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Das Containerschiff „Northern Justice“ liegt zur Abfertigung an den Terminals im Hamburger Hafen.
  • Dem Hamburger Hafen drohen 48 Stunden Stillstand. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance/dpa | Axel Heimken

Streik hat begonnen: Hamburgs Hafen droht kompletter Stillstand

Es geht zwar nur um 12.000 Arbeitnehmer. Doch die können den Containerumschlag in den Häfen lahmlegen – und damit die zentralen Drehscheiben für Im- und Export der deutschen Wirtschaft. Die sind seit der Corona-Krise ohnehin kräftig aus dem Takt geraten.

Im Konflikt um die Entlohnung der Hafenarbeiter haben am Donnerstagmorgen in allen wichtigen Nordseehäfen erneut Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi begonnen. Seit 6 Uhr haben Mitarbeiter der Frühschicht in Bremen und Bremerhaven die Arbeit niedergelegt, wie der Verdi-Bezirksgeschäftsführer Bremen-Nordniedersachsen, Markus Westermann, am Morgen sagte. Die Arbeitsniederlegungen seien bis Samstagmorgen um 6 Uhr geplant.

Auch am Hamburger Hafen habe der Warnstreik begonnen, sagte der Gewerkschaftssekretär im Fachbereich Verkehr und Maritime Wirtschaft bei Verdi Hamburg, Stephan Gastmeier. „Die Kollegen haben ihre Posten bezogen.“ Der Streik sei ebenfalls bis zum Samstagmorgen geplant.

Damit soll im festgefahrenen Tarifstreit um höhere Löhne der Druck nach mittlerweile sieben ergebnislosen Verhandlungsrunden nochmals erhöht werden. Die Warnstreiks beträfen alle wichtigen Häfen an der Nordsee – also neben dem mit Abstand größten deutschen Seehafen Hamburg auch Bremerhaven, Bremen, Emden, Wilhelmshaven und Brake, wie Verdi-Verhandlungsführerin Maya Schwiegershausen-Güth sagte.

Auch siebte Verhandlungsrunde scheitert

Zuvor war es dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und Verdi auch in einer siebten, mehr als achtstündigen Verhandlungsrunde nicht gelungen, einen für beide Seiten akzeptablen Tarifkompromiss zu erzielen. Beide Seiten verhandeln für rund 12.000 Beschäftigte in 58 tarifgebundenen Betrieben in Hamburg, Niedersachsen und Bremen. Die Hafenarbeiter hatten bereits im Juni zweimal die Abfertigung von Schiffen lahmgelegt, zuletzt am 23. Juni für 24 Stunden.

Für Donnerstag ruft die Gewerkschaft Verdi die Hafenarbeiter zum erneuten Warnstreik auf. (Symbolbild) picture alliance/dpa | Axel Heimken
Hafenarbeiter hängen am Zaun der Containerterminals der HHLA (Hamburger Hafen und Logistik AG) ein Schild mit der Aufschrift „Warnstreik“ auf.
Für Donnerstag ruft die Gewerkschaft Verdi die Hafenarbeiter zum erneuten Warnstreik auf. (Symbolbild)

Die Auswirkungen des Warnstreiks auf die Abfertigung der Container- und Frachtschiffe dürften erheblich sein und das Be- und Entladen der Schiffe weitgehend zum Erliegen bringen. Damit verschärft sich die ohnehin gespannte Lage mit einem Schiffsstau auf der Nordsee weiter und die Abläufe an den Kaikanten dürften noch weiter aus dem Tritt geraten. ZDS-Verhandlungsführerin Ulrike Riedel nannte den Streikaufruf angesichts der zulasten von Verbrauchern und Unternehmen gestörten Lieferketten „unverantwortlich”. Die Haltung von ver.di schade der internationalen Reputation, der Wettbewerbsfähigkeit und dem Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt.

Stau in deutscher Bucht: 20 Frachter warten auf Abfertigung

Coronabedingt herrscht im globalen Verkehr von Container- und Frachtschiffen ohnehin schon lange großes Durcheinander. Nach jüngsten Berechnungen am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) stecken in der Nordsee mehr als zwei Prozent der globalen Frachtkapazität im Stau. Derzeit warten rund 20 Frachter auf Ankerplätzen in der Deutschen Bucht auf Abfertigung, die meisten mit Ziel Hamburg.

Verdi ist mit einem Forderungspaket angetreten, das nach eigener Aussage je nach Lohngruppe bis zu 14-prozentige Entgelterhöhungen bei einer Laufzeit von 12 Monaten bedeuten würde. Der ZDS hat nach mehrfachen Nachbesserungen zuletzt ein „finales Angebot” auf den Tisch gelegt, dass der Verband für Containerbetriebe mit einem Volumen von bis zu 12,5 Prozent beziffert, und für konventionelle Betriebe mit 9,6 Prozent, allerdings bei einer Laufzeit von 24 Monaten. Das Verdi-Forderungspaket wie auch das ZDS-Angebot umfasst mehrere Komponenten, die aus einer Erhöhung der Stundenlöhne, der Zulagen sowie Einmalzahlungen bestehen.

Das sind die besonders strittigen Punkte

Besonders umstritten ist, wie es bei einer zweijährigen Laufzeit 2023 weitergehen soll. Verdi strebt Sonderkündigungsklauseln an, um den für das kommende Jahr angebotenen Erhöhungsschritt gegebenenfalls nachverhandeln zu können. Dazu hat der ZDS am Mittwoch nach eigener Aussage einen Kriterienkatalog vorgeschlagen, über den sich beide Seiten aber nicht einigen konnten.

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Im Detail sollen laut ZDS die Stundenlöhne rückwirkend ab Juni um 1,20 Euro (im Autoumschlag um 90 Cent) steigen. Die Zulage in Containerbetrieben soll um 1500 Euro beziehungsweise in konventionellen Betrieben um 750 Euro steigen. Zusätzlich sollen Beschäftigte in Containerbetrieben eine Einmalzahlung von 700 Euro erhalten. Ab Juni 2023 sollen nach ZDS-Vorstellungen die Stundenlöhne und Zulagen um weitere 3,1 Prozent steigen.

Verdi-Verhandlungsführerin Schwiegershausen-Güth kritisierte, das aktuelle Angebot sei „in der Betrachtung aller Komponenten noch immer ungenügend”. Es verteile das Risiko der Preisentwicklung insbesondere im zweiten Jahr einseitig auf die Schultern der Beschäftigten. „Wir brauchen einen Tarifvertrag, der bessere Einkommen sichert, und das für die gesamte Laufzeit des Tarifvertrages.”

ZDS-Verhandlungsführerin Riedel rügte, Verdi beharre auf Maximalforderungen, während in vergleichbaren Branchen aktuell Tarifabschlüsse mit teilweise deutlich niedrigeren Konditionen abgeschlossen würden. Sie erneuerte die bislang von Verdi abgelehnte Forderung, „endlich einer Schlichtung zuzustimmen, damit wir zu einer Lösung kommen können”.

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