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  • Eine Prostituierte im Juli 2020 bei der Demonstration auf St. Pauli für die Öffnung der Bordelle.
  • Foto: picture alliance/dpa/Markus Scholz

Hamburgs Huren in Not: Sexarbeit noch verboten – das treibt viele in die Illegalität

Die Inzidenz sinkt, Hamburg macht sich locker. Was immer noch verboten bleibt, ist die Sexarbeit. Die MOPO sprach mit Ines Berding von „Sperrgebiet Hamburg“, der Fachberatungsstelle Prostitution, wie es den Frauen gerade geht und wie das Verbot einige in die Illegalität zwingt.

Am Freitag stellte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) die nächsten Lockerungen vor, unter anderem dürfen Fitnessstudios wieder öffnen. Für Sexarbeiter:innen gab es schlechte Nachrichten: Die Prostitution ist im Gegensatz zu anderen körpernahen Dienstleistungen derzeit weiterhin verboten.

Prostitution in Hamburg: Weiterhin Berufsverbot

Ines Berding arbeitet in der Fachberatungsstelle Prostitution „Sperrgebiet Hamburg“ der Diakonie. „Tatsächlich geht es bei vielen Frauen um sehr existenzielle Fragen“, sagt sie der MOPO. „Diejenigen, die sich vor der Pan­demie nach dem Prostituiertenschutzgesetz angemeldet hatten und als Selbstständige tätig waren, können Arbeitslosengeld beantragen und haben Anspruch auf Corona-Hilfen.“

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Das treffe aber nicht auf alle zu. „Wir haben auch viele Besucherinnen, die keinerlei Ansprüche auf Geldleistungen haben, da sie illegal im Land leben und oft seit Jahren hier der Sexarbeit nachgehen, um Geld für sich und ihre Familien in den Heimatländern zu erarbeiten“, so Berding. Diese Frauen fielen durch alle Raster.

Trotz Lockerungen: Sexarbeiterinnen in Hamburg dürfen nicht arbeiten

Zu den fehlenden Einnahmen kommt die Sorge um den Schlafplatz hinzu, da einige in den jetzt geschlossenen Bordellen gewohnt haben. 2020 hatte die Sozialbehörde ein Hostel angemietet, in dem Sexarbeiterinnen untergebracht werden können. Diese Plätze sind laut Berding alle belegt.

Frau in Stiefeln steht am Auto eines Freiers.

Aufgrund der geschlossenen Bordelle haben einige Frauen keine andere Wahl als Prostitution in der Illegalität. (Symbolbild)

Foto:

imago images/Michael Eichhammer

„Es kommen fast täglich Frauen zu uns, die nach einem Schlafplatz fragen“, erzählt sie. „Die Verzweiflung steht manchen ins Gesicht geschrieben.“ Berding habe die Frauen oft auf das Winternotprogramm der Stadt hingewiesen. Doch das endet am 31. Mai.

Sexarbeit in Hamburg: Viele suchen nach einem Schlafplatz

In der Beratungsstelle versuchen die Mitarbeiter:innen, möglichst viele Hilfesuchende in Sozialleistungen zu bringen, und raten ihnen, sich nach alternativen Jobs umzusehen. Aber das gestaltet sich schwierig. „Für viele Frauen gibt es keine Alternative zur Prostitution. Sprachbarrieren, fehlende Aufenthaltstitel und fehlende Meldeadresse führen zu einer Ablehnung“, so Berding.

Im Juli 2020 demonstrierten Sexarbeiterinnen in der Herberstraße auf St. Pauli.

Im Juli 2020 demonstrierten Sexarbeiterinnen in der Herberstraße auf St. Pauli.

Foto:

picture alliance/dpa/Markus Scholz

Das führt wiederum zu einer Verschiebung der Prostitution in die Illegalität. „Das bedeutet, dass die Frauen in Autos, auf abgelegenen Parkplätzen oder in Privatwohnungen arbeiten. Das bedeutet extreme Risiken, wie zum Beispiel Opfer von Gewalt zu werden.“

Prostitution in Hamburg: Verschiebung in die Illegalität

Davon will man in Hamburg nichts wissen. „Wir haben keinen Anlass, davon auszugehen, dass Personen in der Sexarbeit unter illegalen Bedingungen tätig sind“, so Martin Helfrich, Sprecher der Gesundheitsbehörde. Zu Lockerungen könne er ebenfalls noch keine Einschätzung geben.

Auch die Hamburger Gruppierung „Sexy Aufstand Reeperbahn“ warnt vor illegal betriebenen Bordellen, in denen weder Hygienekonzepte noch Kontaktdatenerfassung umgesetzt würden. Sie fordern eine sofortige Öffnung der Prostitutionsstätten.

Es ist der Eindruck, dass diese Berufsbranche immer noch  vielen Vorurteilen ausgesetzt ist, der Ines Berding stört. „Deutlich wird dies immer, wenn Politiker:innen fordern, dass Sexarbeit auch nach Corona verboten bleiben muss.“ Die Politik müsse signalisieren, dass Sexarbeit ein Beruf ist, für den sie vernünftige Arbeitsbedingungen schaffen müsse.

Prostitution in Hamburg: Einige können sich impfen lassen

Das Interesse der Frauen ist groß, so bald wie möglich wieder zu arbeiten. Aber: „Wir wissen immer noch nicht, wann wir das wieder dürfen“, sagt Hanna von „Sexy Aufstand Reeperbahn“. „Es sieht so aus, als ob es wieder einer der letzten Öffnungsschritte wird. Da sind wir sehr enttäuscht von der Politik. Wo bleibt die Weltoffenheit für Hamburg?“

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Inzwischen kann die Diakonie den Klientinnen auch Impfangebote machen, die laut Berding sehr gut angenommen würden. In Hamburg arbeiten den Angaben zufolge rund 2000 Sexarbeiter:innen.

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