• Vorgespräch im Hamburger Impfzentrum (Symbolbild).
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Mehr Rechte für Geimpfte?: Das sagen Hamburgs Bürgermeister und Veranstalter

Sollen Geimpfte mehr Freiheiten haben dürfen als Nichtgeimpfte? Der Deutsche Ethikrat hält es für falsch, die Corona-Einschränkungen für Geimpfte früher zu beenden. Das teilte er am Donnerstag in einer Empfehlung mit. In einigen Bereichen wie Seniorenheimen und Veranstaltungen seien Ausnahmen jedoch denkbar. Die MOPO erklärt, was die Empfehlungen konkret im Alltag bewirken könnten und wie Hamburg die Sache sieht. 

Warum hält der Ethikrat nichts von Impf-Privilegien?

„Ich würde mich freuen, wenn man den Begriff nicht mehr benutzen würde“, sagt die Vorsitzende des Ethikrates, Alena Buyx. Er sei unpräzise und sorge für eine unnötige Verschärfung der öffentlichen Debatte.

Es müsse erst geklärt werden, ob von geimpften Menschen weiterhin eine Ansteckungsgefahr ausgehe oder nicht. Eine vorherige individuelle Rücknahme der Maßnahmen nur für Geimpfte wäre auch mit Blick auf die allgemeine Akzeptanz der Maßnahmen nicht richtig.

Das sagt Hamburgs Bürgermeister

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hält eine Diskussion um Privilegien für Corona-Geimpfte ebenfalls für verfrüht. „Noch haben wir keine Lage, in der wir über solche Szenarien nachdenken können“, sagte er am Donnerstag dem Sender Radio Hamburg.

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„Wir wissen im Moment nur, dass die Impfstoffe vor der Erkrankung schützen, aber noch nicht, ob man als Geimpfter das Virus weitergibt oder nicht.“ Auch vor dem Hintergrund des nach wie vor knappen Impfstoffs könne und solle man keine Diskussion über eventuelle Privilegien führen.

Maskenpflicht und Abstandsregeln

Abstandsregeln und Maskenpflicht bewertet der Ethikrat als „vergleichsweise geringe Freiheitsbeschränkungen“. Sie seien noch eine längere Zeit zumutbar. Ausnahmen könnten für „Unsicherheiten und Unruhe sorgen“. Diese Maßnahmen sollten laut des Rats auch gelten, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass Geimpfte das Virus nicht oder nur in geringem Maße weitergeben können.

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In der U-Bahn sei beispielsweise „nicht zumutbar, dass jemand kontrolliert, wer einen Impfpass dabei hat und wer nicht“, sagte Sigrid Graumann. Wenn viele U-Bahn-Fahrer ohne Maske unterwegs wären, sei zu befürchten, dass auch die Bereitschaft der anderen Fahrgäste, sich an die Vorschrift zu halten, sinke.

Pflegeeinrichtungen und Seniorenheime

Der Ethikrat plädierte dafür, die zum Schutz vor Covid-19 extremen Kontaktbeschränkungen in Heimen für Senioren, Behinderte oder chronisch Kranke nach der Impfung aufzuheben. Der Verzicht auf gemeinsame Mahlzeiten und andere Isolationsmaßnahmen, die Depressionen und ein rasches Voranschreiten von Demenz begünstigen könnten, sei hier „nur zu rechtfertigen, solange die in solchen Einrichtungen Lebenden noch nicht geimpft sind“.

Alena Buyx, Vorsitzende Deutscher Ethikrat

Alena Buyx, Vorsitzende Deutscher Ethikrat

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Hier gehe es nicht um Sonderrechte, sondern um die Rücknahme von der Benachteiligung, betonte Ratsmitglied Sigrid Graumann. In den Einrichtungen zum Schutz der Menschen, die nicht geimpft werden könnten oder nicht geimpft werden wollten, weiter alle Maßnahmen aufrechtzuerhalten, wäre nicht mehr angemessen. Die nicht geimpften Bewohner müssten dann mit anderen Maßnahmen wie Schnelltests, FFP2-Masken und Schutzkleidung für Pflegekräfte geschützt werden.

Flugreisen

Die australischen Fluggesellschaft Qantas hat angekündigt, demnächst zumindest auf ihren internationalen Flügen nur noch geimpfte Personen zuzulassen. Zu diesem Punkt gab der Ethikrat keine direkte Empfehlung. Es sei aber durchaus vorstellbar, dass bei einem Fortschreiten des Impfprogramms in Zukunft Staaten die Einreise von einem Impfnachweis abhängig machen.

Konzerte und Events

Private Veranstalter sollten aus Sicht des Ticketverkäufers CTS Eventim in Zukunft die Möglichkeit haben, nur geimpfte Menschen für Veranstaltungen zuzulassen, sobald genügend Impfstoff für alle zur Verfügung steht. Diese Nachricht sorgte am Mittwoch für Aufsehen. CTS Eventim weist jedoch die Darstellung zurück, die Teilnahme an Veranstaltungen an eine Impfung gegen das Coronavirus binden zu wollen. Der Ethikrat verwies am Donnerstag darauf, dass Privatpersonen und private Unternehmen aufgrund ihrer Vertragsfreiheit grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung sind, mit wem sie einen Vertrag schließen.

Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wird der Impfstatus nicht als Diskriminierungstatbestand erfasst. Das heißt, private Konzertveranstalter dürften sich theoretisch aussuchen, ob sie nur noch Geimpfte zu ihren Veranstaltungen zulassen. „Daraus ergibt sich aber keine Impfpflicht durch die Hintertür“, betonte Alena Buyx. Schließlich wäre es etwa denkbar dann Tests für Nichtgeimpfte als Alternative anzubieten.

Das sagen Hamburger Konzertveranstalter

„Die Stellungnahme der Ethik-Kommission halte ich an dieser Stelle für absolut nachvollziehbar, auch wenn das für uns natürlich äußerst schmerzhafte Konsequenzen bedeutet“, sagt Hannes Notzke von der Konzertdirektion Palme GmbH. Denn leider könne man ja noch nicht mit Gewissheit sagen, ob durch eine Impfung auch das Risiko einer Ansteckung verhindert wird.

Für bemerkenswert hält Notzke vor allem den Zusatz der Ethik-Kommission, dass die aktuellen Einschränkungen nur so lange Bestand haben dürfen, solange eine Überlastung des Gesundheitssystems mit den einhergehenden Folgen droht. „Solange diese Situation anhält, bleibt uns als Konzertveranstalter nichts Anderes übrig, als die eigenen Interessen dem Allgemeinwohl unterzuordnen.“

Die MOPO hat Anfragen an mehrere Konzertveranstalter versandt. Der Großteil der Veranstalter wollte sich nicht zu dem Thema äußern.

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