Nachfrage in Hamburg steigt: Das Problem mit den Gesundheits-Apps
Die App auf Rezept: Seit 2021 kann man sich in Deutschland Gesundheits-Apps verordnen lassen. Dafür zahlt auch die Kasse. Die Nachfrage steigt zwar, hält sich grundsätzlich aber noch in Grenzen – auch in Hamburg. Und es gibt Kritik.
Häufiger als in den allermeisten Bundesländern werden in Hamburg sogenannte Gesundheits-Apps auf Rezept verordnet – zumeist von Hausärzten. Dennoch haben 2022 – im dritten Jahr nach der Einführung – auch in der Hansestadt nur 0,33 Prozent der Versicherten eine solche von der Krankenkassen bezahlten App heruntergeladen, wie aus dem Barmer-Arztreport 2024 hervorgeht. Das sind 328 Verordnungen pro 100.000 Versicherte. Nur die Berlinerinnen und Berliner liegen demnach mit 0,34 Prozent vor Hamburg an der Spitze. Der Bundesschnitt liegt bei 0,27 Prozent.
0,33 Prozent der Versicherten in Hamburg nutzen Gesundheits-Apps
Allerdings hätten sich die Zahlen in Hamburg 2022 mit über 6200 Verordnungen zum Vorjahr mehr als verdoppelt, sagte Barmer-Landesgeschäftsführerin Susanne Klein der Deutschen Presse-Agentur. „Der absolute Wert ist für sich betrachtet sehr gering und zeigt, dass Gesundheits-Apps noch nicht in der medizinischen Versorgung angekommen sind. Allerdings ist der Aufwärtstrend vielversprechend.“
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) könnten „ein wertvoller Bestandteil in der Versorgung der Patientinnen und Patienten werden“, sagte sie. Ziel sei es, damit Erkrankungen zu erkennen und Beschwerden zu lindern.
Viele Apps für Adipositas, Bewegungsprobleme und Depressionen
Die meisten Gesundheits-Apps seien im Zusammenhang mit Adipositas-Erkrankungen verordnet worden, gefolgt von Erkrankungen des Bewegungsapparats, Tinnitus, Depressionen sowie Schlaf- und Angststörungen. Mehr als ein Drittel der Rezepte hätten Hamburger Hausärzte ausgestellt, dahinter folgen mit deutlichem Abstand Neurologen, Orthopäden/Chirurgen, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte und Psychotherapeuten.
617 Mal hätten sich Versicherte mit ihrer ärztlichen Diagnose direkt an die Krankenversicherung gewandt und eine App beantragt. Frauen nutzen sie häufiger als Männer: Sie machen zwei Drittel aller Nutzer aus.
Die Untersuchung der Krankenkasse zeige aber auch, dass sowohl Behandlerinnen und Behandler als auch Patientinnen und Patienten häufig nur wenig über die Apps wüssten oder die digitalen Helfer ihren Erwartungen nicht entsprochen hätten, sagte Klein. So habe die Untersuchung ergeben, dass sich ein Drittel (33,2 Prozent) der Behandler schlecht oder sehr schlecht informiert fühlte. Nur rund ein Viertel (26 Prozent) gab an, gut oder sehr gut informiert zu sein.
Viele Patienten brechen App-Anwendung vorzeitig ab
34,5 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer nannten unerfüllte Erwartungen an die App für die vorzeitige Beendigung ihrer auf 90 Tage beschränkten Anwendung. Nur etwas mehr als die Hälfte (53,1 Prozent) hielt die gesamte Anwendungsdauer durch. Für 23,2 Prozent war innerhalb des ersten Monats Schluss, für 14,9 Prozent nach dem zweiten.
Die Zahlen zeigten, dass mehr Informationen nötig sind, sagte Klein. „Viele Menschen wissen nicht, was Gesundheits-Apps leisten können und wo deren Grenzen sind. Die Inhalte der einzelnen digitalen Anwendungen müssen unbedingt einheitlich und verständlicher als bislang im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte dargestellt werden.“
Zweiwöchiger Testzeitraum gefordert
Im DiGA-Verzeichnis werden derzeit mehr als 60 Apps angeboten. Im Schnitt zahlten die Kassen 367 Euro für eine Anwendungsdauer von 90 Tagen, sagte Klein. Angesichts der laut Umfrage vielfach nur kurzen Nutzungszeiten forderte sie einen zweiwöchigen Testzeitraum. „In diesen 14 Tagen können Versicherte prüfen, ob der Einsatz einer DiGA ihnen wirklich liegt.“
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Mike Müller-Glamann, Allgemeinmediziner aus Hellbrook und Vertreter der Hausärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, sieht darüber hinaus ein Missverhältnis bei den Kosten. „Wenn man im Gegenzug sieht, was ein Hausarzt in drei Monaten bekommt: Eine 90-Tage-App kostet so viel wie zweieinhalb Jahre hausärztliche Betreuung.“ (dpa/mp)