Heftige Kritik an Hamburgs Justiz: Warum ist der mutmaßliche Biomarkt-Räuber frei?
Sechs Mal wurden Biomarkt-Filialen der Kette „Tjadens“ in Hamburg ausgeraubt, fünf Mal derselbe Markt an der Fruchtallee (Eimsbüttel). Die Polizei nahm einen dringend tatverdächtigen, 43 Jahre alten Mann fest, der offenbar wieder zuschlagen wollte, hätten ihn die Beamten nicht daran gehindert – und doch sitzt der Mann nicht in U-Haft. Warum?
Fahnder des Mobilen Einsatzkommandos (LKA 24) legten sich vergangenen Donnerstagabend an der Martinistraße – der letzte bekannte Überfallort – auf die Lauer, sahen schließlich den mutmaßlichen Serientäter, der sich im Bereich des Biomarktes auffällig hin- und herbewegte. Sie umstellten den Mann, der eine Schreckschusswaffe bei sich hatte und eine auffällige Maske trug. Waffe und Maske wurden sichergestellt, der Mann festgenommen.
Biomarkt-Überfälle: BDK kritisiert Hamburger Justiz scharf
Sechs Mal wurden Biomarkt-Filialen der Kette „Tjadens“ in Hamburg ausgeraubt, fünf Mal derselbe Markt an der Fruchtallee (Eimsbüttel). Die Polizei nahm einen dringend tatverdächtigen, 43 Jahre alten Mann fest, der offenbar wieder zuschlagen wollte, hätten ihn die Beamten nicht daran gehindert – und doch sitzt der Mann nicht in U-Haft. Warum?
Fahnder des Mobilen Einsatzkommandos (LKA 24) legten sich vergangenen Donnerstagabend an der Martinistraße – der letzte bekannte Überfallort – auf die Lauer, sahen schließlich den mutmaßlichen Serientäter, der sich im Bereich des Biomarktes auffällig hin- und herbewegte. Sie umstellten den Mann, der eine Schreckschusswaffe bei sich hatte und eine auffällige Maske trug. Waffe und Maske wurden sichergestellt, der Mann festgenommen.
Biomarkt-Überfälle: BDK kritisiert Hamburger Justiz scharf
Eine Ermittlungsrichterin erlässt allerdings keinen Haftbefehl. Der Grund: „Der Erlass ist ein Grundrechtseingriff und unterliegt strengen Vorraussetzungen“, so Staatsanwaltschafts-Sprecherin Liddy Oechtering. Da der Beschuldigte nicht bei der Tat gefasst wurde, es also um länger zurückliegende Taten gehe, müsse die Ermittlungsarbeit fortgesetzt werden. „Daher hat die Staatsanwaltschaft noch keinen dringenden Tatverdacht bejaht. Es wird fortlaufend geprüft, ob sich an dieser Bewertung etwas ändert.“ Insbesondere würden nun sichergestellte DNA-Spuren ausgewertet.
Für den Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) ein „Skandal“: Monatelang hätten die Beamten dienststellenübergreifend ermittelt, mit „einem enormen Hochdruck“, so BDK-Landesvorsitzender Jan Reinecke zur MOPO. „Aus Sicht des BDK ist ein dringender Tatverdacht absolut gegeben. Dass der Verdächtige nicht in U-Haft sitzt, hat offenkundig aber damit zu tun, dass die Justiz mangelhaft aufgestellt ist und dass entsprechende Prüfungen teils nicht mehr gewährleistet werden können.“
Tatsächlich könnte in diesem Fall womöglich die große Menge an gesammelten Beweisen dafür gesorgt haben, dass der Fall nicht gründlich genug von der Justiz bearbeitet werden konnte, wie die MOPO aus Gerichtskreisen erfuhr. Das bedeutet konkret: Es fehlt schlicht Personal für eine genaue Prüfung.
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Es stecke bestimmt keine böswillige Entscheidung dahinter, keinen Haftbefehl erwirken zu wollen, sagt Reinecke weiter. „Es dürfte aber eine Ressourcen-Entscheidung gewesen sein.“ Über den Personalmangel bei der Hamburger Justiz hatte die MOPO auch an anderer Stelle bereits berichtet: So sollen etwa bei der Staatsanwaltschaft Mitarbeitende „Angst haben, in den Urlaub zu fahren“, weil die Arbeitslast kaum noch zu bewältigen ist.
Aus der Justizbehörde heißt es zum aktuellen Fall auf MOPO-Nachfrage, dass man Entscheidungen der Hamburger Justiz „generell nicht bewertet“. In diesem Fall handele es sich um eine reine Sachentscheidung, „die nichts mit angeblichen Personalengpässen zu hat, weder bei der Staatsanwaltschaft, noch im zuständigen Gericht noch im Justizvollzug“, so Sprecher Dennis Sulzmann. Die in Form von Mutmaßungen geäußerten Vorwürfe weise man entschieden zurück, „weil sie schlicht falsch sind“.
Für die BDK das Wichtigste: die Opferperspektive. Das wolle Reinecke auch betonen. „Wir haben es hier mit einem mutmaßlichen Serientäter zu tun, der sich nicht zu schade war, denselben Markt wiederholt zu überfallen“, sagt er. „Es sind viele traumatisierte Menschen zurückgeblieben, die in den Lauf einer Waffe haben gucken müssen.“
Die Kriminalbeamten stellten in Gesprächen mit Dezernenten und Richtern regelmäßig fest, dass auf Justiz-Seite Personal fehle und diese Engpässe die Arbeit beeinflussen. Reinecke: „Warum bekennt sich die Justiz nicht einmal zu ihren Mängeln? Es geht darum, die Stadt bestmöglich vor Straftaten zu beschützen und Straftaten aufzuklären.“ Die Aussage, in diesem Fall handele es sich um eine reine Sachentscheidung, bewertet der BDK „als absolute Nebelkerze“.