x
x
x
Iryna Tybinka
  • Iryna Tybinka, Generalkonsulin der Ukraine in Hamburg, kritisiert eine Feier in der Hamburger KZ-Gedenkstätte.
  • Foto: picture alliance/dpa/Marcus Brandt

Wegen Feier: Ukrainer üben heftige Kritik an Hamburger KZ-Gedenkstätte

Die Hamburger KZ-Gedenkstätte Neuengamme hat wegen des Kriegs in der Ukraine keine offiziellen Vertreter aus Russland und Belarus zum 77. Jahrestag des Kriegsendes eingeladen. Die ukrainische Generalkonsulin begrüßt das – übt aber dennoch heftige Kritik an der Gedenkfeier.

Nach scharfem Protest des ukrainischen Generalkonsulats in Hamburg hat die KZ-Gedenkstätte Neuengamme das Programm einer Veranstaltung zum 77. Jahrestag des Kriegsendes geändert. Generalkonsulin Iryna Tybinka hatte der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen vorgeworfen, weder Taktgefühl noch Einfühlungsvermögen im Zusammenhang mit dem von Russland geführten Krieg zu haben. Sie kritisierte insbesondere, dass das Programm für den 3. Mai auch einen Beitrag mit „Stimmen aus der ukrainischen/russischen Zivilgesellschaft“ vorgesehen hatte.

Ukrainischer Protest gegen Gedenkfeier in Hamburger KZ-Gedenkstätte

Die Generalkonsulin hinterfragte den Begriff Zivilgesellschaft mit Blick auf Russland: „Handelt es sich hier um die Gesellschaft, welche in der letzten unabhängigen Befragung zu 81 Prozent Freude, Stolz und Zufriedenheit über Putins Politik gegenüber der Ukraine empfand? Und deren Vertreter ukrainische Kinder und Frauen mit besonderem Vergnügen vergewaltigen, foltern und töten?“ Die Gedenkstätten-Stiftung präzisierte nun, dass Stimmen aus der Ukraine, aber auch den Krieg ablehnende Voten aus Russland und Belarus verlesen werden sollen.

Der ehemalige Häftlingsblock 1-4 am Appelplatz in der Hamburger KZ-Gedenkstätte Neuengamme. picture alliance/dpa/Markus Scholz
KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Der ehemalige Häftlingsblock 1-4 am Appelplatz in der Hamburger KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

Die Generalkonsulin begrüßte in ihrem Brief, dass die Veranstalter keine offiziellen Vertreter Russlands und Belarus‘ eingeladen haben. Am 12. April hatte die Stiftung erklärt: „Wir können es unseren aus vielen Staaten anreisenden Gästen nicht zumuten, dass sie und wir in diesem Jahr gemeinsam mit offiziellen Repräsentant:innen der Russischen Föderation und aus Belarus zu einem Gedenken zusammenkommen, während zeitgleich Russland mit Unterstützung von Belarus einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt.“


Der Newswecker der MOPO MOPO
Der Newswecker der MOPO

Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.


Nach Angaben des Generalkonsulats sicherte die Gedenkstätten-Stiftung zu, dass die russischen und belarussischen Nationalfarben nicht auf Kränzen oder woanders zu finden sein werden. Es sei ferner erklärt worden, dass es sich bei dem Austausch zwischen Vertretern der ukrainischen und russischen Zivilgesellschaft nicht um einen Versöhnungsversuch handele.

Das könnte Sie auch interessieren: Das gab’s noch nie – Nazi-Bild aus Hamburger Kirche geschnitten

Tybinka erinnerte daran, dass 77 Jahre nach der Auflösung des Konzentrationslagers keine Gedenktafel an die ukrainischen Häftlinge als größte Opfergruppe erinnere. „Trotz zahlreicher Appelle von ukrainischer Seite werden die Ukrainer bisher gezwungen, Blumen zur Gedenktafel mit der Aufschrift ‚UdSSR‘ (CCCP) niederzulegen, das heißt für ein weiteres Regime, das das ukrainische Volk gefoltert und getötet hat“, schrieb die Generalkonsulin. Tybinka hatte diese Kritik bereits bei einem Besuch der Gedenkstätte im Dezember geäußert.

Ein Gedenkstein mit den kyrillischen Schriftzeichen CCCP in der Hamburger KZ-Gedenkstätte Neuengamme, die übersetzt für „Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“ stehen. picture alliance/dpa/Ulrich Perrey
Ukrainischer Protest gegen KZ-Gedenkfeier
Ein Gedenkstein mit den kyrillischen Schriftzeichen CCCP in der Hamburger KZ-Gedenkstätte Neuengamme, die übersetzt für „Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“ stehen.

Die Sprecherin der Stiftung, Iris Groschek, bestätigte, dass auf einer Gedenktafel in Neuengamme das Kürzel „CCCP“ (UdSSR) zu sehen sei. Das Mahnmal sei 1965 eingeweiht worden und stehe unter Denkmalschutz. Auf 22 Steinen seien die Herkunftsnationen der Häftlinge verzeichnet, so wie sie vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs auf der politischen Landkarte existierten. Die Stiftung stehe mit der Kulturbehörde im Gespräch, wie ein Gedenkort für die große Zahl ukrainischer Opfer geschaffen werden könne, sagte Groschek. „Wir hoffen natürlich, dass hierfür eine schnelle und angemessene Lösung gefunden wird“, erklärte dazu das Generalkonsulat.

Das könnte Sie auch interessieren: Schröder nimmt Putin in Schutz – „Er hat Butscha nicht befohlen“

Tybinka will weiterhin nicht am 3. Mai nach Neuengamme fahren. Ein Sprecher des Generalkonsulats teilte aber mit: „Da uns das Gedenken an die ukrainischen Getöteten und aller Opfer anderer Nationen äußerst wichtig ist, prüfen wir inwieweit dennoch ein Vertreter des Generalkonsulats der Ukraine einen Kranz niederlegen wird. Dieser wird dann auch den jetzigen Opfern des totalitären russischen Regimes gewidmet sein.“ (dpa/mp)

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp