Philipp Feise hat die neue Rösterei mit Café von Codos mit aufgebaut.
  • Philipp Feise hat die neue Rösterei mit Café von Codos mit aufgebaut.
  • Foto: / Florian Quandt

Kaffee-Trend in Hamburg: Mehr als nur ein Wachmacher

12,5 Minuten – so lange röstet Philipp Feise die Espressobohnen, die in der neuen „Codos Roastery & Kitchen“ in Ottensen von den Baristi gemahlen, aufgebrüht und ausschenkt werden. Dabei lauscht er, wie sich der Rohkaffee in der Rösttrommel bewegt, und justiert die Flamme immer wieder nach. Mittlerweile gibt es viele solcher kleinen Röstereien in Hamburg, die Szene wächst stetig – genauso wie die Qualität.

„Je heller die Kaffeebohnen geröstet werden, desto mehr werden Säure- und Fruchtaromen hervorgehoben“, erklärt der Röster Philipp Feise der MOPO. Je dunkler sie werden, desto deutlicher werden die Röstaromen betont. Er sucht die perfekte Balance. „Wir versuchen für jeden den richtigen Kaffee zu entwickeln und damit sogar Teetrinker auf unsere Seite zu bringen“, sagt er und lacht. Der 31-Jährige ist noch neu im Kaffeegeschäft. Vor zwei Jahren stieg er als Praktikant im Service bei der Kaffee-Kette „Codos Coffee“ ein. Seit einigen Monaten hat er das neue Café und die Rösterei in der Bahrenfelder Straße mit aufgebaut.

Kaffee-Trend in Hamburg: Kleine Röstereien erobern den Markt

Das neue Codos in Ottensen ist eine von vielen kleinen Röstereien, die in Hamburg in den letzten Jahren Fuß gefasst haben. Und das mit hervorragender Kaffee-Qualität: Die Rösterei „Elbgold“ etwa wurde schon mehrfach ausgezeichnet, auch andere Röstereien wie Torrefaktum, Playground oder Onetake sind in der Kaffee-Szene weit über die Stadtgrenzen hinaus beliebt.

Das Codos in Ottensen will Kunden auch immer einen neuen, saisonalen Kaffee anbieten. / Florian Quandt
Das Codos in Ottensen will Kunden auch immer einen neuen, saisonalen Kaffee anbieten.
Das Codos in Ottensen will Kunden auch immer einen neuen, saisonalen Kaffee anbieten.

Sie sind Teil der Third Wave, der „dritten Kaffeewelle“, in der auf gute Qualität und Spezialitäten-Kaffee gesetzt wird, auf verschiedene Geschmacksnuancen und Sortenvielfalt. Kaffee wird nicht zum Aufwachen hinuntergestürzt, sondern bewusst genossen – und dafür lässt man sich 250 Gramm Bohnen auch mal um die zehn Euro und mehr kosten. Zum Vergleich: Der Klassiker „Feine Milde“ von Tchibo kostet nur etwas mehr als fünf Euro – für 500 Gramm.

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Das Codos bietet neben dem Espresso und „Single Origin“-Mischungen, die konstant im Sortiment sind, auch saisonale Kaffees an – um Kunden auch etwas Neues zu bieten. Es gibt sie nur für zwei bis drei Monate und sie stammen jeweils aus der Haupterntezeit einer Kaffeeregion. „Es gibt bei Kaffee sehr viel Auswahl und Geschmacksrichtungen“, erklärt Feise. „In dieser Hinsicht ist Kaffee ähnlich wie Wein.“ Ohnehin interessierten sich immer mehr Menschen für die Herkunft ihrer Lebensmittel.

Hamburg: 700.000 Tonnen Rohkaffee werden umgeschlagen

Um die Qualitätsbohnen auch gut rösten zu können, hat Feise Schulungen in Kopenhagen besucht. Dabei hat Kaffee auch in Hamburg eine lange Tradition: Im 19. Jahrhundert gab es hier die Kaffeebörse, heute werden rund 700.000 Tonnen Rohkaffee über den Hafen jährlich umgeschlagen – damit ist er der größte Kaffee-Import- und Umschlaghafen in Europa.


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Kleine Röstereien hatten es in der Hansestadt aber lange schwer: Mit den Vakuumverpackungen und der steigenden Beliebtheit von Supermärkten in den 60er Jahren machten viele dicht, erklärt Holger Preibisch, Geschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbands. Vor 15 Jahren gab es nur noch rund 100 Röstereien in Deutschland. Heute sind es schon über 900.

Umbruch: Kleine Röstereien werden erst durch Digitalisierung möglich

„Dass die Branche so schnell wächst, ist unter anderem der Digitalisierung zu verdanken“, erklärt Feise. „Der Codos Kaffee aus Guatemala etwa kommt von einem dort ansässigen Rohkaffeehändler, der virtuelle Feldbegehungen anbietet. So können sich Röster und Farmer viel besser austauschen.“ Die Direktimporte dann in vergleichsweise geringen Mengen per Containerschiff nach Hamburg zu bringen, ist aber kein Selbstgänger: 27 Säcke Kaffeebohnen hat Codos gerade in Peru eingekauft – in einem einzigen Container werden aber rund 300 Säcke transportiert. „Wir haben uns deshalb mit anderen zusammengetan und gemeinsam einen Transport organisiert“, sagt Feise. Als der erste eigene Import im August in den Hamburger Hafen einlief, haben die Röster mit einer Sektflasche gefeiert.

Philipp Feise mit dem neuen Trommelröster im Codos. / Florian Quandt
Philipp Feise mit dem neuen Trommelröster im Codos.
Philipp Feise mit dem neuen Trommelröster im Codos.

Rund 300 Kilogramm Bohnen werden in der neuen Rösterei wöchentlich geröstet. Zwischen 20 und 25 Mal wird der Trommelröster dafür angeschmissen. Langfristig soll es mehr werden. Denn der Kaffeedurst nimmt nicht ab. Immerhin 20 Tassen tranken die Deutschen 2020 pro Kopf mehr als noch 2019. Fast 70 Prozent der Hamburger Haushalte haben eine Filtermaschine, 23,6 Prozent nutzen Kapseln – da liegt Hamburg bundesweit an der Spitze.

300 Kilogramm Kaffeebohnen werden im Codos in der Woche geröstet. / Florian Quandt
300 Kilogramm Kaffeebohnen werden im Codos in der Woche geröstet.
300 Kilogramm Kaffeebohnen werden im Codos in der Woche geröstet.

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Die neue Codos-Rösterei ausgerechnet in der Pandemie zu gründen, war eigentlich nicht geplant. Doch es hat funktioniert: Heute werden die neue Roastery & Kitchen und der Onlineshop bereits gut angenommen, berichtet Feise. Das Wichtigste dabei: „Ein Kaffee, der schmeckt.“

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