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Eine Kinderhand guckt unter einer Decke hervor, dahinter eine Pflegerin im Schutzanzug
  • Besonders Kleinkinder sind von dem RS-Virus betroffen – ein Hamburger Mediziner appelliert daher an Eltern, geltende Hygienemaßnahmen weiterhin einzuhalten. (Symbolfoto)
  • Foto: dpa/Marijan Murat

Atemwegsvirus bedroht Kleinkinder: So ist die Lage in Hamburg

Bereits im Spätsommer hatte es eine Infektionswelle mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) gegeben – und jetzt ist eine neue Welle da. Und die wiegt noch schwerer und könnte Kliniken an ihre Kapazitätsgrenzen bringen. Laut Robert Koch-Institut (RKI) trifft es insbesondere Kleinkinder. UKE-Mediziner rät Eltern bestimmter Kinder zur Impfung.

In den kommenden Wochen sei mit weiter steigenden Zahlen zu rechnen, heißt es im RKI-Wochenbericht zur Entwicklung der Corona-Pandemie von Donnerstagabend. „Es ist keine Kurve mehr, sondern die Werte gehen senkrecht nach oben“, sagte Kinder-Intensiv- und Notfallmediziner Florian Hoffmann zur Entwicklung bei Kleinkindern.

In mehreren Bundesländern, darunter Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, gebe es schon jetzt kaum ein freies Kinderbett in Kliniken mehr, sagte Hoffmann. Er sprach von „Katastrophenzuständen“, Familien mit kranken Kindern müssten teils in der Notaufnahme auf einer Pritsche schlafen. Das sei für Deutschland ein Armutszeugnis. Viele betroffene Kinder seien schwer krank und müssten beatmet werden.

Atemwegsinfektionen: Hamburger Mediziner appelliert an die Eltern

Auch im Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) wird zur Zeit eine erhöhte Anzahl junger Patienten mit Atemwegsinfektionen, insbesondere dem RS-Virus, verzeichnet. Der stellvertretende Klinikdirektor und Kinder- und Jugendmediziner, Prof. Jun Oh, rät daher vor allem Eltern von Kindern mit Lungen-Vorerkrankung oder anderen chronischen Erkrankungen zu einer Schutzimpfung. Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen sei derzeit gewährleistet, teilte das UKE mit, auch sei die Intensität der Erkrankungswelle im Kinder-UKE bisher noch nicht so stark wie in anderen Bundesländern.

„Eltern sollten bei Anzeichen einer Infektion der oberen Luftwege frühzeitig einen Kinderarzt aufsuchen, um überprüfen zu lassen, ob eine Infektion mit dem RS-Virus vorliegt“, sagte Oh. Auch appellierte er an Familien mit Neugeborenen und Kleinkindern, die bisher geltenden Hygienemaßnahmen einzuhalten, um schwere Verläufe zu vermeiden.

RSV-Welle bereits im Sommer

Bereits im Spätsommer 2021 hatte es eine unüblich hohe RSV-Welle gegeben – die Lage aktuell sei nun aber schlimmer, sagte Hoffmann. Nicht nur in Deutschland, generell auf der Nordhalbkugel, gebe es ein „dramatisches epidemisches Geschehen“. Betroffen seien viele Kinder von ein oder zwei Jahren, die – auch angesichts der Corona-Pandemie und der dagegen getroffenen Maßnahmen – bisher keinerlei Kontakt zum RSV hatten, erklärte Hoffmann.

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Im aktuellen RKI-Wochenbericht heißt es, die Zahl akuter Atemwegserkrankungen sei nach Daten der Online-Befragung „GrippeWeb“ im Vergleich zur Vorwoche deutlich gestiegen. In der Woche bis 20. November lag sie demnach mit etwa sieben Millionen über dem Bereich vorpandemischer Jahre.

Kinderintensivmedizin in Hamburg: Neue Zahlen erwartet

Zur Situation in der Kinderintensivmedizin will das Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) kommende Woche in Hamburg neue Zahlen vorlegen – und Forderungen und Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Versorgung schwerstkranker Kinder vorstellen. „Wir werden diesen Winter nicht mehr alle versorgen können. Die Kollegen landauf landab wissen nicht wohin mit unseren kleinen Patienten“, sagte Hoffmann. Strukturen zur Bewältigung der Situation seien nicht vorhanden und die vorhandenen Register zur Bettensituation aus Zeitmangel oft nicht aktuell. „Wir müssten nun eigentlich Notfall-Mechanismen aktivieren, zum Beispiel Pflegepersonal aus der Erwachsenenmedizin hinzuziehen.“

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An RSV kann man in jedem Alter erkranken, aber vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern ist der Erreger bedeutsam. Es kann sich um eine einfache Atemwegsinfektion handeln, aber auch schwere Verläufe bis hin zum Tod sind möglich. Zu Risikopatienten zählt das RKI zum Beispiel Frühgeborene und Kinder mit Lungen-Vorerkrankungen, aber auch generell Menschen mit Immunschwäche oder unterdrücktem Immunsystem.

Beim RKI heißt es unter Berufung auf Schätzungen, dass RSV-Atemwegserkrankungen weltweit mit einer Inzidenz von 48,5 Fällen und 5,6 schweren Fällen pro 1000 Kinder im ersten Lebensjahr vorkommen. Innerhalb des ersten Lebensjahres hätten normalerweise 50 bis 70 Prozent und bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen waren viele solche Infektionen allerdings zeitweise ausgeblieben. (dpa/mp)

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