Waltraut Bachmann (100) sitzt in einem Sessel und hält eine Mopo in den Händen
  • Für Waltraut Bachmann gibt es keinen Tag ohne MOPO. Da macht sie auch an ihrem 100. Geburtstag keine Ausnahme.
  • Foto: Olaf Wunder

Was für ein Leben! Diese Hamburgerin feiert 100. Geburtstag

Sie wird am Dienstag 100 Jahre alt – und sie ist die treueste und wohl älteste MOPO-Abonnentin überhaupt, wie ihr Schwiegersohn behauptet. Klar, dass wir sie persönlich besuchen und sie beglückwünschen. Von Waltraut Bachmann ist die Rede, die trotz ihres hohen Alters immer noch selbstbestimmt in Ottensen in den eigenen vier Wänden wohnt. Allerdings ist das auch nur deshalb möglich, weil ein Haus weiter ihre engsten Angehörigen leben: die beiden Töchter Gunda (66) und Cornelia (70) mit ihren Familien. „Alle sind sehr lieb zu mir und helfen, wenn ich Hilfe brauche“, sagt das Geburtstagskind

Trotz ihres hohen Alters: Auf 100 Jahre Hamburg-Geschichte kann Waltraut Bachmann nicht zurückblicken. Sie stammt nicht aus dem Norden, ist kein Fischkopp, sondern wurde 1923 in Langenberg geboren, heute ein Stadtteil von Velbert in Nordrhein-Westfalen. Ihre Eltern hatten dort ein Lebensmittelgeschäft – einen Tante-Emma-Laden würden wir heute sagen. Den hat Waltraut Bachmann dann später übernommen und noch bis Anfang der 60er Jahre weitergeführt.

Im Bergischen Land in Nordrhein-Westfalen sind die Winter härter im Norden: Waltraut Bachmann als junge Frau. privat
Hundertjährige
Im Bergischen Land in Nordrhein-Westfalen sind die Winter härter im Norden: Waltraut Bachmann als junge Frau.

Bis Anfang der 60er Jahre war Waltraut Bachmann Betreiberin eines Lebensmittelladens

Ob es eine Phase in ihrem Leben gibt, an die sie sich nur ungern erinnert? Da muss sie nicht lange nachdenken: die NS-Zeit, den Krieg. Sie hat erlebt, wie Nazis in der Pogromnacht 1938 in die Wohnung einer befreundeten jüdischen Familie eindrangen und deren kompletten Hausrat aus dem Fenster warfen. Einfach so. „Dabei hatten die Leute doch niemandem was was getan“, sagt Waltraut Bachmann. „Später wurden sie deportiert und ermordet.“  

Der schönste Moment ihres Lebens? Na klar, das war der Tag, an dem sie ihren Mann kennenlernte. Wilhelm. Willy, so hat sie ihn genannt. „Wir hatten einen gemeinsamen Bekannten, und der fand, dass ich die richtige Frau für Willy wäre. Wir sind dann spazieren gegangen, irgendwann hat er mich gefragt, ob ich mal seine Eltern kennenlernen will…“ Und dann kam eins zum anderen.

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Ein Leben lang unvergesslich: 1952 heiratet Waltraut Bachmann ihren Wilhelm. 54 Jahre leben sie glücklich miteinander. 2006 stirbt ihr Mann im Alter von 90 Jahren privat
Hundertjährige
Ein Leben lang unvergesslich: 1952 heiratet Waltraut Bachmann ihren Wilhelm. 54 Jahre leben sie glücklich miteinander. 2006 stirbt ihr Mann im Alter von 90 Jahren.

2006 ist Willy dann gestorben – nach 54 Ehejahren. Langsam wurde es einsam um Waltraut, denn auch der Freundeskreis starb nach und nach weg. Schließlich war es die damals 23-jährige Enkelin Juliane – „Jule“ wird sie genannt – , die die Idee hatte: „Weißt du was, Oma? Du ziehst zu mir nach Hamburg, wir machen eine WG auf!“ Und Jule meinte es ernst: 2009 zog Waltraut tatsächlich von Langenberg nach Ottensen um. Und sechs Jahre haben die beiden „Mädels“ dann zusammengewohnt.

Im Alter von 86 Jahren fing sie in Hamburg nochmal ein neues Leben an

86 Jahre alt war Waltraut Bachmann, als sie in Hamburg ein neues Leben begann. „Und weil sie so ein aufgeschlossener, fröhlicher, liebevoller und immer gut gelaunter Mensch ist, hat sie hier sehr viele neue Freunde gefunden und sich ganz toll eingelebt“, erzählen ihre Töchter. „Anfangs hat sie häufig mit dem Bus Ausflüge unternommen, ist zum Jungfernstieg oder zum Botanischen Garten gefahren. Hamburg ist ganz schnell ihr neues Zuhause geworden.“

Wilhelm Bachmann, Waltrauts Ehemann, war von Beruf Bauingenieur, arbeitete in Düsseldorf im Ministerium. privat
Hundertjährige
Wilhelm Bachmann, Waltrauts Ehemann, war von Beruf Bauingenieur, arbeitete in Düsseldorf im Ministerium.

Inzwischen fällt ihr das Gehen allerdings schwer. Ausflüge sind nicht mehr drin. Auch der hiesige Freundeskreis ist inzwischen ziemlich ausgedünnt. „So ist es nun mal“, sagt sie. „Wer 100 Jahre alt wird, der muss sich damit abfinden, dass es einsam um einen wird.“ Umso wichtiger ist für sie die MOPO, die täglich die ganze Welt zu ihr ins Wohnzimmer bringt. „Eine Nachbarin legt sie mir vor die Wohnungstür. Wenn ich fertig gefrühstückt habe, hole ich sie rein und blättere erst nur oberflächlich darin. Ich freue mich dann auf den Nachmittag, denn dann lese ich sie von vorne bis hinten durch.“ Das ist Waltraut Bachmanns MOPO-Ritual. Davon wird nie abgewichen.

Am Dienstag wird groß gefeiert. Verwandte aus nah und fern reisen an. Einige Überraschungsgäste haben sich auch noch angesagt. Aber pssssst! Wer das ist, dürfen wir nicht verraten.

1958 im Urlaub im Allgäu: Waltraut Bachmann mit ihrer damals zweijährigen Tochter Gunda. privat
Hundertjährige
1958 im Urlaub im Allgäu: Waltraut Bachmann mit ihrer damals zweijährigen Tochter Gunda

Bleibt zu hoffen, dass das Wetter mitspielt, denn dann kann anlässlich des 100. Geburtstag eine große Gartenparty steigen. Mit Kaffee und Kuchen, einem Glas Sekt und allem, was dazugehört. Und die Gäste singen im Chor: „Happy birthday, liebe Waltraut! Happy birthday to you.“

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