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Pella Sietas
  • Die Pella Sietas-Werft hat wie angekündigt einen Insolvenzantrag gestellt.
  • Foto: imago/Chris Emil Janßen

Hamburgs älteste Werft: Alle Mitarbeiter müssen gehen

Alles Hoffen und Bangen war vergeblich. Hamburgs älteste Werft steht vor dem Aus. Die knapp 200 Beschäftigten von Pella Sietas in Neuenfelde haben am Donnerstag erfahren, dass sie ihre Arbeit zum Ende des Monats verlieren werden. Sie stehen unter Schock.

Die Hiobsbotschaft wurde den Werftarbeitern auf einer Betriebsversammlung am Donnerstagmorgen überbracht. Der Hamburger Rechtsanwalt und vorläufige Insolvenzverwalter Achim Ahrendt teilte der entsetzten Belegschaft mit, dass seit dem Insolvenzantrag vor anderthalb Monaten kein Investor mit frischem Geld gefunden worden sei. Das Insolvenzgeld sei verbraucht, neue Aufträge nicht in Sicht. Aus insolvenzrechtlichen Gründen sei man nun gezwungen, Kündigungen auszusprechen – voraussichtlich noch für September.

Gewerkschaft: „Ein Schock für die Mitarbeiter“

„Das ist ein Schock für die Mitarbeiter“, sagte der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Hamburg, Emanuel Glass. „Schließlich gibt es noch rund 200, die bis zum Schluss gehofft haben, dass es irgendwie weiter geht.“ Die Mitarbeiter waren ohnehin schon gebeutelt, weil ein Großteil von ihnen seit April kein Gehalt mehr bekommen hatte. Glass: „Die Insolvenz ist viel zu spät beantragt worden!“

Betroffen von den Entlassungen sind fast alle der verbliebenen rund 200 Werftarbeiter. Nur 20 Leute sollen bleiben, um die Werfthallen und Anlagen zu bewachen und in Schuss zu halten. Wie Insolvenzverwalter Ahrendt mitteilte, sind seit Mitte August mehr als 150 potenzielle Investoren angesprochen worden. Zwar gebe es erste unverbindliche Angebote, die signalisierten, auch Arbeitnehmer übernehmen zu wollen. „Keiner der Investoren kann und will aber die vorhandenen Aufträge zu den vereinbarten Konditionen fortführen“, betonte Ahrendt. Deshalb wäre selbst im Falle einer Investorenlösung in den kommenden Monaten keine Beschäftigung vorhanden. Ahrendt sicherte zu, die Suche fortzusetzen. „Im Falle einer Übernahme besteht Hoffnung, dass bei Pella Sietas doch noch mehr Arbeitsplätze erhalten bleiben oder zumindest mittelfristig neue Arbeitsplätze entstehen.“

Ein letzter großer Auftrag zum Bau einer Inselfähre wurde storniert

Noch vor einem Jahr hatte alles ganz anders ausgesehen. Damals hatte Pella Sietas den Auftrag zum Bau eines hochmodernen Eisbrechers an Land gezogen. Außerdem standen ein Saugbagger, eine Flüssiggas-Fähre sowie eine Inselfähre in den Auftragsbüchern. Gegenüber der MOPO erklärte Werft-Chefin Natallia Dean: „Wir stehen sehr gut da. Der Standort ist gesichert“. Dean hatte die fast 400 Jahre alte Werft auf hochkomplexe Spezialschiffe ausgerichtet und schien damit auf Erfolgskurs.

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Und doch gab es viele Probleme: Die Aufträge waren nicht gut kalkuliert. Seit der Rettung der schon einmal insolventen Sietas-Werft durch die russische Pella Shipyards im Jahr 2014 fuhr das Werk in Neuenfelde in keinem Jahr Gewinne ein. Seit der Krim-Krise machten die Russland-Sanktionen jegliche Pläne von Pella Shipyards zunichte. Viel Geld verlor Sietas durch das Schlickproblem im Hafen, weil die Becken ständig gespült werden mussten. Und schließlich stürzte auch die Corona-Pandemie die Schiffbauer in die Krise. Neben Lieferproblemen stellten sich die Banken bei der Finanzierung von Schiffsneubauten noch mehr quer als vor der Krise. Zuletzt stornierte die Reederei Norden-Frisia den Auftrag für die Inselfähre.

Suche nach möglichen Investoren geht weiter

Laut Insolvenzverwalter Ahrendt können die vorhandenen Aufträge zu den vertraglich vereinbarten Konditionen nicht kostendeckend fertig gestellt werden. Und Pella Shipyard will kein Geld mehr in das Hamburger Werk pumpen. Wenn das Insolvenzverfahren voraussichtlich Anfang Oktober eröffnet wird, bleibt nach Ahrendts Aussage nichts anderes übrig, als den Nichteintritt in die betreffenden Verträge zu erklären. Es sei denn, die Auftraggeber sind zu maßgeblichen Zugeständnissen bereit.

Nur einen Hoffnungsschimmer gibt es noch: Nach MOPO-Informationen sind noch vier Unternehmen im Rennen – drei deutsche und eins aus der Schweiz. Wann und ob es überhaupt zu einem Abschluss kommt, steht jedoch in den Sternen. Den Werftarbeitern hilft das akut aber nicht weiter. Sie stehen vor dem Nichts.

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