Hinterhof Poolstraße
  • Blick in den Hinterhof der Poolstraße.
  • Foto: Patrick Sun

„Wir sind entsetzt“ – Tempelruine vor dem Abriss?

Am Donnerstag geht das Grundstück um die verfallene fast 180 Jahre alte Ruine des jüdischen Tempels an der Poolstraße (Neustadt) offiziell ins Eigentum der Stadt über. Alles gut also? „Nein!“, wettert die Linke und wirft dem Senat einen erneuten „katastrophalen erinnerungspolitischen Fehltritt“ vor.

Hintergrund der massiven Kritik des Bürgerschaftsabgeordneten Norbert Hackbusch sind die Antworten des Senats auf seine Anfrage zur Zukunft des vernachlässigten Bauwerks, immerhin Wiege des weltweiten liberalen Judentums.

In der Senatsantwort heißt es, dass zunächst eine Machbarkeitsstudie entwickelt werden soll. Dann solle eine Konzeptausschreibung erfolgen. Es folgt der Satz: „Nach derzeitiger Lage ist eine Kombination mit Wohnungsbau erforderlich, um das Gesamtkonzept einschließlich der Revitalisierung des Denkmals wirtschaftlich abzubilden und damit im Sinne der Landeshaushaltsordnung der Freien und Hansestadt Hamburg zu handeln.“ Wohnungsbau in einem engen Hinterhof vor der Tempelruine? Wer die Örtlichkeit kennt, wird darüber nur den Kopf schütteln

Verstecken der Tempelruine für mehr Profit?

Norbert Hackbusch sagt: „Wir sind entsetzt. Der Senat plant tatsächlich die Überreste des weltweit bekannten israelitischen Tempels hinter einem Wohnungsbauprojekt verschwinden zu lassen. Aus Geldgründen! Ist das dein Ernst, Senat?“ Der Politiker vermisst seitens des Senats „Achtung und Würdigung“ und fordert den Erhalt des Bauwerks auf Kosten der Stadt. Wenn dafür kein Geld da sei, sei das ein Schlag ins Gesicht all derer, denen dieser wichtige Ort für die Geschichte des Judentums etwas bedeutet. Hackbusch zieht Vergleiche mit Erinnerungsorten im „Stadthaus“ in der City und dem Hannoverschen Bahnhof in der HafenCity. Auch hier wollte der Senat Geld sparen und als Folge werden „Erinnerung und Gedenken mit Füßen getreten“.

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Und noch ein Problem muss der Senat im Zusammenhang mit der Immobilie Poolstraße 12 lösen. Auf den Tag genau seit 50 Jahren befindet sich hier die Traditions-Autowerkstatt „Auto Stern“. Gegründet von Theodor Stern wird die Werkstatt heute in dritter Generation von Thorben Stern (35) geführt. Er möchte seinen sieben Mitarbeitern eine Zukunft bieten und sucht verzweifelt einen neuen Standort, doch in der Neustadt ist nichts zu finden.
Die Schrauber, die schon vom Trabant bis zum Rolls Royce alle möglichen Fahrzeuge repariert haben, verfügen über viele treue Stammkunden. Die Stadt hat der Werkstatt erstmals ein Bleiberecht bis März 2022 eingeräumt. Wie es danach weitergeht, steht aber in den Sternen.

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