Die Absperrpoller sind bunt verziert.
  • Auf der linken Seite der Zimmermannstraße stehen jetzt Pfosten, vorher Autos geparkt haben.
  • Foto: Pia Schreiber

Parkplatz-Chaos in Harburg: Bunter Protest gegen Absperrpfosten

Plötzlich waren sie da, ganz ohne Vorwarnung. In der Zimmermannstraße (Wilstorf) standen eines Tages lauter Absperrpfosten am Straßenrand. Erst gingen die Anwohner:innen von einem Irrtum aus. Aber die Pfosten sind geblieben – und durch sie rund 35 Parkplätze verschwunden. In der Nachbarschaft formiert sich bunter Protest.

Die Zimmermannstraße ist eine ruhige Wohnstraße. Die Mehrfamilienhäuser stehen unter Denkmalschutz, haben gepflegte Vorgärten. Seit Oktober säumen rot-weiße Pfosten den linken Straßenrand, die im Abstand von etwa einem Meter in den Gehweg eingelassen wurden und verhindern, dass dort Autos abgestellt werden. Polizei und Bezirkspolitik waren von einer Privatperson auf die Enge von sowohl Fahrbahn als auch Gehweg hingewiesen worden. Nach einer Prüfung der Gefahrenlage wurden daraufhin die Absperrungen errichtet. 

Hamburg: Bunter Protest gegen verschwundene Parkplätze

Die Suche nach einer Abstellfläche in der Straße ist damit noch schwieriger geworden. Bereits Mitte der 90er Jahre gab es in der Zimmermannstraße zu wenige Parkplätze, deshalb wurde damals das Gewehgparken freigegeben. Bislang lief es dort so: Auf der linken Seite der Straße war Bordsteinparken vorgesehen. Zwei Drittel des Wagens wurden dort, ein Drittel auf der Fahrbahn geparkt. Weil es durch die auf der rechten Seite abgestellten Autos zu eng wird, wurden die Wagen einfach ganz auf dem Bordstein geparkt. Dadurch wiederum fehlt den Fußgängern Platz.

„Mittlerweile haben sich die Anforderungen an Schutz- und Sicherheitsräume geändert und wir mussten feststellen, dass die Gehwegbreite zu großen Teilen weniger als 1,5 Meter betrug. Regelhaft wurden Flächen, die für Fußgänger sind, mit in Anspruch genommen”, sagt ein Sprecher der Polizei auf Nachfrage der MOPO.


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Auch der zur Fahrbahn hin erforderliche Sicherheitsraum sei nicht eingehalten worden. Deshalb wurde die Erlaubnis zum Parken auf dem Gehweg in den Bereichen der Hausnummern 1 bis 5 und 11 bis 19 aufgehoben. Die Pfosten seien zum Schutz der Fußgänger:innen aufgestellt worden. 

Sarah (20) war bei der freiwilligen Feuerwehr. Sie sagt: „Hier war kein Platz für Einsatzfahrzeuge." Pia Schreiber
Sarah steht in der Zimmermannstraße
Sarah (20) war bei der Freiwilligen Feuerwehr. Sie sagt: „Hier war kein Platz für Einsatzfahrzeuge.“

Bei den Menschen, die hier wohnen, trifft die Maßnahme auf geteiltes Echo. Sarah (20), die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, hat Verständnis dafür. Sie wohnt schon ihr ganzes Leben in der Zimmermannstraße und war selbst bei der Freiwilligen Feuerwehr. „Hier wohnen viele ältere Leute – da müssen Einsatzfahrzeuge durch die Straße passen”, sagt sie. Die junge Frau erinnert sich daran, wie sie als Kind auf dem Gehweg der Zimmermannstraße das Fahrradfahren gelernt hat und dabei fast in die parkenden Autos hineingefahren ist. Aber sie verstehe nicht, warum eine Veränderung zu Lasten der Parkplätze gehen muss: „Die Mehrfamilienhäuser haben alle einen Vorgarten, der von niemandem genutzt wird. Warum kann man diese Fläche nicht einsparen und dafür die Parkplätze wieder frei geben?”

Die 73-jährige Jutta Buick möchte ihre Einkäufe in Ruhe entladen. Pia Schreiber
Jutta Buck steht in der Zimmermannstraße
Die 73-jährige Jutta Buick möchte ihre Einkäufe in Ruhe entladen.

Anwohnerin Jutta Buick steht aufgrund der Absperrpfosten vor einem Problem – und mit ihrem Auto regelmäßig mitten auf der Straße. Die 73-jährige lebt seit mehr als 50 Jahren in der Zimmermannstraße. Mittlerweile kann sie ihre Einkäufe ohne Auto nicht mehr erledigen. Entladen muss sie die in Windeseile und mit eingeschalteter Warnblinkanlage. Dann stellt sie ihr Auto auf einem Parkplatz ab, für den sie monatlich bezahlt. 

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Die Anwohner:innen, die sich über den Wegfall der Abstellflächen ärgern, haben sich zusammengetan: Sonntags treffen sie sich auf der Straße und umhäkeln die Pfosten mit buntem Garn. An Weihnachten wurden sie mit Tanne geschmückt, zum Valentinstag wurden frische Blumen angebracht. Damit wollen sie kreativ protestieren. Plakate mit Slogans wie „Durch die Poller werden wir zu Falschparkern!” schmücken die Hecken der Vorgärten. Sie wünschen sich einen Dialog mit dem Bezirk – und alternative Parkmöglichkeiten. 

Dincer Nizamoglu (47) ist genervt von der Parkplatzsuche. Pia Schreiber
Dincer Nizamoglu sitzt in seinem Auto.
Dincer Nizamoglu (47) ist genervt von der Parkplatzsuche.

Und die Parkplatz-Situation verschlechtert sich noch weiter: In der benachbarten Friedrich-List-Straße gibt es ein Neubauprojekt, das unter dem Motto „Autofreies Wohnen“ steht. „Die wohnen zwar ohne Auto – aber sie haben trotzdem eins! Abstellen tun sie es in unserer Zimmermannstraße”, ärgert sich Dincer Nizamoglu. Der 47-Jährige ist Elektriker, fährt einen großen Kastenwagen. „Das ist ein Firmenwagen, den ich nicht einfach irgendwo abstellen kann“, sagt er. Manchmal sucht er nach Feierabend 45 Minuten lang nach einem Parkplatz. Außerdem sei es auch für Kinder, die in der Straße spielen, gefährlicher geworden. Früher wären Autos vorsichtig durch die beidseitig beparkte Straße gefahren. „Jetzt brettern die mit 60 Sachen hier durch”.

Wie es weitergeht, ist unklar. Die Anwohner:innen wollen weiter kreativ gegen die Absperrpfosten protestieren, immer wieder sonntags.

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