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  • Im „Seniorenhaus Matthäus“ haben sich mehr als zwei Drittel der Bewohner mit Corona angesteckt.
  • Foto: Patrick Sun

Tödliche Entscheidungen: So verheerend wütet Corona in Hamburgs Pflegeheimen

Winterhude –

Schon wieder ein Corona-Ausbruch in einem Hamburger Seniorenheim – mehr als zwei Drittel der Bewohner sind infiziert, fast ein Dutzend gestorben. Ein Großteil des Infektionsgeschehens in Hamburg findet in Alten- und Pflegeheimen statt. Wieso schafft man es nicht, solche Ausbrüche zu verhindern?

Im Hamburger „Seniorenhaus Matthäus“, einem Pflegeheim der Diakoniestiftung Alt-Hamburg, haben sich seit Weihnachten 88 der 118 Bewohner mit dem Corona-Virus angesteckt. Das bestätigte der Assistent der Diakonie-Geschäftsführung, Jan Hell. Auch 26 der 96 Mitarbeiter hätten sich infiziert; zehn Bewohner seien an den Folgen ihrer Infektion verstorben. Die einzig gute Nachricht: „29 Bewohner und 21 Mitarbeiter sind inzwischen aus der Quarantäne entlassen, gelten also als genesen. Fast alle noch Infizierten haben zudem leichte Verläufe.“

Corona in Pflegeheimen: 0,8 Prozent der Hamburger sorgen für zwei Drittel der Todesfälle

Doch die Zahlen sind erschreckend. Und sie treiben die Infektions- und Todeszahlen für die ganze Hansestadt in die Höhe: 16.300 Personen leben (Stand 2019) in Hamburger Alten- und Pflegeheimen. Das sind gerade einmal 0,8 Prozent der gesamten Bevölkerung. Und doch machten die 403 Pflegebedürftigen, die bis Ende Dezember mit dem Corona-Virus gestorben sind, mehr als zwei Drittel der 598 im Jahr 2020 Verstorbenen in Hamburg aus. In etwa 70 der 152 Hamburger Pflegeheime gab es in der ersten Januarwoche Ausbruchsgeschehen. „Die Gefahr für schwere Verläufe und Todesfälle ist bei den ältesten Menschen besonders hoch“, erklärt Anja Segert von der Sozialbehörde.

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Warum gibt es so viele Corona-Ausbrüche in Pflegeheimen?

Doch warum kann man die pflegebedürftigen Menschen nicht besser schützen? „Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sucht gerade gemeinsam mit dem Gesundheitsamt nach den Ursachen des Ausbruchs und der starken Verbreitung“, erklärt Jan Hell von der Diakoniestiftung Alt-Hamburg. Er selbst sieht in den jüngsten Besuchsregelungen mögliche Ansteckungsrisiken:

„Während der ersten Corona-Welle im Frühjahr gab es in fast allen Pflegeheimen Besuchsverbote und wir hatten deutlich weniger Ausbrüche“, so Hell. „Im zweiten Lockdown hat die Politik ihre Strategie verändert, um die Heimbewohner nicht mehr so stark zu isolieren. Angehörige dürfen die Bewohner jetzt besuchen und es wird auf Testungen gesetzt.“

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Hamburg: FFP2-Maskenpflicht in Pflegeheimen

Jeder Mitarbeiter werde zweimal, die Bewohner durchschnittlich einmal pro Woche getestet. Ohne einen negativen Test dürfe kein Besucher ein Heim betreten. „Der Test darf aber bis zu zwei Tage alt sein“, so Hell. Gerade über Weihnachten hätten viele Bewohner Besuch von ihren Angehörigen bekommen oder seien mit zu ihnen nach Hause gefahren. Dadurch sei das Risiko größer geworden. Einen Fortschritt gibt es aber im Vergleich zur ersten Corona-Welle: „In den Hamburger Pflegeeinrichtungen tragen alle Mitarbeiter mittlerweile FFP2-Masken, um sich und die Bewohner besser zu schützen. Auch die Pflegebedürftigen tragen solche Masken, wenn sie sich frei im Haus bewegen können und geistig dazu in der Lage sind“, berichtet Jan Hell.

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Die Diakoniestiftung betreibt 11 Pflegeheime in Hamburg. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie gab es in diesen Häusern insgesamt zwei Ausbrüche – inklusive dem im „Seniorenhaus Matthäus“. „Dieses Ergebnis ist insgesamt eigentlich sehr gut“, sagt Jan Hell aus der Geschäftsführung. „Aber hier geht es nicht um Statistiken, sondern um Einzelschicksale und wir bedauern jede Infektion außerordentlich.“

Im „Seniorenhaus Matthäus“ hat das Gesundheitsamt jetzt das Kommando. Besuche sind strengstens untersagt – genauso wenig dürfen Bewohner das Heim verlassen. Wann das Verbot aufgehoben wird, ist noch unklar. Geimpft sind die Bewohner der Einrichtung übrigens noch nicht. In Häusern mit Ausbruchsgeschehen darf Hell zufolge nicht gegen Corona geimpft werden. „Ich denke aber, die Bewohner werden in Kürze auch einen Impftermin bekommen.“

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