Nach Feuer-Inferno in Essen: Wie gefährlich sind Hamburgs gedämmte Fassaden?
Der Großbrand in Essen (MOPO berichtete) war verheerend: Ein einziges Feuer hatte am Montagmorgen innerhalb von nur 20 Minuten 35 Wohnungen zerstört, drei Menschen verletzt – und es grenzt fast ein Wunder, dass nicht mehr passiert ist. Einen Brand vergleichbaren Ausmaßes habe die Essener Feuerwehr nach eigenen Angaben noch nie erlebt. Das wirft viele Fragen zur Sicherheit der verbauten Materialien in Gebäuden auf – die MOPO beantwortet die wichtigsten.
Wie konnte sich das Feuer in Essen so schnell ausbreiten?
Auch am Dienstag konnten die Fragen nach der Brandursache und den Gründen für die rasante Ausbreitung des Feuers nicht abschließend geklärt werden. Ersten Erkenntnissen zufolge war das Feuer auf einem Balkon ausgebrochen. Nach Angaben der Essener Feuerwehr hat es sich von dort aus „rasend schnell“ weiterverbreitet – angefacht vom Sturmtief „Antonia“. Durch geborstene Fensterscheiben seien die Flammen schließlich in die Wohnungen eingedrungen.
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Der Großbrand in Essen (MOPO berichtete) war verheerend: Ein einziges Feuer hatte am Montagmorgen innerhalb von nur 20 Minuten 35 Wohnungen zerstört, drei Menschen verletzt – und es grenzt fast ein Wunder, dass nicht mehr passiert ist. Einen Brand vergleichbaren Ausmaßes habe die Essener Feuerwehr nach eigenen Angaben noch nie erlebt. Das wirft viele Fragen zur Sicherheit der verbauten Materialien in Gebäuden auf – die MOPO beantwortet die wichtigsten.
Wie konnte sich das Feuer in Essen so schnell ausbreiten?
Auch am Dienstag konnten die Fragen nach der Brandursache und den Gründen für die rasante Ausbreitung des Feuers nicht abschließend geklärt werden. Ersten Erkenntnissen zufolge war das Feuer auf einem Balkon ausgebrochen. Nach Angaben der Essener Feuerwehr hat es sich von dort aus „rasend schnell“ weiterverbreitet – angefacht vom Sturmtief „Antonia“. Durch geborstene Fensterscheiben seien die Flammen schließlich in die Wohnungen eingedrungen.
Laut Einschätzung von Experten könnte sich das Feuer über den Außenbereich, möglicherweise über eine Fassadendämmung, ausgebreitet haben. „Natürlich kann man das als Außenstehender nicht mit letzter Sicherheit sagen, aber wenn ich mir die ersten öffentlich zugänglichen Bilder und eine kurze Filmsequenz anschaue, dann sieht es zunächst so aus, dass sich das Feuer über die Fassade verbreitet hat“, sagte der Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands und Sachverständige für vorbeugenden Brandschutz, Frank Hachemer, der Deutschen Presseagentur.
Welche Dämmmaterialien waren in dem Wohnblock in Essen verbaut?
Bei dem Bau von 2015 sind zur Dämmung überwiegend Mineralfaserplatten verwendet worden – weil diese weniger brandanfällig als Polystyrol-Dämmstoffe seien, hieß es von der Wohngesellschaft Vivawest. Warum sich das Feuer dennoch derart schnell verbreiten konnte, erklärt das also nicht. Es gebe nach Studium der Bauakten keinerlei Hinweise für Unregelmäßigkeiten oder Pfusch beim Bau des Hauses, betonte der Essener Ordnungsdezernent Christian Kromberg. Die Untersuchungen zur Ursache dauern noch an.
Wie gefährlich ist Polystyrol?
Experten nutzen die Aufmerksamkeit durch das Feuer-Inferno, um auf das „enorme Gefahrenpotential“ durch moderne Außenfassaden aufmerksam zu machen. Dirk Aschenbrenner, Präsident der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (VFDB), möchte die Öffentlichkeit dafür sensibilisieren, dass es inzwischen Tausende Häuser in Deutschland gibt, die mit dem preisgünstigen Polystyrol gedämmt wurden. „Solange der Putz komplett geschlossen ist, ist das Risiko reduziert. Wir stellen aber fest, dass vielerorts der Putz an der gedämmten Fassade bröckelt. Manchmal picken auch Vögel Löcher hinein. Dann reicht ein kleines Feuer aus, um das Material zu entzünden, und der Brand breitet sich schnell aus“, sagte er der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.
Wie sicher sind Hamburgs Gebäude vor Bränden?
Die SAGA betont gegenüber der MOPO, dass ihre 137.000 Wohnungen den gesetzlichen Brandschutzbestimmungen entsprechen und dahingehend fortlaufend durch externe Sachverständige überprüft werden. Neben regelmäßigen Wartungen der Anlagetechnik würden etwa alle drei Jahre auch die technischen Anlagen in Sonderbauten wie Hochhäusern überprüft. Die Frage, welche Dämmmaterialien bei SAGA-Bauten überwiegend verwendet worden sind, ließ ein Sprecher unbeantwortet.
Der Mieterverein zu Hamburg hingegen betont ebenfalls die Gefahren, die das Verbauen von Polystyrol birgt. „Wir wissen, dass wir einen gefährlichen Stoff an die Wände kleben“, sagt Dr. Rolf Bosse der MOPO. Er geht davon aus, dass sich nun vermehrt Mieter melden werden, die mit Fragen auf den Verein zukommen.
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Bosse verwies auch auf ein Urteil aus Berlin, wonach Mieter die Aufbringung des Polystyrol zu dulden haben. In der Begründung heißt es: „Der eingesetzte Dämmstoff ist als solcher zugelassen, nach dem Inhalt des Gesetzes kommt es allein auf die wärmedämmenden Eigenschaften des einzusetzenden Dämmstoffes an. Diese ist unstreitig gegeben. Mit der Zulassung des Baustoffes werden die vereinzelt aufgetretenen Risiken offenbar in Kauf genommen.“
Könnte sich in Hamburg ein Gebäudebrand vergleichbaren Ausmaßes ereignen?
Aus einer Pressemitteilung der Feuerwehr in Essen geht hervor, dass es sich bei dem Gebäudekomplex in Essen um ein Wärmedämmverbundsystem handelte und die vorgehängten Balkone und Abtrennungen in einer Kunststoffbekleidung ausgeführt waren. „Bedingt durch den Wind kann es schon zu solch einer schnellen Brandausbreitung kommen“, sagt Heiko Runge, Sprecher der Feuerwehr-Gewerkschaft in Hamburg, der MOPO. Und dafür brauche es bei einer solchen Dämmung nicht einmal Wind, wie Brandversuche zeigen.
Es sei möglich, dass damals aktuelle Vorgaben zum Brandschutz nicht ausreichend gewesen sind. „Natürlich könnte es auch in Hamburg bei Gebäuden mit Wärmedämmverbundsystem ebenfalls zu einem schweren Verlauf kommen“, so Runge. Jedoch seien in Essen so viele beeinflussende Faktoren zusammengekommen, dass eine solche Ausprägung dann doch unwahrscheinlich erscheine.