Klimaproteste in Hamburg: Im Hafen kam es zum umstrittensten Vorfall
Sie seilten sich von der Elphi ab, färbten den Rathausbrunnen grün, klebten sich auf der Köhlbrandbrücke fest und blockierten Schienen im Hafen: Ein breites Bündnis von Aktivisten vom „System Change Camp“ hat am Wochenende für mehr Klimagerechtigkeit protestiert. Die Polizei reagierte teilweise mit Wasserwerfern und Pfefferspray. Eine Bilanz.
Es war der Höhepunkt der „Klima Aktionswoche“: Fünf Demozüge machten sich am Samstag aus unterschiedlichen Richtungen auf den Weg, der größte mit etwa 2000 Teilnehmern startete vom Protestcamp im Altonaer Volkspark. Das Ziel: Blockieren und Stören.
Ist das radikal? „Es ist radikal, die Klimakrise nicht ernst zu nehmen und massiv in fossile Infrastruktur zu investieren, wie es die Politik jetzt macht“, sagt Toni Lux, Sprecherin des Protestcamps. „Unser Kampf für den Erhalt unsere Lebensgrundlage ist rational und sinnvoll. Der Widerstand ist notwendig und mehr als gerechtfertigt.“
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Sie seilten sich von der Elphi ab, färbten den Rathausbrunnen grün, klebten sich auf der Köhlbrandbrücke fest und blockierten Schienen im Hafen: Ein breites Bündnis von Aktivisten vom „System Change Camp“ hat am Wochenende für mehr Klimagerechtigkeit protestiert. Die Polizei reagierte teilweise mit Wasserwerfern und Pfefferspray. Eine Bilanz.
Es war der Höhepunkt der „Klima Aktionswoche“: Fünf Demozüge machten sich am Samstag aus unterschiedlichen Richtungen auf den Weg, der größte mit etwa 2000 Teilnehmern startete vom Protestcamp im Altonaer Volkspark. Das Ziel: Blockieren und Stören.
Ist das radikal? „Es ist radikal, die Klimakrise nicht ernst zu nehmen und massiv in fossile Infrastruktur zu investieren, wie es die Politik jetzt macht“, sagt Toni Lux, Sprecherin des Protestcamps. „Unser Kampf für den Erhalt unsere Lebensgrundlage ist rational und sinnvoll. Der Widerstand ist notwendig und mehr als gerechtfertigt.“
Klimaproteste: Situation um Blockade im Hafen eskaliert
Im Hafen kam es zu dem umstrittensten Vorfall: Die Polizei ging mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray gegen eine Blockade der Kattwykbrücke vor. Die Blockierer trugen die weißen Maleranzüge, die das Markenzeichen der Gruppe „Ende Gelände“ sind. Die Gruppierung wurde vor einigen Jahren bekannt durch Massenblockaden in Braunkohlerevieren.
„Ende Gelände“ und auch die Linke kritisieren das Vorgehen der Polizei im Hamburger Hafen scharf. Die Polizei hält dagegen, dass auch Polizeibeamte gemeldet hätten, mit Pfefferspray angegriffen worden seien. Das wird wiederum von „Ende Gelände“ zurückgewiesen.
Protestcamp in Hamburg: Schreckten radikale Gruppen ab?
Obwohl derzeit Flüsse in ganz Deutschland austrocknen und Bauern wegen der Dürre um ihre Ernte fürchten – der große Zulauf wie bei früheren Klima-Demos blieb am Wochenende aus. Nach erster Schätzung der Veranstalter zelteten 2500 Menschen im Altonaer Volkspark. Ursprünglich wurden 6000 erwartet, Kritiker fürchteten im Vorfeld, dass „Chaoten die Stadt lahmlegen“, die Versammlungsbehörde hatte gar über zwei Instanzen versucht, das Camp gerichtlich verbieten zu lassen.
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Haben radikalere Klima-Gruppen, wie „Ende Gelände“, die breite Masse abgeschreckt? Die junge bürgerliche Mitte nimmt zwar an den Großdemos von „Fridays for Future“ teil, klebt sich aber eher nicht auf Fahrbahnen fest. Julius Nebel, Sprecher der Grünen Jugend, die ebenfalls involviert war, weist die These zurück: „Das glauben wir nicht. Ende Gelände sind relevante Akteure in der Klimabewegung, mit denen wir auch in der Vergangenheit erfolgreich zusammengearbeitet haben.“
Die Grüne Jugend befürworte zivilen Ungehorsam und die Blockaden vom Samstag. Auch Camp-Sprecherin Toni Lux, ist sicher: „Wir brauchen die gesamte Bandbreite der Aktionen, um ein Bewusstsein zu schaffen.“
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Der geringere Zulauf lag Nebels Erachtens eher an Corona – und dem vorherigen Streit mit der Versammlungsbehörde, der zu Unsicherheiten geführt habe. Die Veranstalter der Aktionswoche sind trotzdem zufrieden, so Lux: „Unser Ziel, mehrere tausend Menschen zu mobilisieren, haben wir erreicht.“ Internationale und nationale Aktivisten konnten sich weiterbilden und vernetzen. „Außerdem haben wir den Protest in die Stadt getragen und Aufmerksamkeit geschaffen. Wir sind mit dem Camp sehr zufrieden.“
Aktivisten in Hamburg: So reagiert die Politik
Dennis Thering, Vorsitzender der CDU-Fraktion, lehnt die radikale Form des Klimaprotestes ab: „Es kann nicht sein, dass fremdes Eigentum beschädigt und Warenverkehre durch Blockaden behindert werden“, so Thering zur MOPO. „Genau diese Art von Gewalt und Störungen galt es in Hamburg zu verhindern.” Dieser Aufgabe seien Innensenator Grote sowie Bürgermeister Tschentscher nicht ausreichend nachgekommen.
Jenny Jasberg (Grüne) fand das Klimacamp in Hamburg dagegen richtig. Es sei ein Ort der Bildung und Vernetzung gewesen und habe die Klimakatastrophe ins Bewusstsein gerückt. Ein Großteil der Proteste sei friedlich verlaufen: „Aktionen zivilen Ungehorsams wurden gewählt, um auf Ungerechtigkeiten hinzuweisen.“ Die Sorge, das Camp würde einer Radikalisierung Vorschub leisten, sei offenbar überhöht gewesen. Zudem findet es die Grünen-Politikerin „wünschenswert, wenn derartige von der Versammlungsfreiheit geschützte Zusammenkünfte in Zukunft problemfrei stattfinden könnten, ohne dass Aktivist*innen tagelang im Ungewissen darüber bleiben, wo sie ihre Zelte aufschlagen können.“
Am Montag endet das Camp, viele Aktivsten reisen ab. Am Dienstag beginnt der Abbau.