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Manuel Neuer
  • DFB-Kapitän Manuel Neuer mit der „One Love“-Binde. Diese wird er beim Spiel gegen Japan nun doch nicht tragen.
  • Foto: picture alliance/dpa/Christian Charisius

Kommentar zur Binden-Farce: Erspart uns in Zukunft eure Sonntagsreden!

DFB-Keeper Manuel Neuer wird am Mittwoch nicht wie angekündigt mit der „One Love“-Kapitänsbinde auflaufen. Das ist für sich genommen noch gar nicht schlimm. Zu einem Skandal wird es erst dadurch, dass der DFB – und mit ihm zahlreiche andere europäische Verbände – mit der Botschaft von Meinungsfreiheit, Toleranz und Gleichberechtigung seit Monaten hausieren gehen.

Aber jetzt, wo es wirklich darauf ankommen würde und man ein Signal vor allem in die gesamte arabische Welt senden könnte, kneifen die europäischen Fußball-Funktionäre. Die Fifa hatte den Mannschaften, die nicht die vorgeschriebenen Binden tragen, „sportliche Konsequenzen“ angedroht. Das genügte bereits, um die Botschaften der europäischen Fußball-Verbände als das zu entlarven, was sie sind: zynische Sonntagsreden, die man aus PR-Gründen gerne hält, die aber keinerlei „Kosten“ verursachen dürfen.

Es ist so erbärmlich: Unbekannte Sanktionen, womöglich gerade einmal eine gelbe Karte für den Kapitän, sind bei der Fußball-WM höher zu bewerten als der Kampf der Frauen im Iran um Selbstbestimmung oder die Menschenrechte von Schwulen und Lesben in aller Welt. Die iranischen Spieler haben am Montag als Protest gegen das Regime die Hymne nicht mitgesungen – das war ein Zeichen!

Die Europäer waren zu feige für eine Kraftprobe

Geradezu erschütternd ist auch, dass die Europäer noch nicht einmal versucht haben, sich gegen die Fifa zur Wehr zu setzen. Sie hätten es durchaus auf eine Kraftprobe ankommen lassen können. Dann hätte das Thema womöglich wochenlang weltweit extrem viel Aufmerksamkeit bekommen. Das wäre sicher nicht im Interesse der Fifa oder Katars gewesen. Auch hätten die europäischen Verbände mit einer Abreise drohen können: Ohne den europäischen Markt wären die wichtigsten Fleischtöpfe des korrupten Haufens Fifa bedroht gewesen. Das hätten sie niemals riskiert.

So haben sich der DFB und die sieben anderen europäischen Verbände aber von der Fifa am Nasenring durch die Zirkus-Manege führen lassen. Das wird den Fußball-Weltverband nur noch in dem Glauben bestärken, dass die viel gepriesenen europäischen Werte nur Wortgeklingel sind und man auch in Zukunft ungestört besonders gute Geschäfte mit Autokraten machen kann. Allen Sonntagsreden in Europa zum Trotz. Es sind schwarze Tage für den Fußball.

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