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Jens Kerstan (Grüne), Umweltsenator in Hamburg (Archivfoto)
  • Jens Kerstan (Grüne), Umweltsenator in Hamburg (Archivfoto)
  • Foto: picture alliance/dpa | Jonas Walzberg

Hamburg verschärft Klimaziele – darum sind trotzdem alle sauer

Der Klimwandel schreitet schneller voran als gedacht. Der Hamburger Senat will darauf reagieren und bis 2030 mehr CO2 einsparen als bislang festgeschrieben. Das geplante neue Hamburgische Klimaschutzgesetz mit verschärften Klimazielen soll nach Angaben von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) bis zum kommenden Sommer stehen.

„Wir planen, im Dezember beides im Senat zu beschließen”, sagte Kerstan am Dienstag. Ab Januar sei eine öffentliche Beteiligung für den neuen Klimaplan und den Gesetzentwurf geplant. Vor der Sommerpause werde der Senat das Gesetz dann endgültig beschließen und zur Abstimmung in die Bürgerschaft bringen.

Hamburg will Treibhausgasausstoß weiter reduzieren

Die Senatskommission für Klimaschutz hatte sich bereits darauf verständigt, den Treibhausgasausstoß bis 2030 um 70 Prozent zu reduzieren. Bislang sehen Klimaschutzplan und Klimagesetz der Hansestadt bis 2030 lediglich eine CO2-Reduktion um 55 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990 vor.

Welche zusätzlichen Maßnahmen mit den neuen Zielen festgeschrieben werden sollen, wollte Kerstan noch nicht sagen. Darüber werde derzeit unter den einzelnen Ressorts im Senat beraten. „Niedrige Ziele sind leicht einzuhalten”, kommentierte der Hamburger Vorsitzende des Umweltverbandes Nabu, Malte Siegert. „Für die Einhaltung des 1,5-Grad-Budgets müssen die CO2-Emissionen bis 2030 um 85 Prozent sinken.”

Klimaziele: Umweltsenator sieht Hamburg auf gutem Kurs

Auf der Pariser UN-Klimakonferenz war vereinbart worden, die menschengemachte Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf 1,5 Grad zu begrenzen. Derweil sieht Kerstan die Hansestadt bei ihren Klimazielen auf gutem Kurs.

Das im Masterplan Klimaschutz, einem Vorgänger des 2019 beschlossenen aktuellen Klimaplans, vorgegebene Ziel, bis 2020 im Vergleich zu 2012 rund zwei Millionen Tonnen CO2 einzusparen, sei erreicht worden, berichtete Kerstan. Damit müssten nun noch weitere 4,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, um das ursprüngliche 55-Prozent-Ziel bis 2030 zu erreichen.

Einsparungen nicht nur wegen der Pandemie

Die Lücke zum geplanten neuen 70-Prozent-Ziel bezifferte die Umweltbehörde auf etwa sieben Millionen Tonnen. Dabei handele sich nicht um „einen frommen Wunsch”, versicherte der Senator. Er wies darauf hin, dass viele Weichenstellungen der jüngsten Jahre erst jetzt zu greifen begännen.

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Kerstan betonte, dass für die Einsparungen der vergangenen Jahre nicht allein die Covid-19-Pandemie mit Lockdowns im Jahr 2020 verantwortlich sei. Bereits vor der Pandemie, beispielsweise von 2018 auf 2019, seien die CO2-Emissionen deutlich zurückgegangen.

Umweltverband spricht von „Blindflug”

Eine bessere Beurteilung des Corona-Effekts verspricht sich Kerstan von Daten für das Jahr 2021, die allerdings erst im Frühjahr 2023 vorlägen. Mit 40 Prozent der CO2-Einsparungen zwischen 2012 und 2020 geht der größte Teil nach Angaben der Umweltbehörde auf die Wirtschaft zurück.

Der Umweltverband BUND sprach von einem „Blindflug ohne Ambitionen”. Unbestritten sei bereits jetzt zu erkennen, dass die Emissionen nach der Hochphase der Pandemie wieder deutlich anstiegen, sagte Bund-Landesgeschäftsführer Lucas Schäfer. „Der Hamburger Senat hat offensichtlich für sein neues Klimaziel von 70 Prozent Reduktion ein eklatantes Monitoring-Problem.”

Kritik auch von der Opposition

Auch von der Opposition in der Bürgerschaft erntete Kerstan Kritik. „Es wäre ein wichtiges Signal für aktiven Klimaschutz, wenn der Senat eine erfolgreiche Umsetzung seiner Pläne von 2019 durch eigenes Handeln vermelden könnte”, sagte die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein laut einer Mitteilung.

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„Wenn aber über ein Drittel der CO2-Einsparungen durch freiwillige Beiträge der Hamburger Wirtschaft geleistet worden sind, dann hat das mit rot-grüner Politik nichts zu tun, sondern mit guter und flexibler Unternehmensführung. Das Gleiche lässt sich für die Auswirkungen der Corona-Pandemie sagen”, so die FDP-Abgeordente weiter.

Linke über Klimaplan des Senats: „Blick in die Glaskugel”

„Die Vorstellung des Senats gleicht einem Blick in die Glaskugel”, hieß es von der Linken. „Der Senat ist nicht mal in der Lage, Minderemissionen durch Corona von Einsparungen durch Klimaplan-Maßnahmen zu unterscheiden. Schon 2019 war klar, dass der Klimaplan nicht zur Erreichung der Klimaziele reichen wird, selbst wenn alle Maßnahmen zu 100 Prozent erfolgreich umgesetzt würden”, sagte deren umweltpolitischer Sprecher Stephan Jersch. „Es führt kein Weg daran vorbei, die Klimaziele zu verschärfen. Hoffen und Beschwören reichen jedenfalls nicht.” (dpa/mp)

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