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  • Ein Kind sitzt traurig an seinem Schreibtisch. (Symbolbild)
  • Foto: imago images/photothek

Kinderrechte im Grundgesetz: Wieso Hamburger Politiker den Entwurf kritisieren

Vier neue Sätze in der Verfassung sollen Kindern in Deutschland mehr Rechte geben. Der Entwurf der Bundesregierung sorgt allerdings für Kritik. Politikern und Kinderschutzverbänden geht er nicht weit genug. Der Hamburger Kinderschutzbund hat in der vergangenen Woche Politiker und Experten aus der Stadt zu einer Online-Debatte eingeladen. Am Ende der Veranstaltung durften die Zuhörer abstimmen, ob sie den Gesetzentwurf annehmen würden.

Kinder wissen meist schon ganz genau, was ihnen wichtig ist. Trotzdem finden sie in politischen Entscheidungen oft keine ausreichende Berücksichtigung. Unterricht am Bildschirm, kaum noch Freunde treffen, sich neuen Regeln anpassen – gerade in der Pandemie wird das deutlich.

Kinderrechte im Grundgesetz: So sieht der Entwurf aus

Vier ergänzende Sätze in Artikel 6 des Grundgesetzes sollen das jetzt ändern. So lautet der Entwurf der Regierung:

„Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

Verfassung: Was kann sich für Kinder ändern?

Vereine wie der Kinderschutzbund hoffen, dass Kinder mit der Verfassungsänderung stärker gehört werden. Sie könnten im Idealfall auch bei Maßnahmen mitbestimmen, die sie selbst betreffen wie dem Bau von Schulen oder Spielplätzen. Auch von öffentlichen Institutionen wie Gerichten müssten Kinderrechte noch strikter beachtet werden.

Opposition ist der Entwurf noch zu lasch

„Der Schutz und die Entwicklung der Kinder erhalten damit eine klare grundgesetzliche Verantwortung“, sagte Marcus Weinberg, familienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Für die Grundgesetzänderung sind Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat notwendig. Die große Koalition ist also auf die Zustimmung der Opposition angewiesen.

Marcus Weinberg, familienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Marcus Weinberg, familienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Foto:

dpa

Grünen, Linken und Kinderschutzverbänden geht der aktuelle Entwurf aber nicht weit genug. Das Grundgesetz bleibe auf diese Weise noch hinter der UN-Kinderrechtskonvention und der EU-Grundrechtecharta zurück.

Das sagen Hamburgs Grüne und Linke

„Wenn man die Kinderrechte so formuliert, wie man sie jetzt vorschlägt, dann ist das ein Rückschritt“, sagte Heinz Hilgers Präsident des Bundeverbandes des Deutschen Kinderschutzbundes.

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„Die EU-Grundrechtecharta sieht einen anderen Standard vor“, sagte Till Steffen, Verfassungs-Sprecher der Grünen-Fraktion. „Die Frage ist, warum wir einen anderen Standard vorsehen als es die EU abgeleitet hat aus der EU-Kinderrechtskonvention.“ Darin sollen die Rechte der Kinder „vorrangig“ berücksichtigt werden und im neuen Entwurf nur „angemessen“. Sabine Boeddinghaus, schulpolitische Sprecherin der Linksfraktion, nannte den Entwurf zu „weich und auslegungsoffen formuliert.“

Das sagt Hamburgs Sozialsenatorin

Hamburg Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) sprach sich dafür aus, den Regierungsentwurf zu erweitern. Ihr gehe das Wort „achten“ zum Beispiel nicht weit genug.

Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD)

Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD)

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dpa

Sie sei jedoch im Gegensatz zu Steffen und Boeddinghaus dafür, auch den vorliegenden Entwurf mitzutragen, falls die Erweiterung keine Mehrheit erhalte. „Es ist das Ergebnis einer dreißigjährigen Debatte und wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung“, so Leonhard.

So hätten sich die Zuhörer entschieden

Zu Wort kamen als Experten außerdem Elternvertreter, Vertreter der Jugendhilfe und von „MOMO – The Voice Of Disconnected Youth“, einer Organisation, die sich um Straßenkinder kümmert.

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Am Ende der Debatte durften die rund 200 angemeldeten Zuhörer abstimmen. Würden sie den aktuellen Entwurf annehmen? Eine Mehrheit von 78 Prozent sprach sich gegen den Entwurf aus, gerade einmal 22 Prozent waren dafür.

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