Verdacht: Insolvenz-Verschleppung bei Hamburger Traditionswerft?
Wurde bei Deutschland ältester Werft die Insolvenz verschleppt? Insolvenzverwalter Achim Ahrendt erhebt schwere Vorwürfe gegen das pleite gegangene Traditionsunternehmen Pella Sietas in Neuenfelde.
Das Drama um Hamburgs älteste Werft Pella Sietas geht in die nächste Runde. Ende Juli hatte Werft-Chefin Natallia Dean die Insolvenz des 1635 gegründeten Schiffbauers beantragt. Zu spät? Der Hamburger Rechtsanwalt Achim Ahrendt ist sich sicher, dass die Insolvenz verschleppt wurde und die Pleite schon früher hätte angemeldet werden müssen.
Schon seit Mai wurden die Löhne vielfach nicht mehr ausgezahlt
Seinen Verdacht machte Ahrendt, der mit der Insolvenzverwaltung beauftragt ist, an der Tatsache fest, dass die Liquidität der Werft zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags Ende Juli bei nur 8000 Euro lag. Gleichzeitig hatten viele Arbeiter ihren Lohn schon seit Mai nicht mehr bekommen. „Das ist offensichtlich“, so ein Sprecher des Insolvenzverwalters gegenüber der MOPO.
Wann die Werft tatsächlich zahlungsunfähig war, ist nach Angaben des Sprechers noch unklar. „Der genaue Zeitpunkt wird noch geprüft.“
Insolvenzverschleppung hätte strafrechtliche Konsequenzen
Sollte die Insolvenzverschleppung sich bewahrheiten, hätte das strafrechtliche Konsequenzen mit möglichen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren. Die Staatsanwaltschaft wollte am Donnerstag allerdings weder bestätigen noch dementieren, dass es Ermittlungen in der Sache gibt.
Für die von ursprünglich 200 Beschäftigten übrig gebliebenen 30 Werftarbeiter ist die unklare Situation ein Nervenspiel. Aktuell sind sie laut Insolvenzverwalter ausschließlich mit Instandhaltungs- und Aufräumarbeiten betraut. Auch die Bewachung eines halbfertigen Baggerschiffs für den Bund, das wegen der Verschlickung des Sietas-Werftbeckens zu Blohm+Voss verholt wurde, gehört zu ihren Aufgaben. Werden sie das Projekt jemals zu Ende führen können?
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Rechtsanwalt Ahrendt will laut „Abendblatt“ alles dran setzen, dass das Baggerschiff noch realisiert wird. Ob er dafür noch Gelder beim russischen Mutterkonzern Pella Shipyards rausholen kann, ist allerdings fraglich. „Das Schiff muss fertiggestellt werden. Alles andere wäre keine Option, denn sonst hätten wir eine 100 Millionen Euro teure Stahlruine, was erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden verursachen würde“, sagte Ahrendt der Zeitung. Er führe deshalb Gespräche mit den Subunternehmen, deren Aufträge noch nicht abgearbeitet sind. Auch über das Werftgelände werde mit mehreren Investoren verhandelt. Die Stadt Hamburg sieht eine industrielle Nutzung der Fläche vor. (mp)