„Unfassbare Abgründe, nicht auszuhalten“: Polizei fasst sadistischen Verbrecher
In der Nacht zum 17. Juni wurde in Hamburg ein 20-jähriger Mann festgenommen, der im Internet psychisch kranke Kinder missbraucht und in einem Fall bis in den Suizid getrieben haben soll. Ihm werden über 100 Taten vorgeworfen, die „unfassbare Abgründe des sexuellen Missbrauchs aufzeigen, die fast nicht auszuhalten sind“, so Polizeipräsident Falk Schnabel während einer Pressekonferenz am Mittwochmorgen in Hamburg.
Der Mann gab sich online als „White Tiger“ aus und war einer der führenden Köpfe der Online-Gruppierung namens „764“. Der ursprüngliche Tipp kam direkt vom US-Geheimdienst FBI. Der 20-jährige Deutsch-Iraner soll Kinder im Alter von elf bis 15 Jahren gezwungen haben, vor laufender Kamera sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen und sich selbst zu verletzen, indem sie sich unter anderem Symbole und Schriftzüge mit Messern in die Haut ritzten. Dem 20-Jährigen wird Mord und mehrfach versuchter Mord vorgeworfen.
„Ich spreche hier von dem sadistischen Quälen und Töten von Kindern“
Insgesamt habe es acht Opfer gegeben, zwei kommen aus Hamburg, eines aus Niedersachsen. Bei den Taten soll der Verdächtige zwischen 16 und 19 Jahre alt gewesen sein.
In einem Fall aus dem Jahr 2022 wurde ein Kind so dazu gebracht, sich selbst das Leben zu nehmen. „Nach unseren Ermittlungen ist davon auszugehen, dass in einem Gruppenchat auf Instagram ein Kind live geräuschlos in den Tod getrieben wurde“, so Staatsanwalt Nicolas Benz. Bei dem Kind soll es sich um einen 13-jährigen Jungen aus den USA handeln.

Das unfassbare Ausmaß der bei den Ermittlungen aufgedeckten Taten bezeichnet Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich: „Ich spreche hier von der Ausweidung von Menschen, von Enthauptung und Folterungen, von Missbrauch an Kleinkindern und dem sadistischen Quälen und Töten von Kindern.“
Das steckt hinter der Gruppe „764“
Die Gruppe „764“ soll vor vier Jahren in Texas von einem Teenager gegründet worden sein. Sie wird in den USA vom FBI in einem Ausmaß bekämpft, das ansonsten nur bei terroristischen Gruppierungen angewandt wird. Hunderte Ermittlungen laufen aktuell, mehrere langjährige Verurteilungen wurden bereits erreicht, einige Täter auch wegen Terrorismus verurteilt. Es gab auch Festnahmen in mehreren EU-Staaten.
Die Ideologie der Gruppe schwankt zwischen Rechtsextremismus, Satanismus und extremer Gewaltverherrlichung. Im Visier: Vulnerable Minderjährige, die zu extremen Handlungen gebracht werden. Häufig werden diese in Suizidforen kontaktiert. Erst wird Zuneigung vorgegaukelt, dann die Kinder dazu gebracht, sexualisierte Fotos und Videos zu schicken, um diese dann derart unter Druck zu setzen, dass diese sich fürchterlichste Verletzungen zufügen – bis zum Selbstmord.
In den vergangenen Monaten hat eine Sonderkommission Hunderttausende Bilder und Videos ausgewertet, die während der Taten des 20-Jährigen aufgenommen wurden. Die sichergestellten kinderpornografischen Dateien haben eine Gesamtspieldauer von zwei Wochen. Der Mann wurde am Dienstag einem Haftrichter vorgeführt und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Erste Durchsuchung liegt bereits knapp zwei Jahre zurück
Bei dem damals 19-Jährigen hatte am 8. September 2023 eine erste Durchsuchung stattgefunden. Dabei wurde umfangreiches Beweismaterial beschlagnahmt, darunter eine große Menge an Videodateien, die seine Taten zeigen. Es dauerte etwa ein Jahr, bis die Ermittler das Material so weit durchgesehen hatten, dass ein erstes Gutachten erstellt werden konnte.
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Laut Polizeipräsident Schnabel reichte die Beweislage erst jetzt für eine erfolgreiche Verhaftung aus. Bislang beziehen sich alle Tatvorwürfe daher nur auf den Zeitraum vor der ersten Durchsuchung. „Was seitdem passiert ist, können wir aktuell noch überhaupt nicht einschätzen“, so Schnabel. Zwar wurde der Mann seit September 2023 umfassend überwacht, was sich jedoch in verschlüsselten Online-Chats zugetragen hat, ist den Ermittlern nicht bekannt.
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