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Drei Männer im Anzug stehen in einem Konferenzraum
  • Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (M., SPD) mit Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (l., SPD) und Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) am Dienstag in Berlin.
  • Foto: picture alliance / dpa | Bernd von Jutrczenka

Nach Bund-Länder-Runde: Scharfe Kritik an Scholz – Tschentscher zufrieden

Der große Durchbruch war das nicht: Bürger und Unternehmen müssen weiter auf konkrete Antworten warten, wie sie angesichts der hohen Energiepreise entlastet werden. Bund und Länder streiten über die Finanzierungsfrage. An der Scholz-Regierung gibt es nach den Beratungen scharfe Kritik aus den Ländern. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher betonte die Bedeutung des angekündigten Abwehrschirms, besonders für die Industrie.

Bund und Länder haben noch keinen Konsens über die Verteilung der Kosten für die Entlastung von Bürgern und Unternehmen angesichts der hohen Energiepreise erzielt. „Da gibt es noch Diskussionen, wie das im Einzelnen geschultert werden kann“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach den rund vierstündigen Beratungen mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am Dienstag in Berlin. „Aber ich habe den Eindruck, dass wir da auf einem sehr konstruktiven Pfad unterwegs sind und uns auch miteinander über diese Aufgabe verständigen werden.“

Scholz über Energiepreisbremse: „Das ist schon etwas, das sehr gut gemacht werden muss“

Scholz rechnete vor, dass die bisherigen Entlastungspakete und das nun geplante Sondervermögen zusammen ein Volumen von 295 Milliarden Euro haben werden. „Der Bund wird davon knapp 240, 250 Milliarden Euro auf seine Kappe nehmen und finanzieren“, sagte der Kanzler.

Auch über die konkrete Ausgestaltung der geplanten Strom- und Gaspreisbremse wird nach seinen Angaben noch gesprochen. Scholz verwies auf eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission. Er gehe davon aus, dass es nächste Woche Ergebnisse gebe, zu denen sich die Bundesregierung dann „sofort“ verhalten könne, sagte er. Es solle jedem klar werden, wie seine Entlastung ganz konkret aussehen werde. „Das ist schon etwas, das sehr gut gemacht werden muss.“

Abwehrschirm: Tschentscher betont Bedeutung für Industrie

Die Bundesregierung will Verbraucher und Unternehmen mit einem Maßnahmenpaket von bis zu 200 Milliarden Euro vor hohen Energiepreisen wegen des Ukraine-Kriegs schützen. Die Preise für Gas und Strom sollen gedeckelt werden. Für Firmen soll es Liquiditäts- und Eigenkapitalhilfen geben. Viele Details sind aber weiter offen.

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte, schon die Umsetzung des wirtschaftlichen Abwehrschirms sei ein großer Schritt nach vorn. Er nannte das Hilfsprogramm „sehr weitreichend“ und zeigte sich zufrieden.

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Er betonte auch die Bedeutung des Pakets für die Industrie, die mit den Mitteln laut Tschentscher einen „spezifischen Basisverbrauch“ an Energie verbilligt erhalten solle. „Das ist aus meiner Sicht ein wichtiges Instrument, um den Unternehmen die Chance zu geben, die Energiekrise zu überstehen und sich auf die Transformation des Energiesektors einzustellen“, so Tschentscher.

Wüst kritisiert Scholz: „Sind nur ganz wenige Schritte vorangekommen“

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) übte scharfe Kritik an der Ampel. „Die Bundesregierung hat heute trotz der konstruktiven Einstellung der Länder kaum Kompromissbereitschaft in ganz wesentlichen Fragen erkennen lassen“, sagte Wüst nach den Beratungen mit dem Kanzler. „Wir sind heute nur ganz wenige Schritte vorangekommen und noch längst nicht am Ziel.“

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (v.l., SPD), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Dienstag in Berlin. picture alliance / dpa | Bernd von Jutrczenka
Drei Männer sitzen bei einer Pressekonferenz an einem Tisch
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (v.l., SPD), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Dienstag in Berlin.

Aus Sicht vieler Länder sei das im Ergebnis einfach zu wenig. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Christian Günther (CDU) kritisierte: „Angesichts der wirklich schwierigen Lage, in der wir uns in Deutschland befinden, mit großer Unsicherheit in der Bevölkerung, hätte ich erwartet, dass der Bund mit sehr viel konkreteren Vorstellungen in diese Konferenz reingeht.“ Man sei im Prinzip weiterhin auf dem Stand der vergangenen Woche, als die Länderchefs alleine zusammengesessen haben, sagte Günther.

Günther: Sind auf selbem Stand wie vergangene Woche

Nach Günthers Überzeugung hilft es den Menschen nichts, wenn 200 Milliarden Euro als Entlastung in den Raum gestellt werden und nicht klar sei, was das für den einzelnen Bürger, für Handwerksbetriebe und Industrieunternehmen bedeute. „Hier braucht es dringend und schnell Klarheit.“

Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigte sich enttäuscht. „Ich hätte gehofft, dass wir einen Knopf dran machen, das ist leider nicht erfolgt“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in der US-Stadt Pittsburgh. Die Länder lägen mit dem Bund in einzelnen Fragen zu weit auseinander.

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So habe man sich nicht einigen können bei der Frage eines „Billigtickets“ für den Nahverkehr, sagte Kretschmann. Es mache keinen Sinn, ein billiges Ticket einführen, wenn die Länder gleichzeitig Züge abbestellen müssten, weil sie keine sogenannten Regionalisierungsmittel vom Bund bekämen.

Man müsse weiter an einer Einigung arbeiten, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD), nach den Beratungen in Berlin. Das 9-Euro-Ticket habe in Ballungsräumen erhebliche Erleichterungen gebracht, aber nicht in vielen ländlichen Räumen, wo es nicht so ein gutes Angebot gebe. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern sollten noch einmal beraten. Für Mitte Oktober ist eine Konferenz geplant. (dpa/tdo)

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