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  • Das 1879 als Völkerkundemuseum gegründete Haus nennt sich heute: Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt (MARKK).
  • Foto: Quandt

Museum hat „Leichen im Keller”: Hinter diesen Mauern befindet sich Raubkunst

Rotherbaum –

Das ehemalige Museum für Völkerkunde (heute MARKK) an der Rothenbaumchaussee gleicht einer Trutzburg. Und das war das Gebäude auch bis vor Kurzem. All die Vorgänger der heutigen Direktorin stellten sich jahrzehntelang taub, wenn es darum ging aufzuklären, wie vor allem die 50.000 afrikanischen Objekte in das Museum gelangt sind. Die Antwort: Bis zu 90 Prozent der Bestände sind von Kolonialisten geraubt, gestohlen oder ertrogen worden. Ich fordere: Gebt den Menschen in Afrika ihr kulturelles Erbe zurück.

Können Sie sich vorstellen, dass die zehn besten Werke Dürers im Depot eines Museums in Accra/Ghana lagern? Oder dass fünf Top-Werke Holbeins sich in einem Museum in Nigeria befinden? Oder dass Deutsche in die Elfenbeinküste fliegen müssten, um einen Cranach zu bewundern? Sicher nicht. Aber genau so geht es Afrikanern, wenn sie jahrhundertealte Meisterwerke ihrer Kulturen betrachten wollen. Die befinden sich nämlich vor allem in britischen, französischen oder deutschen Museen.

Raubkunst: „Kolonialisten” plünderten Afrika aus

Ab etwa 1880 begannen europäische ​​Kolonialisten in Afrika eifrig zu „sammeln“. So entstanden die Grundstöcke von unschätzbar wertvollen Kollektionen, die bis heute die europäischen Museen füllen. Bis vor Kurzem hat es hier niemanden so recht interessiert, woher die afrikanischen Masken, Statuen, goldenen Halsketten, Waffen oder Bronze-Reliefs eigentlich stammen. Noch heute ist auf der Website des „MARKK“ unkommentiert zu lesen, dass die afrikanischen Sammlungsgegenstände ab 1850 von „Hamburger Kaufleuten oder Seefahrern“ dem Museum geschenkt wurden.

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Aufsatzmaske der Abo/Kamerun vor 1897. Herkunft: „Gesammelt von Leutnant Späthe“ 

Foto:

Quandt

Noch bei der aktuellen Afrika-Ausstellung: „Hey Hamburg, kennst du Duala Manga Bell?“ im Museum steht da zur Herkunft einer 120 Jahre alten prachtvollen Maske aus Kamerun: „Gesammelt von Leutnant Späthe“. Ach, da stellt sich doch die Frage, wie der Herr Offizier in Afrika „gesammelt“ hat. Fakt ist, wenn ein deutscher Offizier etwas wollte, dann hat er es bekommen. Und wer sich weigerte, wurde mit Waffengewalt gezwungen, die Gegenstände herauszugeben. Genauso wenig wie ein jüdischer Kunstsammler ab 1933 in Deutschland „freiwillig“ seine Werke veräußert hat, genauso wenig war der Aufbau westlicher Museumsbestände vor 120 bis 140 Jahren legal. Ein Großteil der Afrika-Bestände des Hamburger MARKK ist Raubkunst und nichts anderes.

Vergangene Woche hat die Bundesregierung entschieden, die weltberühmten „Benin-Bronzen“ nach Nigeria zurückzugeben. 1897 hatten britische Truppen das Königreich Benin überfallen und 5000 Objekte aus dem königlichen Palast geraubt. Darunter viele Bronzen. Etwa 1000 sollen sich in Deutschland befinden, knapp 200 davon liegen zurzeit im Depot des Hamburger MARKK. Diese kleine Rückgabe kann nur ein Anfang sein.

Museumsdirektorin Barbara Plankensteiner

Museumsdirektorin Barbara Plankensteiner

Foto:

Florian Quandt

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat entschieden, alle afrikanischen Objekte zurückzugeben. Das wünschen sich afrikanische Staaten schon seit den 70er Jahren. Doch westliche Museumsdirektoren und Regierungen reagierten einfach nicht. Oder sie gaben heuchlerisch vor, die unermesslichen Schätze bewahren zu müssen, weil die in Afrika nicht sicher seien.

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Die Hamburger MARKK-Chefin Barbara Plankensteiner war maßgeblich beteiligt an der Rückgabe der „Benin-Bronzen“. Doch das kann nur der erste Schritt sein. Die Ethnologin muss damit leben, dass sie in ihrem ehrwürdigen Haus „Leichen im Keller“ hat. Das Schlimme: Sie weiß nicht wie viele. Sie spricht von einer „laufenden Inventur“. Erst seit 2020 gibt es in dem Museum wieder eine „Afrika-Kuratorin“. Die arme Frau hat viel zu tun. Dabei hilft ihr ein einsamer „Provenienzforscher“. Die Veröffentlichung von Objektlisten im Internet ist allerdings lobenswert. Erst so können Afrikaner erkennen, ob ihre Kunstgegenstände im Hamburger Museumsdepot verstauben. Kein Wunder also, dass das „MARKK“ bisher nicht ein einziges von 50.000 Sammlungsobjekten dahin zurückgegeben hat, wo es hingehört – nach Afrika.

Hamburg: Kultursenator Brosda will Rückgaben forcieren 

Kultursenator Carsten Brosda wird sich beim Wort nehmen lassen müssen, wenn er in der MOPO ankündigt: „Unser Ziel ist es, durch die Rückgabe von Raubkunst zu einer dauerhaften kulturellen Verständigung beizutragen.“ Richtig so. Aber die ausgeplünderten Länder müssen nicht bitten, sie haben ein verdammtes Recht auf so eine Haltung. 

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