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Blick auf die Festwiese im Stadtpark.
  • Blick auf die Festwiese im Stadtpark. (Archivbild)
  • Foto: picture alliance / dpa/Marcus Brandt

Massenvergewaltigung im Stadtpark: Warum das Verfahren „äußerst aufwendig“ ist

Die Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen im Hamburger Stadtpark sorgte im Herbst 2020 für empörte Reaktionen und Forderungen nach einer schnellen Bestrafung der Täter. Doch die juristische Aufarbeitung ist mühsam und braucht viel Zeit. Seit einem Jahr verhandelt eine Jugendkammer am Landgericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Nach langen Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft begann vor einem Jahr, am 10. Mai 2022, ein Prozess gegen elf junge Männer. Zehn von ihnen sollen die Jugendliche am 19. September 2020 missbraucht haben. Gleich zum Auftakt des Prozesses schloss die Jugendkammer die Öffentlichkeit aus. Seitdem sind die Prozessbeteiligten fast 50 Mal im Saal 300 des Strafjustizgebäudes, dem größten des Landgerichts, zusammengekommen. Es seien weitere Termine bis September geplant, sagt Gerichtssprecher Kai Wantzen.

Rund 50 Personen sind am Verfahren beteiligt

Der Hamburger Senat erklärte Anfang April auf eine Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion: „Es handelt sich um (ein) äußerst aufwendiges Verfahren mit einer umfangreichen Beweisaufnahme gegen eine Vielzahl von Angeklagten.“ Jeder der Beschuldigten hat zwei Pflichtverteidiger. Mehrere Vertreter der Jugendgerichtshilfe beobachten das Verfahren. Auf der Richterbank sitzt eine fünfköpfige Strafkammer mit zwei Ersatzschöffen, daneben zwei Staatsanwälte und der Vertreter der Nebenklägerin. Außerdem sind mehrere Sachverständige und ein Arabisch-Dolmetscher anwesend, insgesamt also rund 50 Personen.

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Die 15-Jährige hatte nach Angaben der Staatsanwaltschaft an jenem Tag im September 2020 eine Party auf der Festwiese des Stadtparks besucht. In der Corona-Zeit hatte sich die Grünanlage zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt. Stark alkoholisiert sei die Jugendliche am späten Abend auf einen der Angeklagten getroffen. Er habe sie in ein Gebüsch geführt. Dort seien drei weitere Angeklagte hinzugekommen. Die Männer hätten die Jugendliche teilweise unter Anwendung von Gewalt missbraucht. Danach sei die 15-Jährige noch zweimal in ein Gebüsch geführt und jeweils von anderen Angeklagten vergewaltigt worden. Die Beschuldigten hätten die eingeschränkte Widerstandsfähigkeit des Mädchens ausgenutzt, hatte die Staatsanwaltschaft vor Prozessbeginn erklärt.

Ein elfter Angeklagter wurde inzwischen freigesprochen

Was die Beweisaufnahme vor Gericht bislang ergeben hat, ist unklar. Es seien 73 Zeugen befragt worden, die an jenem Abend im Stadtpark waren, zudem 13 Polizeibeamte, sagte Wantzen. Die Nebenklägerin sei an vier Verhandlungstagen über Video vernommen worden. Die Fragen, auch die der Verteidigung, habe ihr die Vorsitzende Richterin gestellt. Die Kammer hörte auch drei Sachverständige zu Alkoholkonsum und DNA-Spuren.

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Am vergangenen 5. April wurde der elfte Angeklagte vom Vorwurf der Beihilfe zur Vergewaltigung sowie der Herstellung jugendpornografischer Inhalte und der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen freigesprochen. Das Gericht hatte das Verfahren gegen den 20-Jährigen bereits zuvor abgetrennt. Den zehn übrigen Angeklagten im Alter zwischen 19 und 23 Jahren wird weiterhin Vergewaltigung vorgeworfen. Einer von ihnen soll das Geschehen zudem mit dem Handy gefilmt und die Handtasche mit Wertsachen des Mädchens gestohlen haben. Ein Video von der Tat, das mehrere Zeugen erwähnt haben, liege dem Gericht aber nicht vor, betonte Wantzen.

Vier der Angeklagten sind nach Angaben des Senats Deutsche, weitere vier haben armenische, afghanische, kuwaitische und montenegrinische Staatsangehörigkeiten. Bei zwei Beschuldigten sollte die Nationalität vom Gericht geklärt werden.

Um den Fall hatte sich eine heftige Debatte entbrannt

Das Urteil könnte im September gesprochen werden. Inwieweit es öffentlich verkündet wird, muss noch entschieden werden. Die Vergewaltigung und die langwierigen Ermittlungen hatten zu einer heftigen Debatte geführt. So wurde in einer Unterschriftensammlung die „Veröffentlichung der Gesichter der Täter“ gefordert. Die Hamburger Polizei leitete nach Angaben der Staatsanwaltschaft 160 Ermittlungsverfahren ein. Dabei ging es unter anderem um Fotos, Adressen oder andere Details von mutmaßlichen Tätern, die veröffentlicht wurden.

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98 der Verfahren seien bis Ende März an andere Staatsanwaltschaften in Deutschland abgegeben worden, erklärte Oberstaatsanwältin Liddy Oechtering. In den übrigen Fällen sei es zu einer Anklage und einem Strafbefehl gekommen. Acht Ermittlungsverfahren dauerten noch an. (dpa/mp)

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