Ein Screenshot aus dem Video, das die Festnahme der Täterin zeigen soll.

Ein Screenshot aus dem Video, das die Festnahme der Täterin zeigen soll. Foto: Screenshot X-Beitrag @HamburgerBulls

Messer-Attacke am Hauptbahnhof: Täterin kommt in die Psychiatrie – so geht es weiter

Am Morgen nach der Messer-Attacke am Hamburger Hauptbahnhof, bei der zahlreiche Menschen verletzt worden sind, fahren Züge wieder im Normalbetrieb – doch die Aufarbeitung der Mordkommission läuft auf Hochtouren und die Anteilnahme ist groß. Die Tatverdächtige wurde bereits dem Richter vorgeführt und in eine Psychiatrie geschickt. Welche Zeugen die Polizei sucht.

Auf dem Bahnsteig zwischen den Gleisen 13 und 14 stach eine 39 Jahre alte Frau – dunkel gekleidet, eine Kapuze über den Kopf gestülpt – um 18 Uhr auf wartende Reisende ein; völlig wahllos, mitten im dichten Gedränge. Opfer merkten teils erst gar nicht, dass sie mit einer Klinge verletzt wurden, Passanten realisierten erst spät, was los war, weil alles so schnell ging.

Video soll Festnahme der Täterin zeigen

Eine Männer-Gruppe soll sie später über den Bahnsteig verfolgt haben, als klar war, dass sie mit einem Messer auf Menschen einstach. Eine sogenannte Quattro-Streife nahm die Frau widerstandslos fest. Ein Video, das auf der Plattform X veröffentlicht wird, soll die Festnahme der Täterin zeigen. Sie wird von zwei Beamten zu einem Polizeiauto geführt.

Man gehe davon aus, dass die Frau alleine gehandelt habe, sagte ein Polizeisprecher. Eine politische Motivation wird ausgeschlossen, vielmehr bestünden inzwischen „sehr konkrete Hinweise“ auf eine psychische Erkrankung. Die 39-Jährige – zur Tatzeit weder alkoholisiert noch berauscht – soll polizeibekannt und bereits früher verhaltensauffällig gewesen sein. Nach Informationen des „Spiegel“ soll sie erst am Vortag der Tat aus einer Psychiatrie entlassen worden sein.

Einen Tag nach der Tat teilte die Polizei mit, dass die Frau dem Haftrichter vorgeführt wurde und einen Unterbringungsbefehl erhielt – das bedeutet, dass sie vorläufig in ein psychiatrisches Krankenhaus oder eine ähnliche Einrichtung gebracht wurde. Aus dem Schreiben der Polizei geht auch hervor, dass die Beschuldigte höchstwahrscheinlich wohnungslos ist und von den insgesamt 18 Verletzten drei nicht wegen Stich- oder Schnittverletzungen, sondern nach einem Sturz oder Schock ins Krankenhaus kamen.

So ist die Lage am Hauptbahnhof

Die Mordkommission räumte in der Nacht auf Samstag den Tatort, nachdem die Spurensicherung abgeschlossen war. Bei der Attacke wurden insgesamt 18 Menschen im Alter zwischen 19 und 85 Jahren verletzt, darunter sieben leicht, sieben schwer und vier lebensgefährlich. Der Zustand der lebensgefährlich Verletzten soll sich inzwischen stabilisiert haben. Nach MOPO-Informationen musste keiner der Verletzten künstlich beatmet werden. Die meisten erlitten tiefe und lange Schnittwunden am Oberkörper und an den Armen, die zu großem Blutverlust führten.

Polizei und Spurensicherung im Einsatz nahe des Tatorts: Mittlerweile sind wieder alle Gleise freigegeben. dpa/Georg Wendt
Polizei und Spurensicherung im Einsatz nahe des Tatorts: Mittlerweile sind wieder alle Gleise freigegeben.
Polizei und Spurensicherung im Einsatz nahe des Tatorts: Mittlerweile sind wieder alle Gleise freigegeben.

Seit dem frühen Morgen fahren die Züge wieder im Normalbetrieb. Eine Bahnsprecherin empfiehlt trotzdem, alle Verbindungen online im Vorweg zu prüfen. Vier Gleise waren über Stunden gesperrt. Insgesamt waren mehr als 400 Beamte der Landes- und Bundespolizei im Einsatz. Dazu kamen rund 70 Kräfte der Feuewehr und des Deutschen Roten kreuzes (DRK).

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Darum bittet die Mordkommission

Die Mordkommission sucht nun gezielt Zeugen des Vorfalls, die bislang noch keinen Kontakt zur Polizei hatten – und vor allem auch solche, die Film- oder Fotoaufnahmen gemacht haben. Sie werden gebeten, sich zu melden. Hinweise an: Tel. 040 428 65 6789 oder an jede Wache. Fotos und Videos können über das Hinweisportal hochgeladen werden.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt. picture alliance/dpa
Dobrindt
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt.

Der Hamburgische Opferbeauftragte, Arne Dornquast, hat den Betroffenen des Messerangriffs – ob den Verletzten, Zeugen oder Angehörigen – Hilfe zugesichert. Für eine Betreuung seien er und sein Team unter der Tel. 0800 000 7558 zu erreichen.

„Jetzt ist es wichtig, die Hintergründe der Tat schnell und lückenlos aufzuklären“, sagte Sören Schumacher, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion Hamburg. Auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) verurteilte den Messerangriff: „Es ist schockierend, wenn Reisende hinterhältig und feige attackiert werden“, sagte er. Seine Gedanken seien bei den Opfern. Gleichzeitig dankte er den Polizisten, Rettungskräften und Helfern vor Ort.

„Wir brauchen KI-unterstützte Kameratechnik“

„Solche Attentate sind leider nie 100-prozentig zu verhindern“, sagt Andreas Roßkopf von der GdP, zuständig für den Bereich Bundespolizei. „Allerdings bedarf es jetzt dringend verstärkte Kontrollmöglichkeiten für die Bundespolizei in und an Bahnhöfen.“ Quattro-Streifen, ein Zusammenschluss von Landes- und Bundespolizei und Sicherheitskräften der Bahn und Hochbahn und bisher nur in Hamburg eingesetzt, müssten deutschlandweit eingesetzt werden. Dazu fehlten der Bundespolizei rund 3500 Kollegen. Es müsse dringend aufgestockt werden, „denn Sicherheit braucht Personal“.

Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für die Bundespolizei (Archivbild) dpa | Bernd von Jutrczenka
Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für die Bundespolizei (Archivbild)
Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für die Bundespolizei (Archivbild)

Auch brauche man weiterhin KI-unterstützte Kameratechnik, die auch Verhaltenserkennung beinhalte, damit solche Verhaltensauffälligkeiten im Vorfeld schon erkannt werden könnten, führt Rosskopf weiter aus. In Hamburg wird eine derartige Technik aktuell auf dem Hansaplatz (St. Georg) getestet.

Ob derartige Kamerasysteme in naher Zukunft flächendeckend in Deutschland eingesetzt werden, hängt auch von den Ergebnissen des Testlaufs aus Hamburg ab. Roßkopf betont, dass solch eine Technik mittlerweile unerlässlich sei. Und sagt ganz konkret: „Sicherheit darf keine Frage des Zufalls sein. Es braucht Entscheidungen – jetzt.“

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