Gruner+Jahr Mitarbeiter demonstrieren auf dem Rathausmarkt.
  • Wut und Enttäuschung: Gruner+Jahr-Mitarbeiter demonstrieren am Dienstag auf dem Rathausmarkt.
  • Foto: Christoph Seemann

Gruner+Jahr-Zerschlagung: „Geo“-Chefredaktion tritt geschlossen zurück

Noch gestern hatte der langjährige ehemalige Chefredakteur der „Geo“, Peter Matthias Gaede, das neue RTL-Management unter Thomas Rabe kritisiert, beklagte desaströse Fehlentscheidungen. Bertelsmann/RTL verkündete dann am Dienstag, dass es 700 der 1900 Stellen, vor allem bei den Magazinen von Gruner+Jahr, abbauen will. Nun kam die derzeitige Chefredaktion des Wissensmagazins „Geo“ dem zuvor: Sie traten geschlossen zurück.

Gestern gab RTL Deutschland bekannt, wie die Pläne für die Zukunft des Gruner+Jahr-Portfolios aussehen: Der Umbau führt zu einem Wegfall von rund 700 der 1900 Stellen. Dazu werden Magazintitel eingestellt und Verkäufe geprüft, während in die verbleibenden Kernmarken wie zum Beispiel „Stern“ vor allem im Digitalen investiert wird. Hintergrund ist das drohende Abrutschen der rückläufigen Publishing-Geschäfte in die Verlustzone.

Bertelsmann: 13 Marken bleiben, 23 müssen gehen

Konkret sehen die Pläne so aus: 13 Marken, unter anderem „Stern“, „Geo“, „Capital“, „Stern Crime“, „Brigitte“, „Gala“ und „Schöner Wohnen“ bleiben im Portfolio. Sie machen nach Unternehmensangaben etwa 70 Prozent des Umsatzes aus. Bis 2025 sind Investitionen von rund 80 Millionen Euro geplant. 23 Titel werden dagegen eingestellt. Darunter sind „Geo Epoche“ und „Geo Wissen“, „Brigitte Woman“, auch die Magazine „Guido“ um den Designer Guido Maria Kretschmer und „Barbara“ um TV-Moderatorin Barbara Schöneberger werden nicht weiter geführt.

„Geo“-Chefredaktion tritt ab, „Stern“-Chef übernimmt

Als erste Reaktion sind, wie die „Zeit“ berichtete, schon am Dienstagabend Markus Wolff und Jens Schröder, bislang Chefs der „Geo“, abgetreten. Wolff und Schröder waren seit 2020 Chefredakteure der Gruner + Jahr-Zeitschrift. Den Platz von Wolff und Schröder soll offenbar „Stern“-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz einnehmen, der dann neben der neuen „Stern+“-Redaktion auch für „Geo“ und „Capital“ verantwortlich wäre. Schmitz berichte direkt an Stephan Schmitter, dem Geschäftsführer Programm bei RTL Deutschland, heißt es bei „Meedia“.

Gruner+Jahr-Stellenabbau „schrittweise bis 2025“

Die RTL-Pläne führen dazu, dass rund 500 Stellen abgebaut werden. Das soll „bis Ende 2025 schrittweise“ erfolgen. Der weit überwiegende Teil des Stellenabbaus betreffe Hamburg und sei nicht im redaktionellen Bereich, sondern in Verwaltungsbereichen geplant. Hinzu kommen etwa 200 Stellen, die durch den geplanten Verkauf auf neue Eigner übergehen würden. Mit dem Wegfall von rund 700 Stellen wäre das mehr als jede dritte der 1900 Vollzeitstellen im Zeitschriftensegment, die vorwiegend in Hamburg angesiedelt sind.

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RTL Deutschland mit Hauptsitz in Köln hatte zum Jahr 2022 die deutsche Magazinsparte des Hamburger Verlagshauses in sein Portfolio integriert und erhofft sich Synergien. Beide Bereiche gehören zum Bertelsmann-Konzern. In den vergangenen Monaten prüfte RTL das Zeitschriftenportfolio.

Von Mitarbeitern und Gewerkschaftern hatte es Protest gegen einen möglichen Verkauf der Titel des Hamburger Verlagshauses, das jahrzehntelang zu den mächtigsten Medienhäusern in Europa zählte, gegeben. Nach Bekanntmachung der RTL-Pläne gab es in Hamburg erneut Protest und Kritik.

DJV: „Verheerender Aderlass für Medienstandort Hamburg“

Hamburgs Mediensenator Carsten Brosda (SPD) sagte vor protestierenden Verlags-Mitarbeitern am Rathaus, das sei ein Tag, der ihn sehr betroffen mache. Zugleich bekräftigte er, dass die Politik sich weiter stark machen wolle für den Medienstandort Hamburg. Verlagsmitarbeiter übergaben dem Politiker eine Unterschriftenliste gegen Arbeitsplatzabbau. Die Gewerkschaft Verdi sprach zu den RTL-Plänen von einer „Zerschlagung“ und von „fehlgeleiteter Strategie“. Der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte einen „verheerenden Aderlass für den renommierten Medienstandort Hamburg“. (dpa/usch)

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