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Impfen Symbolfoto
  • Impfung gegen das Coronavirus (Symbolfoto).
  • Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild-Pool | Soeren Stache

US-Konzerne preschen vor: Gibt’s auch hier bald die Impfpflicht bei der Arbeit?

Google und Facebook machen es vor, US-Präsident Joe Biden gefällt’s: In den USA führen einige Unternehmen jetzt eine Impfpflicht für ihre Mitarbeiter ein. Auch in Frankreich ist das Vakzin schon für bestimmte Berufsgruppen verpflichtend – trotz landesweiter Proteste. Kommt man auch in Deutschland bald nur noch mit Impfung zur Arbeit?

Ständige Maskenpflicht und häufigere Tests einerseits und eine Belohnung von 100 Dollar für jeden neu Geimpften andererseits: Mit Zuckerbrot und Peitsche erhöht Joe Biden den Druck auf Impfgegner unter US-Regierungsmitarbeitern. Auch Konzerne können sich der Unterstützung des Präsidenten sicher sein, wenn sie auf die Impfung ihrer Arbeitnehmer pochen: „Wir alle wollen, dass unsere Leben wieder normal werden und Arbeitsplätze mit vollständig geimpften Mitarbeitern werden schnell dafür sorgen“, so Biden.

Facebook, Google und Co: US-Konzerne pochen auf Impfung

Facebook und Google hatten am Mittwoch eine Impfpflicht für ihre Mitarbeiter angekündigt: Sie müssen künftig gegen Corona gepikst sein, wenn sie die Firmengelände betreten wollen. Öffnen will Google seine Standorte allerdings erst im Oktober – bis dahin bleiben alle Mitarbeiter im Homeoffice. Dieses Vorgehen der Tech-Riesen könnte sich zur Blaupause für viele US-Unternehmen mausern. Die „Washington Post“, „Uber“ und „Netflix“ haben bereits vergleichbare Regelungen angekündigt.

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Und was ist mit den deutschen Niederlassungen der US-Konzerne? Google-Chef Sundar Pichai hatte erklärt, mit der Impfpflicht zunächst in den USA zu beginnen und sie später auf andere Regionen ausweiten zu wollen – gemäß den lokalen Bedingungen. Lori Goler, Personalchefin von Facebook, sprach zunächst nur von US-Standorten. Für die außerhalb der USA werde das Vorgehen geprüft. Entsprechend halten sich Google und Facebook mit Plänen zu den Hamburger Büros gegenüber der MOPO auch bedeckt: „Die Büros in Hamburg und Berlin sind seit März 2020 geschlossen und bleiben dies bis auf Weiteres“, sagt ein Facebook-Sprecher.

Hamburger Anwalt: Nach deutschem Recht nicht möglich

So einfach umzusetzen wäre das amerikanische Vorgehen hier in Deutschland auch gar nicht: „Hier gilt deutsches Recht, nicht amerikanisches“, so der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht, Reinald Berchter von der Kanzlei Elblaw, zur MOPO. Für eine solche Impfpflicht müsste es eine rechtliche Grundlage geben und die sehe er nicht. „Da es keine gesetzliche Regelung gibt, müsste eine entsprechende Impfpflicht in Arbeits- oder Tarifverträgen festgeschrieben sein – und das ist wohl kaum der Fall.“

Demonstranten in Frankreich bei einem Protest gegen die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen. (c) dpa
Demonstranten in Frankreich bei einem Protest gegen die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen.
Demonstranten in Frankreich bei einem Protest gegen die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen.

Im Normalfall dürfe der Arbeitgeber ohne konkrete rechtliche Grundlage auch keine Auskunft über den Impfstatus des Mitarbeiters verlangen. Und seine Arbeitnehmer einfach ins Homeoffice schicken? Auch das sei ohne gesetzliche oder vertragliche Regelung nicht möglich, erklärt der Jurist. Allerdings: „Bei der Pandemie-Rechtslage ist noch viel in der Schwebe“, so Berchter. „Vieles ist in der Rechtsprechung noch nicht eindeutig geklärt.“

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Der Deutsche Gewerkschaftsbund Hamburg sieht eine Impfpflicht durch Arbeitgeber kritisch: „Solange das vom Gesetzgeber nicht vorgegeben ist, halten wir das für den falschen Weg“, so der Sprecher zur MOPO. „Gleichzeitig befürworten wir aber, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter auf unterschiedlichen Wegen ermuntern, sich impfen zu lassen, zum Beispiel durch Betriebsärzte.“

Vierte Welle im Anmarsch: Hamburger Senat lehnt generelle Impfpflicht ab

Angesichts der steigenden Corona-Zahlen und des langsamen Impffortschritts wird aber auch in Deutschland heiß debattiert, wie mehr Menschen zur Impfung bewegt werden können. Um eine Herdenimmunität zu erreichen, müssen nach Angaben des RKI über 85 Prozent der Deutschen geimpft sein. Mit Stand am 30. Juli haben aber erst 51,5 Prozent den vollen Impfschutz. 61,5 Prozent haben mindestens einmal ein Vakzin bekommen.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht – sie hat ihr Nein zur Impfpflicht bekräftigt. (c) dpa
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht – sie hat ihr Nein zur Impfpflicht bekräftigt.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht – sie hat ihr Nein zur Impfpflicht bekräftigt.

Eine allgemeine Impfpflicht kommt laut der Bundesregierung aber nicht. Jüngst erteilte Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) der Impfpflicht allgemein und auch für bestimmte Berufsgruppen eine Absage. „Das hat zum einen was damit zu tun, dass diese Impfung auch noch nicht so lange auf dem Markt ist“, sagte sie. „Und ich halte es auch nicht für geboten.“ SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält eine Impfpflicht nicht für notwendig, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Auch der Hamburger Senat lehne eine generelle Impfpflicht für alle Bürgerinnen und Bürger nach wie vor ab, so Sprecher Marcel Schweitzer zur MOPO.

Impf-Debatte in Deutschland: Pflicht für bestimmte Berufsgruppen?

„In kritischen Berufen, insbesondere im Gesundheits- und Bildungssektor, sollte der Gesetzgeber eine Impfpflicht einführen, weil wir es hier mit schutzbedürftigen Personen zu tun haben“, findet dagegen Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Auch in Frankreich ist die Corona-Impfung für Beschäftigte im Gesundheitswesen bereits Pflicht.

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„Gänzlich ausgeschlossen ist eine gesetzliche Impfpflicht für bestimmte Berufs- und Bevölkerungskreise nicht“, erklärt Jurist Berchter der MOPO. Erzieher, Lehrer, Tagespflegekräfte und medizinisches Personal müssen laut Masernschutzgesetz bereits seit März 2020 gegen Masern geimpft sein, um ihren Beruf in Gemeinschafts- oder medizinischen Einrichtungen ausüben zu dürfen.

„Insofern bleibt eine solche Impfpflicht grundsätzlich denkbar“, so Senatssprecher Schweitzer zur MOPO, „auch mit Blick auf Corona.“ Man verfolge die bundesweite Debatte mit Interesse.

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