Der Sommelier muss jede Flasche dokumentieren

Rund 400 Flaschen warten im Raritätenlager des Backstein-Kellers unter dem Arkadengang der Colonnaden darauf, oben in einem der Hotel-Restaurants geöffnet zu werden. Vor allem ein Name hat für Weinliebhaber fast schon mythischen Klang: „Romanée-Conti“. Und anhand des Roten aus dem wohl berühmtesten Weingut im Burgund erklärt Scholz, welche Luxusprobleme es beim Kauf, Handel und Umgang mit Spitzenweinen gibt.

Die Weinflaschen im Raritäten-Weinkeller des Hotels „Vier Jahreszeiten“ kosten mehrere Tausend Euro. picture alliance/dpa/Daniel Bockwoldt
Die Weinflaschen im Raritäten-Weinkeller des Hotels „Vier Jahreszeiten“ kosten mehrere Tausend Euro.
Die Weinflaschen im Raritäten-Weinkeller des Hotels „Vier Jahreszeiten“ kosten mehrere Tausend Euro.

Denn wo Zigtausende für einen edlen Tropfen fällig werden können, sind potenzielle Betrüger nicht weit. „Fälschung ist ein Riesenthema“, sagt Scholz. Das wiederum hat Auswirkungen auf seinen Arbeitsalltag. Denn das Weingut will wissen, wo noch welche Flasche seines Spitzenweins lagert. Und das wiederum hat – ähnlich wie bei seltenen Briefmarken – Einfluss auf den weltweit zu zahlenden Preis.

„Um sicherzustellen, dass wir die Flaschen nicht weiterverkaufen, müssen wir jede Flasche dokumentieren“, sagt Scholz. „Der Händler sagt uns Bescheid, dass er das jetzt bräuchte, und dann machen wir das zeitnah, weil wir sonst keine weitere Lieferung bekommen.“

Experten raten vom teuren Weinkauf auf Ebay ab

Dazu müssten er sein Team einmal im Jahr alle „Romanée-Conti“-Flaschen mit einer tagesaktuellen Zeitung fotografieren und diese Bilder dann zum einzigen Deutschland-Importeur des Guts, Kierdorf Wein in Nordrhein-Westfalen, schicken. „Jede Flasche, die wir verkaufen, müssen wir mehr oder weniger entwerten“, berichtet Scholz. Dass man die Flasche im Restaurant mit dem Hammer zerstören müsse, sei aber nur ein Mythos.

„Also so weit geht es jetzt nicht. Ich zerkloppe nicht mit dem Hammer die Flasche, sondern es reicht, wenn wir das Etikett bemalen und den Korken zerschneiden“, sagt Scholz. Es gehe darum, dass man die Flasche nicht mehr benutzen kann, um Fälschungen entgegenzutreten.

Dies bestätigt auch Experte Konstantin Baum, der seit 2015 den Titel „Master of Wine“ tragen darf. Das Thema Fälschung sei ein großes Problem, das in der Branche gerne ein bisschen verschwiegen werde, sagt Baum. Denn: „Es ist relativ schwer sicherzustellen, dass die Weine nicht gefälscht sind – gerade, wenn es um den Sekundärmarkt geht.“ Daher rät er Weinliebhabern dringend davon ab, bei Ebay oder anderen Handelsplattformen teure Tropfen zu kaufen.

Gefälschte Weine sind auch Thema vor Gericht

Gerade für Weine aus den 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren gebe es oftmals keine Echtheitszertifikate. Denn es sei damals nicht absehbar gewesen, dass sich diese „zum absoluten Luxusprodukt“ entwickeln würden. „Es gibt keine Referenzen, wo man sagen kann, diese Kapsel oder dieses Etikett ist authentisch“, erläutert Baum.

Wenn jemand etwa eine alte Flasche „Romanée-Conti“ auf dem Flohmarkt kaufe und diese mit passendem Kork samt Kapsel versehe und dann „irgendeine Suppe“ reinfülle, könnte er den nächstbesten unwissenden Käufer betrügen. „Dieser denkt vielleicht, er macht ein Schnäppchen, weil die Flasche nur 4000 statt 14.000 Euro kostet“, sagt Baum. Aber eigentlich kaufe er vielleicht nur einen simplen Spätburgunder lieblich.

Auch Gerichte müssen sich immer mal wieder mit gefälschten Weinen befassen – so etwa vor dreieinhalb Jahren das Oberlandesgericht in Köln. Damals hatte eine Firma aus Bayern, die mit seltenen Weinen handelt, bei einem Händler 36 Flaschen zum Preis von fast 300.000 Euro gekauft – angeblich von „Romanée-Conti“ aus den Jahrgängen 2004 bis 2007. Danach verkaufte die Firma den Wein an einen Händler in Singapur weiter. Dieser vermutete aber eine Fälschung. Wie sich nach Gerichtsangaben später mit einer „speziellen Lupe“ feststellen ließ, waren nur 2 der 36 Flaschen echt.

Und woran erkennt man nun, ob eine Flasche „Romanée-Conti“ echt ist oder nicht? Die Antwort darauf gibt Scholz, als er im sieben Grad kalten Keller eine Flasche des Spitzen-Roten mit der Nummer 5828 von knapp 25.000 aus einer signierten Holzkiste holt. Hinten drauf das Etikett des Importeurs, der dem Hotel die Flasche verkauft hat, sowie die Flaschennummer und die Flaschenproduktion aus dem Jahrgang.

Weingut kennt eigene Flaschen im Hotel „Vier Jahreszeiten“

Dies seien nur einige der Merkmale, die auf jeder Flasche drauf sein sollen, um Fälschungen auszuschließen, berichtet Scholz. „Jeder kennt ein paar Merkmale, aber keiner kennt sie alle.“ Das Weingut und der Importeur wüssten aber genau, dass diese Flasche im Hotel „Vier Jahreszeiten“ liege.

Das Weingut habe zudem eine Abteilung, die weltweit Auktionskataloge durchforste, um eigene Weine aufzuspüren. „Und sollte eine Flasche zum Beispiel auf einer Auktion angeboten werden, wird das entsprechende Hotel nicht mehr beliefert“, sagt Scholz.

Das Weingut wolle verhindern, dass sein Wein zum Spekulationsobjekt werde. Aber das ist er längst. „Jeder Weintrinker würde gerne mal ein Fläschchen davon trinken, aber es gibt halt einfach nicht genug“, lautet Scholz‘ Erklärung.

Das könnte Sie auch interessieren: Wein hinter Gittern: Ein Blick in die Welt der Winebank Hamburg

Von den ganz großen Weinen liege der Preis auf dem sogenannten Graumarkt bei 20.000 bis 25.000 Euro. „Hier auf der Weinkarte gibt es den für ein Drittel des eigentlichen Preises“, sagt Scholz. Aber danach ist der Wein auf jeden Fall vom Markt. „Die Flasche muss im Hotel geöffnet und getrunken werden.“ (dpa/vd)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp