Immer wieder Belästigungen: Tausende fordern Frauenwagons in Hamburgs U- und S-Bahnen
Belästigungen, Pöbeleien, aggressives Auftreten: Doruntina Bajraktaraj (31) erlebt so etwas nach eigenen Aussagen ständig auf ihren täglichen Fahrten mit S- und U-Bahn zu ihrem Arbeitsplatz in Harburg. Nach dem jüngsten Vorfall hat die Sozialpädagogin eine Online-Petition gestartet: „Frauenwagons in U- und S-Bahnen“. Tausende haben bereits unterschrieben, der Vorstoß ruft aber auch unter Frauen ein geteiltes Echo hervor.
Es war der 19. Februar, als Doruntina Bajraktaraj aus Langenhorn der Kragen platzte. Die U1 Richtung Norderstedt war bereits voll, als am Klosterstern ein Mann einstieg und sie anschrie: „Mach mal Platz!“ „Ich habe ihm ruhig gesagt, dass das auch freundlicher geht“, sagt sie zur MOPO: „Da hat er mich zur Seite geschubst und beleidigt.“ Alle in dem Wagon hätten das gehört, keiner habe etwas gesagt. Was für ein Typ das war? War der betrunken? „Nein, das war einfach jemand, der mit schlechter Laune von der Arbeit kam.“
12.000 Menschen haben die Petition unterschrieben
Obwohl der Vorfall nicht das Schlimmste ist, was man sich als Frau in öffentlichen Verkehrsmitteln vorstellen kann, hatte die Pädagogin danach die Nase voll: „Ich bin durchaus selbstbewusst und kann mich durchsetzen, schließlich arbeite ich mit Jugendlichen“, sagt sie: „Aber ich will so etwas einfach nicht mehr erleben.“ Zwei Tage später startet sie die Online-Petition auf der Plattform change.org. Bislang haben mehr als 12.000 Menschen für männerfreie Wagons in Hamburg unterschrieben.
Es gibt aber auch Gegenwind: „Ich unterstütze diese Petition so nicht. Mädchen und Frauen haben ein Recht darauf, sich überall im öffentlichen Raum frei und sicher zu bewegen!“, schreibt eine Frau und eine andere meint: „Damit würden wir uns ja selbst bestrafen. Das Problem ist das schlechte Benehmen und die Respektlosigkeit einiger Männer.“ Ein Mann weist daraufhin, dass auch Männer Opfer von Pöbeleien und Gewalt in öffentlichen Verkehrsmitteln würden. Doruntina Bajraktaraj kennt diese Vorbehalte, hat sie selbst in ihrem Umfeld erlebt, als sie über ihre Petition sprach: „Ich möchte trotzdem, dass Frauenwagons einmal ausprobiert werden, und wenn auch nur zu bestimmten Uhrzeiten oder als Pilotprojekt.“
Vorbild sind die U-Bahnen in Tokio, in denen es in der Rushhour besondere Abteile für Frauen, Kinder und Rollstuhlfahrer gibt. Ähnliche Projekte laufen in Rio de Janeiro und Mexiko City. Auch in Berlin wurde das Thema vor einigen Monaten diskutiert, nach einem sexuellen Übergriff in der U-Bahn.
Berliner Grüne wollten Frauenwagons einführen
In der Hauptstadt wagten die Grünen den Vorstoß, scheiterten aber an der CDU-Verkehrssenatorin, die auf bereits bestehende Sicherheitskonzepte wie Notrufsäulen und Videoüberwachung verwies. Abteile, die Männer nicht betreten dürfen, würden einer „gleichberechtigten Gesellschaft widersprechen.“
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Auch die Sprecherin der Hamburger Hochbahn steht der Idee reserviert gegenüber: „Die Einführung von Frauenwagons würde implizieren, dass die Sicherheit nur in bestimmten Bereichen gewährleistet werden kann. Stattdessen sollten wir uns darauf konzentrieren, ein durchgängig sicheres Umfeld für alle Fahrgäste zu schaffen.“ Die Hochbahnwache sei aufgestockt worden und es soll bald Kameras an U-Bahnhaltestellen geben, die mittels künstlicher Intelligenz brenzlige Situationen erkennen können. Doruntina Bajraktaraj überzeugt das nicht: „All die anderen Sicherheitsmaßnahmen haben nicht viel bewirkt. Frauenwagons könnten ein neues Signal sein. Warum sollten wir das nicht wenigstens einmal testen?“
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