Vivien dos Santos (26) aus Rothenburgsort würde sich auch nicht für 100 Euro impfen lassen.
  • Vivien dos Santos (26) aus Rothenburgsort würde sich auch nicht für 100 Euro impfen lassen.
  • Foto: Volker Schimkus

100 Euro für eine Corona-Impfung? Die MOPO hat’s getestet

Obwohl es nach Monaten endlich genug Corona-Impfstoff in Hamburg gibt, lassen sich immer weniger Menschen den Piks geben. Würde eine Impf-Prämie helfen? Die MOPO hat’s getestet und auf der Straße 100 Euro für eine spontane Corona-Impfung geboten mit ernüchternden Ergebnissen.

Ausgerüstet sind wir mit einem Din-A3-Plakat mit der Aufschrift: „Noch nicht geimpft? Jetzt 100 Euro Prämie abholen für Spontan-Impfung!“ sowie der genannten Summe in der Tasche. Wen suchen wir? Hamburgerinnen und Hamburger, die keine Impfung wollen – sich aber mithilfe dieser Summe doch überreden lassen. Immerhin sagte der Politikwissenschaftler Felix Hartmann im „Spiegel“-Interview, dass schon 50 Euro wirkten – auch bei Impfgegnern.

Impfen in Hamburg: Was bringt eine 100-Euro-Prämie?

Startpunkt ist das Karoviertel nahe dem Impfzentrum. Nicht-Geimpfte zu finden, ist aber schwieriger als gedacht. So gut wie jeder Passant antwortet auf die Frage „Sind Sie schon geimpft?“ mit einem fröhlichen „Ja klar!“ oder „Nächste Woche hab ich meine Zweitimpfung!“ oder „Zum Glück bald!“.

Derzeit sind in Hamburg laut Angaben der Sozialbehörde etwas mehr als 62 Prozent erstgeimpft, ungefähr 46 Prozent haben schon die zweite Spritze erhalten.

Spontan-Impfung gegen eine Prämie von 100 Euro? MOPO-Reporterin Annalena Barnickel hat den Test in Hamburg gemacht. Volker Schimkus
Spontan-Impfung gegen eine Prämie von 100 Euro? MOPO-Reporterin Annalena Barnickel hat den Test in Hamburg gemacht.
Spontan-Impfung gegen eine Prämie von 100 Euro? MOPO-Reporterin Annalena Barnickel hat den Test in Hamburg gemacht.

100 Euro für eine Corona-Impfung? Der MOPO-Test

Weiter geht’s mit der U-Bahn in Richtung City. In der Spitalerstraße ist am frühen Mittag schon viel los: Leute warten vor den Geschäften, sitzen in Restaurants oder ruhen sich im Schatten aus. Auch hier Fehlanzeige: Die wenigen, die nicht geimpft sind, lassen sich auch nicht durch Geld locken.

Nächste Station ist Rothenburgsort. Hier sind deutlich weniger Menschen unterwegs. Und auch hier treffen wir auf viele Geimpfte – allerdings weniger als in den anderen Stadtteilen. „Mir geht’s doch gut, warum sollte ich mich impfen lassen?“, antwortet eine Rentnerin in einem Café schulterzuckend auf unsere Frage. Über das angebotene Geld kann sie nur lachen.

Hamburg: Über 60 Prozent haben die Erstimpfung erhalten

Etwas anders sieht es bei Daniel Schmidt aus: „Vielleicht, wenn ich wirklich in großer Not wäre“, sagt der 37-Jährige.

Daniel Schmidt (37) würde die 100 Euro für eine Impfung nehmen, wenn er in großer Not wäre. Volker Schimkus
Daniel Schmidt (37) würde die 100 Euro für eine Impfung nehmen, wenn er in großer Not wäre.
Daniel Schmidt (37) würde die 100 Euro für eine Impfung nehmen, wenn er in großer Not wäre.

Er sei derzeit arbeitsunfähig und habe Angst vor Obdachlosigkeit. „Dann würde mir ein Hunderter helfen“, so der Hamburger. Ansonsten komme eine Impfung nicht in Frage, man könne sich ja auch mit Impfung noch anstecken, meint er. Dass dabei das Risiko eines schweren Verlaufs praktisch eliminiert wird, ignoriert er.

Impfen in Hamburg: Es gibt noch viel Unsicherheit

Eine Sache wird klar: Bei den Ungeimpften, die wir trafen, dominiert die Unsicherheit. Die 26-jährige Vivien dos Santos verbringt den Nachmittag mit ihren drei kleinen Kindern auf dem Spielplatz. Geimpft ist sie bisher nicht. „Mich beunruhigt die Tatsache, dass der Impfstoff erst so kurz auf dem Markt ist“, sagt sie. Ein Argument, dass man sehr häufig hört.

100 Euro würden daran nichts ändern. „Das halte ich für schwachsinnig“, so die 26-Jährige. „Das wirkt für mich eher so, als sollten wir doch dazu gezwungen werden, uns impfen zu lassen.“ Erst wenn wirklich nichts mehr mit Tests möglich wäre, könnte sie sich eine Impfung vorstellen. Oder wenn man die Tests selbst hohe Summen zahlen müsste.

Hamburg: Senat hofft auf mehr Impfungen nach den Ferien

Ein paar Meter weiter, beim Lotto-Kiosk, treffen wir auf Daniel Kuhlenschmidt. Der 28-jährige Kleiderwart ist noch nicht geimpft und würde sich auch durch eine Prämie nicht umstimmen lassen.

Daniel Kuhlenschmidt (28) hat Angst vor den möglichen Nebenwirkungen der Corona-Impfung. Volker Schimkus
Daniel Kuhlenschmidt (28) hat Angst vor den möglichen Nebenwirkungen der Corona-Impfung.
Daniel Kuhlenschmidt (28) hat Angst vor den möglichen Nebenwirkungen der Corona-Impfung.

„Ich bin Diabetiker und besorgt wegen der Nebenwirkungen“, sagt er. „Die Impfung kam so schnell auf den Markt, und es gibt keine Langzeitstudien dazu.“

Der Senat peilt eine Impfquote von ungefähr 80 Prozent an – wie genau, bleibt unklar. Eine Prämie ist in Hamburg derzeit nicht im Gespräch. „Es wäre ein komplett falsches Signal und unangemessen gegenüber den schon Geimpften“, sagt Dominik Lorenzen von der Grünen-Bürgerschaftsfraktion. Weniger deutliche Worte von der SPD: „Ob Impfanreize möglich und sinnvoll sind, kann geprüft werden“, so Fraktionschef Dirk Kienscherf.

Besonders wirksam wären Prämien aber wahrscheinlich nicht, dieses Eindrucks können wir uns nach einem Tag mit vielen Gespräche und einem am Ende zerknitterten Schild nicht erwehren.

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