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Erst Angst, dann Hysterie, dann Aufatmen: Die große Corona-Chronologie für Hamburg

Von der Ruhe vor dem Sturm über Hamsterkäufe bis zum totalen Lockdown der Stadt: Ende Februar erreichte das Coronavirus Hamburg. Zwischen Hysterie, Panik und Aufatmen – eine Situation, die so niemand vorhersehen konnte. Die MOPO hat die wichtigsten Daten in einer Chronologie zusammengestellt.

Hamburg: Der erste Fall

27. Februar: Der erste bestätigte Fall im Norden – in Hamburg. Ein Arzt der Kinderstation des Universitätsklinikums Eppendorf hat sich in seinem Urlaub in Trentino (Norditalien) mit dem Coronavirus infiziert. Am Montag, den 24. Februar, nimmt er den Dienst nach dem Urlaub wieder auf, am Dienstag entwickeln sich erste Krankheitssymptome. Er bricht den Dienst ab und versetzt sich in häusliche Quarantäne nach Henstedt-Ulzburg. Am Donnerstag, den 27. Februar, lässt er sich im UKE testen. Das Ergebnis: positiv.

27. Februar: Im gleichen Zeitraum entbrennt eine Diskussion, wie Hamburg mit Rückkehrern aus Risikogebieten umgehen sollte. Passagiere am Hamburger Flughafen werden nicht getestet oder kontrolliert – obwohl die Gesundheitsbehörde bereits angekündigt hat, dass Passagiere  aus Risikogebieten Ausstiegskarten mit Kontaktdaten ausfüllen sollten.

28. Februar: Unruhe macht sich in Hamburg breit. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Weltärztebundes, warnt vor einer Panik in der Bevölkerung. Die Weltgesundheitsorganisation erklärt, dass das Virus „pandemisches Potential“ habe und außer Kontrolle geraten könne.

Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Ehrenpräsident der Bundesärztekammer und Vorsitzender des Weltärztebundes.

Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Ehrenpräsident der Bundesärztekammer und Vorsitzender des Weltärztebundes.

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dpa

Hamburg: Hamsterkäufe – Klopapier wird gehortet

1. März: Die Corona-Hysterie ist in den Haushalten angekommen: Die ersten Hamsterkäufer räumen die Supermarktregale leer. Nudeln, Konserven, Desinfektionsmittel und Klopapier sind teilweise nicht mehr zu bekommen und werden von ersten Supermärkten nur in kleinen Mengen abgegeben. Experten weisen darauf hin, dass es zu keinen Engpässen oder gar Hungersnöten kommen wird – sie werden kaum gehört: Die Hamburger hamstern wochenlang, die Klopapier-Regale sind wenige Minuten nach dem Auffüllen schon wieder leer.

Mitte März waren die Regale in den Supermärkten häufig leer. Besonders beliebt: Toilettenpapier!

Mitte März waren die Regale in den Supermärkten häufig leer. Besonders beliebt: Toilettenpapier!

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dpa

8. März: Der erste Deutsche Corona-Tote kommt aus Hamburg. Ein 60-jähriger Feuerwehrmann verstarb während eines Ägypten-Aufenthalts.

9. März: Am 9. März liegt die Zahl der Neuinfektionen noch bei fünf. Allerdings beginnt ab diesem Tag ein sprunghafter Anstieg. Innerhalb von zwei Wochen wird der Höchstwert für Hamburg erreicht.

Hamburg und die Allgemeinverfügungen

11. März: Mit Schulbeginn nach den Hamburger Ski-Ferien kommt auch die erste Allgemeinverfügung. Schüler und Kita-Kinder, die in den Ferien in einem der Risikogebiete waren, müssen 14 Tage in häusliche Quarantäne. 

12. März: Bereits einen Tag später die nächste Allgemeinverfügung: Alle Großveranstaltungen und Konzerte müssen abgesagt werden.

13. März: Virologe Christian Drosten fordert die Bevölkerung dazu auf, gerade die Älteren zu schützen. Enkelkinder sollten ihre Großeltern derzeit nicht besuchen. Die Sterblichkeit bei älteren Menschen sei am höchsten.

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin.

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin.

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picture alliance/dpa

14. März: Die Solidarität in Hamburg steigt. Nachbarschafts- und Einkaufshilfen für ältere oder vorerkrankte Menschen werden organisiert. Die Stadt hält zusammen.

Hamburg: Der Lockdown beginnt

15. März: Clubs, Diskotheken, Bars und Spielbanken müssen schließen. Messen, Volksfeste, auch der Hamburger Dom, werden abgesagt. Restaurants und Kantinen dürfen nur noch dann für den Publikumsverkehr öffnen, wenn ein Mindestabstand von 1,5 Metern gewährleistet ist. Das kulturelle Leben in Hamburg wird runtergefahren. Theater, Kinos, Konzerthäuser und Museen werden vorübergehend geschlossen. Gleiches gilt auch für Schwimmbäder, Fitnessstudios, Saunas und Dampfbäder. Der gesamte Sportbetrieb auf öffentlichen und privaten Sportanlagen ruht.

16. März: Paukenschlag aus dem Rathaus: Schulen und Kitas werden komplett geschlossen. Der Einzelhandel muss seine Türen schließen. Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und in anderen Glaubensgemeinschaften werden untersagt. Für viele Hamburger Familien beginnt ein Drahtseilakt zwischen Familie, Homeschooling und dem eigenen Job.

Die sonst überfüllte Hamburger Innenstadt fast menschenleer.

Die sonst überfüllte Hamburger Innenstadt fast menschenleer.

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dpa

Die Weltgesundheitsorganisation erklärt Mitte März die Epidemie zu einer Pandemie. Eine Pandemie ist kontinentübergreifend aktiv.

19. März: Ein Hoch auf die Alltagshelden: Die ganze Welt feiert die Menschen, die „den Laden“ noch immer am Laufen halten. Neben Ärzten und Pflegern rücken auch die Mitarbeiter von Supermärkten, Polizisten sowie Bus- und Bahnfahrer in den Fokus der Dankesbekundungen. Auch von Hamburger Balkonen wird gemeinsam applaudiert.

Vom Polizisten, über die Krankenpfleger zur Kassiererin - Sie alle unser Leben in der Corona-Krise erleichtert.

Die Alltagshelden: Vom Polizisten, über die Krankenpfleger zur Kassiererin – sie alle haben unser Leben in der Corona-Krise erleichtert.

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Hamburg: Auch die Gastronomie muss dicht machen

20. März: Jetzt betrifft der Lockdown fast jeden Sektor: Auch die Gastronomiebetriebe müssen schließen. Auslieferung und der Verkauf zum Mitnehmen bleiben gestattet. Ansammlungen von mehr als sechs Personen an öffentlichen Orten werden untersagt.

21. März: Die Maßnahmen zeigen erste Wirkung: Erstmals fällt die Reproduktionsrate in Deutschland wieder unter 1. Das bedeutet, dass ein Infizierter weniger als eine weitere Person ansteckt. 

22. März: Die Verhaltensregeln der Hamburger in der Öffentlichkeit werden noch einmal verschärft: Alle Menschen müssen einen Mindestabstand von 1,5 Metern zueinander einhalten. Der Aufenthalt im Freien ist nur mit Personen des gleichen Haushaltes oder einer weiteren nicht zum eigenen Haushalt gehörenden Person gestattet. Veranstaltungen und Feierlichkeiten in Wohnungen oder anderen nicht öffentlichen Orten sind untersagt.

Abstand ist der neue Anstand.

Abstand ist der neue Anstand.

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Corona: Die höchste Zahl der Neuinfektionen pro Tag liegt bei 248

24. März: Knapp einen Monat, nachdem das Coronavirus in Hamburg angekommen ist, verzeichnet die Hansestadt den höchsten Wert an Neuinfektionen pro Tag: 248.

2. April: Aus einer Allgemeinverfügung wird eine Verordnung mit Bußgeldkatalog. Die Missachtung der Abstandsregeln etwa kostet 150 Euro.

3. April: Klaus Püschel, Chefarzt der Hamburger Rechtsmedizin, löst eine deutschlandweite Diskussion über die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen aus. „Ohne Vorerkrankungen ist an Covid-19 noch keiner gestorben“, sagt er nach zahlreich vorgenommenen Obduktionen. Der „astronomische wirtschaftliche Schaden, der jetzt entsteht, ist der Gefahr, die von dem Virus ausgeht, nicht angemessen.“

Der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin in Hamburg, Klaus Püschel.

Der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin in Hamburg, Klaus Püschel.

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dpa

11. April: An diesem Tag gibt es die höchste Anzahl an Menschen in Hamburg, die mit einer Covid-19-Erkrankung auf einer Intensivstation behandelt werden mussten, insgesamt: 90 Patienten.

15. April: Nur vier Tage später wird die höchste Anzahl an Menschen erreicht, die mit einer Covid-19-Erkrankung in einem Hamburger Krankenhaus liegen: 267 Menschen.

Corona: Der Einzelhandel darf wieder öffnen

20. April: Das Aufatmen beginnt: Der Einzelhandel in Hamburg darf wieder öffnen. Zunächst  nur Läden mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern.

24. April: Die Verschwörungstheoretiker treten auf den Plan. Auch in Hamburg werden die kruden Thesen immer lauter, etwa „Bill Gates will mit dem Virus die Weltherrschaft an sich reißen“.

Krude Verschwörungstheorien machen sich auch in Hamburg breit. Unter anderem: Bill Gates sei Schuld am Virus.

Krude Verschwörungstheorien machen sich auch in Hamburg breit. Unter anderem: Bill Gates sei Schuld am Virus.

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dpa

27. April: Der Schulbetrieb wird langsam wieder hochgefahren. Allerdings nicht für alle, nur die Klassenstufen 9,10 und 13 der Stadtteilschulen, 10 und 12 der Gymnasien und 9 und 10 der regionalen Bildungs- und Beratungszentren sowie Abschlussklassen der Berufsbildenden Schulen dürfen tageweise wieder in die Schulgebäude.

Hamburg: Die Maskenpflicht wird eingeführt

27. April: Die Maskenpflicht wird auch in Hamburg eingeführt. In öffentlichen Verkehrsmitteln und beim Einkaufen müssen Mund und Nase bedeckt sein, sonst drohen Strafen. Vorher gab es nur eine „dringende Empfehlung des Senats“, die aber die meisten Hamburger nicht beachteten. 

Bei Einkaufen und in öffentlichen Verkehrsmitteln muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden.

Die Mundschutzpflicht kommt auch in Hamburg an: Bei Einkaufen und in öffentlichen Verkehrsmitteln muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden.

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4. Mai: Zum ersten Mal gehen die Neuinfektionen deutlich zurück, das lässt hoffen. Passend dazu wird mit dem zweiten Schritt der Schulöffnungen begonnen. Die Klassenstufe 4 der Grundschule und die Klassenstufen 6 und 11 der Gymnasien sowie die Klassenstufe 12 der Stadtteilschulen dürfen wieder in den Unterricht. Die Klassen werden in zwei Lerngruppen getrennt, die abwechselnd den Klassenraum nutzen oder fernunterrichtet werden.

Corona: Sport in Hamburg ist wieder möglich

6. Mai: Kinderspielplätze werden wieder freigegeben. Gottesdienste sind auch wieder möglich. Der Tierpark Hagenbeck öffnet seine Pforten. Allerdings mit einer Beschränkung der Besucherzahlen. Auch die Hamburger Museen dürfen wieder aufmachen. Sport ist wieder möglich: Leichtathletik, Wassersport, Radsport, Reitsport, Klettern, Skaten, Golf, Tennis, aber auch Fitness, Gymnastik oder Yoga sind erlaubt – sofern dies im Freien und mit Abstand gemacht wird.

11. Mai: Corona-Leichtsinn in Hamburg. Die Lockerungen lassen die Hamburger etwas nachsichtig werden. Partys, Demos, volle Parks und Wege. Die frühsommerlichen Temperaturen haben viele Hamburger an den Wochenenden auf die Straßen gelockt. Doch nicht alle halten sich immer an die Abstandsregeln. Die Polizei muss einige Bußgelder verhängen.

Das schöne Wetter und die Lockerungen der Corona-Maßnahmen locken die Hamburger nach draußen.

Das schöne Wetter und die Lockerungen der Corona-Maßnahmen locken die Hamburger nach draußen.

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Florian Quandt

Corona: Erstmals keine Neuinfektionen in Hamburg

19. Mai: Erstmals gibt es in Hamburg von einem Tag auf den anderen keine Neuinfektionen.

24. Mai: Neue Studie: Die Virologin Müge Cevik von der britischen University of St. Andrews hat Kontaktverfolgungs-Studien aus der ganzen Welt zusammengetragen. Überraschende Erkenntnis: Offenbar sind neun Prozent aller Corona- Infizierten für 80 Prozent der Ansteckungen verantwortlich. Das bedeutet: Die meisten Virenträger stecken niemanden oder höchstens eine weitere Person an. Die hohen Ansteckungsraten gehen auf so genannte „Superspreader“, also „Superverbreiter“, zurück. Je länger sich ein Infizierter in einem Raum mit anderen Menschen aufhält, desto mehr steckt er an – ein „Superverbreiter“. Aus diesem Grund gilt auch bei sinkenden Zahlen noch immer Vorsicht.

Video: So locker halten Hamburger die Corona-Maßnahmen aus

Hamburg: Fitnessstudios und Freibäder dürfen wieder öffnen

27. Mai: Fitnessstudios dürfen unter Auflagen wieder öffnen, auch wenn dieser Bereich für Bürgermeister Peter Tschentscher noch immer problematisch ist. Es gilt ein Mindestabstand von 2,5 Metern. Das gilt auch für Sporthallen, Tanzschulen, Yogastudios und Indoor-Sportanlagen, die ebenfalls wieder öffnen dürfen. Kino-Liebhaber können ihre Filmstars wieder auf der Leinwand sehen, sogar mit Popcorn oder Nachos. Ebenfalls erlaubt sind Live-Kulturveranstaltungen unter freiem Himmel mit bis zu 50 Personen – wenn zuvor eine Genehmigung eingeholt wurde. Größere Konzerte sind derweil im Autokino erlaubt.

Fitnessstudios dürfen wieder öffnen, aber nur mit einem Mindestabstand von 2,5 Metern.

Fitnessstudios dürfen wieder öffnen, aber nur mit einem Mindestabstand von 2,5 Metern.

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dpa

2. Juni: Die Hamburger Freibäder dürfen wieder öffnen, Hallenbäder und Naturbäder bleiben noch geschlossen. Bei Hallenbädern ist die Ansteckungsgefahr durch den geschlossenen Raum zu hoch und Naturbäder können sich nicht selbstständig reinigen.

15. Juni: Die Besuchsregelungen in Alten- und Pflegeheimen werden gelockert. Auch die Sommerfreibäder, die an ein Hallenbad anschließen, dürfen wieder öffnen.

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