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Reza Afisina vom Kuratoren-Kollektiv Ruangrupa bedankt sich bei der Schließung der „documenta fifteen“. (Archivfoto)
  • Reza Afisina vom Kuratoren-Kollektiv Ruangrupa bedankt sich bei der Schließung der „documenta fifteen“ Archivfoto).
  • Foto: picture alliance/dpa | Uwe Zucchi

Antisemitismus-Vorwürfe: Umstrittene Gastprofessoren an Hamburger Hochschule

Dürfen Mitglieder des umstrittenen Künstler-Kollektivs Ruangrupa an der Hamburger Kunsthochschule unterrichten? Jüdische Gemeinde und Wissenschaftssenatorin sehen das kritisch, die Hochschule will an ihrer Entscheidung festhalten.

Die Ruangrupa-Mitglieder Reza Afisina und Iswanto Hartono werden am Mittwoch um 17 Uhr bei der Semestereröffnung der Hochschule für bildende Künste (HFBK) als Gastprofessoren vorgestellt. Beide sind Mitglieder des indonesischen documenta-Kuratorenkollektivs Ruangrupa, das wegen Antisemitismusvorwürfen umstritten ist.

Iswanto Hartono (l.) und Reza Afisina vom Künstlerkollektiv Ruangrupa. dpa
Iswanto Hartono (l.) und Reza Afisina vom Künstlerkollektiv Ruangrupa.
Iswanto Hartono (l.) und Reza Afisina vom Künstlerkollektiv Ruangrupa.

Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) äußerte sich kritisch zu der Gastprofessur. „Die Antisemitismusvorwürfe bei der documenta fifteen wiegen schwer“, erklärte Fegebank. Sie beträfen auch das Kollektiv Ruangrupa, dem Reza Afisina und Iswanto Hartono angehörten, „und sie stehen in der Verantwortung, diese Vorwürfe aufzuklären“. Es dürften keine offenen Fragen im Raum stehen, wenn Mitglieder des Kollektivs in Hamburg lehren sollen.

Behörde führt Gespräche mit Hochschule – jüdische Gemeinde wütend

Die Wissenschaftsbehörde führe bereits Gespräche mit der HFBK. „Die Hamburger Hochschulen sind autonom in der Berufung ihrer Gastprofessuren, dies ist von der Wissenschaftsfreiheit gedeckt“, sagte Fegebank. Hochschulen müssten Orte der kritischen Diskussion sein. „Aber die Wissenschaftsfreiheit kann und darf niemals Freibrief für antisemitisches Gedankengut sein.“

Auch die Jüdische Gemeinde in Hamburg kritisierte die Entscheidung. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Michael Fürst, sagte im NDR-„Hamburg Journal“: „Ich habe dafür absolut kein Verständnis. Wer nach mehrmonatiger Dauer auf der documenta gezeigt hat, dass er von antisemitischen Gedanken überhaupt nicht ablassen will, der hat an einer öffentlichen Hochschule in Deutschland nichts zu suchen.“

Die Hochschule bleibt stur und nennt Gründe

Der Forderung, die Gastprofessoren auszuladen, will die Hochschule für bildende Künste nicht nachkommen. „Wir stehen zu dieser Entscheidung und wollen diese DAAD-Professur umsetzen, besonders um die künstlerischen Fragestellungen der documenta fifteen in einem anderen Format und in einem anderen Rahmen aufzugreifen und fortzuführen, und zwar mit Studierenden und Lehrenden – und mit den beiden documenta-Kuratoren“, sagte Präsident Martin Köttering in einem Interview auf der Homepage der Hochschule.

Das Logo der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HFBK). picture alliance/dpa/Daniel Reinhardt
Das Logo der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HFBK).
Das Logo der Hamburger Hochschule für bildende Künste (HFBK).

„Wir wollen mit ihnen sprechen, nicht über sie. Und wir wollen den von ihnen aufgeworfenen künstlerischen Fragen mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen. Natürlich werden wir die Zeit nutzen, um die documenta aufzuarbeiten. Dafür ist der zeitliche und räumliche Abstand, das Eingebundensein der Kuratoren in das künstlerisch und theoretisch diverse Netzwerk der Hochschule sicherlich hilfreich“, sagte Köttering.

Bildungsstätte Anne Frank bedauert „Vorverurteilung“

Der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, sieht das Vorhaben als Chance. „Ich finde die Idee der Gastprofessur eine hervorragende Idee, denn das gibt uns die Möglichkeit, viele von den Debatten, die vergangenes Jahr so schiefgelaufen sind, noch aufzufangen“, sagt Meron Mendel, der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank zum NDR.

Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank. (Archivfoto) picture alliance/dpa | Swen Pförtner
Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank. (Archivfoto)
Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank. (Archivfoto)

Mendel widerspricht der Kritik der jüdischen Gemeinde und der Wissenschaftssenatorin. „Ich kann nur bedauern, dass hier so eine Art von Vorverurteilung stattfindet. Wenn wir über die jüdische Community sprechen, da gibt es viele Stimmen, die sind nicht alle einheitlich“, sagt er. Das indonesische Künstlerkollektiv als pauschal antisemitisch zu bezeichnen, hält der israelisch-deutsche Professor für falsch.

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Dem Kuratorenkollektiv der diesjährigen documenta, Ruangrupa, wird unter anderem eine Nähe zur BDS-Bewegung, die einen Boykott Israels fordert, vorgeworfen. Kurz nach der Eröffnung der documenta Mitte Juni wurde eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgebaut. Auch danach wurden weitere Werke mit antijüdischen Stereotypen auf der documenta festgestellt. (mp/dpa)

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